Die Seele der Elben
hätte sie ihm eine Anweisung gegeben, und murmelte: »Mit dem gröÃten Vergnügen, Prinzessin.«
Das Essen ging vorüber. Er stand die meiste Zeit an einer Wand neben der Anrichte und wartete darauf, dass Frau Rotraud ihm Zeichen gab, etwas zu bringen oder wegzutragen. Er nutzte die Gelegenheit, sowohl Vanandel als auch ihren zukünftigen Mann einer ausgiebigen Musterung zu unterziehen.
Vanandel blickte ausgesprochen übelgelaunt drein, stellte er fest. Sie war blass und ernst, würdigte ihren Tischherrn keines Blickes, stocherte in ihrem Essen herum und weilte ganz offensichtlich mit den Gedanken vollkommen anderswo.
Ihr Tischherr, der besagte Erno, hatte ein freundliches, nichtssagendes Gesicht, war eher kräftig gebaut und verfügte über einen gesegneten Appetit. Seine blassblauen Augen hingen dementsprechend auch mit sehr viel mehr Begeisterung an den vollen Schüsseln und Platten als an seiner Zukünftigen.
»He, träum nicht«, hörte er Frau Rotraud zischen. Eine Silberschüssel mit einigen feuchten, dampfenden Tüchern wurde ihm in die Hand gedrückt, mit der er die Runde machen musste. Vanandel tupfte sich zierlich die Hände ab und warf das benutzte Tuch in seine Richtung. Er fing es auf, ehe es zu Boden fiel, und beendete kochend vor Wut seine Runde.
Die Tafel wurde aufgehoben und die Gesellschaft begab sich in den benachbarten Salon. Lluis räumte mit den anderen Dienern den Tisch ab und lief dann zu Trurre, um ihm sein Leid zu klagen. Der Zwerg hockte sich auf die Tischkante, stopfte seine Pfeife und hörte teilnahmsvoll zu.
»Sie wollte einfach nicht, dass ihr Vater oder jemand anderes etwas bemerkt«, sagte er schlieÃlich. »Lluis, nimm es nicht so schwer. Sie hat auch nicht viel zu lachen.«
»Aber muss sie mich gleich behandeln, als wäre ich Abschaum?«, beschwerte Lluis sich.
Trurre wiegte den Kopf. »Immerhin hat sie dich zu einem Treffen bestellt«, sagte er vernünftig. »Geh hin und klär alles mit ihr. Du bist wütend auf sie, weil sie dich hinters Licht geführt hat, und sie ist aus irgendwelchen anderen Gründen wütend auf dich. Vielleicht, weil du hier aufgetaucht bist.«
Lluigolf musste ihm bei allem Zorn, den er empfand, auch ein wenig recht geben. Vanandel steckte im Moment in keiner rosigen Lage, das war ihm umso deutlicher geworden, als er ihren Verlobten zum ersten Mal aus der Nähe hatte begutachten dürfen. Und die Verlobung war für die nächste Woche angesetzt worden, die Festvorbereitungen überschlugen sich, die ersten Gäste waren bereits eingetroffen ⦠es sah nicht danach aus, als würde noch etwas dazwischenkommen. Arme Prinzessin. Arme Hadmut.
In dieser ungewöhnlich milden Stimmung machte er sich zum Treffen auf und erwartete eine melancholische, vielleicht sogar in Tränen aufgelöste Vanandel, die sich von ihm trösten und aufmuntern lassen würde.
Er fand sie im Pferdehof, wo sie sich vom Stallmeister eine hübsche weiÃe Stute vorführen lieÃ. Während sie mit dem Mann scherzte und die Stirn der Stute streichelte, deutete sie unauffällig auf den letzten Stall.
Lluis schlüpfte hinein und fand ihn vollkommen leer. Er hockte sich auf eine Futterkrippe und wartete.
Wenig später knarrte die Tür und lieà Tageslicht ein. Dann wurde es wieder dämmrig. Vanandel kam auf ihn zu und zischte: »Du Vollidiot! Warum hast du mir hinterhergeschnüffelt?«
Lluis schnappte nach Luft. »Und du kleine Lügnerin? Warum hast du diese Maskerade aufgeführt?«, schnappte er zurück. Sie standen voreinander und funkelten sich an.
»Es geht dich überhaupt nichts an, was ich mache und warum ich es mache.« Vanandel stemmte die Hände in die Seiten. Ihre Haare sträubten sich wie das Gefieder eines wütenden Hahns. »Aber dass du mich der Kröte ans Messer liefern wolltest â das ist der allerschlimmste Verrat, den ich mir nur denken kann!«
»Ich hatte nie vor, dich ans Messer zu liefern.« Lluis bebte vor Empörung. »Du erinnerst dich vielleicht, dass ich dich vor der Kröte gewarnt habe? Wenn du nicht so blödsinnig geheimniskrämerisch â¦Â«
»Ach, halt doch den Mund«, fauchte Vanandel. »Was machen wir jetzt nur?« Sie lieà sich auf einen Strohballen fallen und verbarg das Gesicht in den Händen.
Lluis hockte sich neben sie und legte zögernd eine Hand
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