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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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besänftigend eine Hand auf seinen Arm. »Ich wollte unsere entzückende Prinzessin nicht beleidigen. Aber du musst zugeben, ganz so liebreizend wie Fräulein Chaantrea ist sie nicht.«
    Lluis schwieg finster. Er konnte immer nur einen winzigen Blick auf die Tochter des Herrn von Wasserberg erhaschen, dann versperrte ihm schon wieder ein Pferd oder ein Diener mit einer Reisetasche auf der Schulter den Ausblick. Er bekam nur eine Ahnung von goldblondem Haar und ebenmäßigen Zügen, schlanker Gestalt und anmutigen Bewegungen.
    Er stellte sich auf die Zehenspitzen, um etwas mehr von der gepriesenen Schönheit zu sehen, aber nun drehte sich ein großgewachsener Elbe um, legte einen Arm beschützend um sie und ging mit ihr die Treppe zum Eingang empor. Lluis konnte gerade noch ihren schmalen Rücken in heller Reitkleidung und das wie Seide über den Rücken fließende Haar bewundern, dann verschluckte sie das dunkle Portal.
    Â»He, du siehst ganz elend aus«, sagte Richlind. »Was ist, musst du dich hinsetzen?«
    Lluis wollte abwehren, aber im gleichen Augenblick fühlte er, wie seine Knie unter ihm nachgaben. Gustav packte mit einem Fluch zu und hielt ihn mit erstaunlicher Kraft fest. Er und Richlind wankten mit ihm zur Balustrade und ließen Lluis sich dort niedersetzen. Dann lief Richlind mit gerafften Röcken davon, um Wasser aus dem Springbrunnen zu schöpfen, und Gustav stand neben Lluis und schüttelte den Kopf. »Junge, hast du nichts gegessen? Oder gestern zu tief ins Glas geschaut?« Er kam ganz nah und schnüffelte. »Nein, du riechst nicht nach Wein. Was ist los – muss ich Magister Davydd holen?«
    Â»Nein!«, brachte Lluis mit Mühe heraus. Er hob die Hand, um Gustav am Ärmel festzuhalten. »Bitte nicht den Magister.«
    Gustav lachte bei aller Besorgnis. »Bist ihm wohl schon mal begegnet, was? Das ist ein Erlebnis, was man nicht so schnell vergisst.«
    Â»Hier«, Richlind eilte herbei und wischte Lluis mit einem angefeuchteten Tüchlein über das Gesicht. »Ich hatte kein Gefäß, um dir Wasser zu bringen«, sagte sie. »Soll ich den Magister …«
    Â»Nein«, riefen beide Männer im Chor. »Es geht schon wieder«, setzte Lluis hinzu. Die Welt hörte langsam auf zu schwanken und auch in seinen Ohren summte kein wild gewordener Bienenschwarm mehr. Seine Finger kribbelten, aber der enge Reif um seine Brust löste sich und die Farben kehrten langsam zurück.
    Â»Bist du krank?«, fragte Richlind besorgt. Sie hockte neben ihm und hielt seine Hand.
    Er machte sich verlegen los. »Nein«, sagte er. »Nein, ich habe manchmal solche …«Er suchte nach einem Wort.
    Â»Anfälle?«, half Gustav ihm aus. Richlind quietschte leise, und Lluis bedachte ihn mit einem wütenden Blick.
    Â»Ja, danke«, sagte er. »Das hast du sehr feinfühlig ausgedrückt.« Er stand auf und schüttelte den letzten Rest Benommenheit ab. »Ich brauche einfach nur etwas zu essen«, sagte er forsch. Und obwohl die Welt immer noch leise schwankte, bemühte er sich, so stark und sicher aufzutreten, wie es ihm nur gelingen wollte. »Anfälle«!

    Die Vorbereitungen für den ersten Ball ließen das ganze Schloss vor Geschäftigkeit brummen. Der Kostümball läutete eine Serie von Lustbarkeiten ein, die die Gäste in einem strahlenden und funkelnden Crescendo zu dem eigentlichen Höhepunkt, der Verlobungsfeier, hinführen sollte.
    Lluis nutzte die erste Gelegenheit, die sich bot, dem strengen Regiment des Kellerers und der Wirtschafterin zu entkommen und für eine Atempause bei Trurre unterzuschlüpfen. Der Zwerg hatte es klug vermieden, die »Katakomben«, wie er Magister Davydds Souterrainräume nannte, zu verlassen – die Gefahr war zu groß, sich plötzlich beim Silberpolieren oder Tischdeckenplätten wiederzufinden. »Nicht, dass ich hier wesentlich andere Tätigkeiten ausführen dürfte«, schob er mit einem Grummeln hinterher. Aber immerhin war der Magister fort, um einen Kollegen zu konsultieren, und das bedeutete, dass die beiden im Auge des Sturms einige ungestörte Momente genießen konnten.
    Lluis berichtete Trurre bei einem Pfeifchen – das Pfeiferauchen hatte er inzwischen von dem Zwerg übernommen – von seinem letzten Anfall, wie Gustav es genannt hatte. Dann fragte er ihn nach der seltsamen und erschreckenden

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