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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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versunken saß er da, die Nase in ein Buch vergraben und für die Welt um ihn herum verloren.
    Maris, auf dessen Schulter jetzt wieder die missgelaunte Dohle hockte, lächelte schwach. »Ich sehe«, sagte er mit leisem Humor. »Nun gut, dann hört mir zu.«
    Vanandel und der kleine Schreiber hielten die Luft an, aber Maris schwieg und sammelte sich eine Weile. Dann hob sich seine Brust mit einem tiefen, lautlosen Seufzen: »Tijan, dir habe ich schon ein wenig davon erzählt. Du erinnerst dich sicher an das, was du von mir über die Seelentrinker erfahren hast.«
    Der Schreiber nickte mit verwunderter Miene.
    Maris zögerte. »Ein Unheil, das mein Volk vor langer Zeit befallen hat«, sprach er widerstrebend weiter. »Ich habe durch diesen … diesen Fluch mein Augenlicht verloren und noch einiges mehr. Mein Liebes, es würde uns zu sehr aufhalten, wenn ich dir hier und heute davon erzähle. Ich hoffe, dass wir bald mehr als genug Zeit füreinander haben werden, in der du dann alles erfahren sollst.«
    Vanandel warf dem Schreiber einen schnellen Seitenblick zu. Tijan hatte die Lippen gespitzt und gab sich den Anschein, nicht zugehört zu haben, aber sie sah wieder diese Verblüffung in seinen Augen.
    Sie nickte ein wenig unzufrieden und sagte: »Bitte fahre fort.«
    Â»Ihr wisst, dass uns in den letzten Tagen hier einiges Rätselhafte beschäftigt hat«, sagte Maris. »Ich habe mich nicht weiter dazu geäußert, weil ich zwar einen Verdacht hegte, aber mir nicht vorstellen konnte, dass ich recht damit haben könnte.« Er schüttelte den Kopf. »Wir haben uns gefragt, was mit unserem jungen Halbelben nicht stimmt. Du erinnerst dich«, wandte er sich an Vanandel, »dass ich sagte, ich befürchtete, dass ihm etwas Ähnliches widerfahren sein könnte wie mir.« Er berührte beiläufig seine Augen.
    Maris seufzte. »Dann haben wir die beiden in der Laube belauscht.« Er lächelte entschuldigend zu Tijan hinüber. »Nicht nur du hast erstaunliche Fähigkeiten im Schleichen und Lauschen entwickelt, Bruder Schreiber.«
    Â»Was war in der Laube? Und von welchen beiden sprichst du?«, fragte Tijan, der Maris ebenso gespannt lauschte wie Vanandel.
    Â»Es war ein Stelldichein«, antwortete Vanandel an Maris’ statt. »Zwischen Lluis und seiner …«
    Â»Chaantrea«, vollendete Maris grimmig den Satz. »Die Tochter des Herrn von Wasserberg. Chaantrea, die ihm einen Ring gab und zur Besiegelung ihrer Verbindung gebissen hat.«
    Â»Wie merkwürdig«, sagte Vanandel.
    Â»Das eigentlich Merkwürdige daran ist aber, dass ich Anzeichen einer Ansteckung – nennen wir es einmal so – an ihm schon vor dieser Begegnung in der Laube bemerkt habe«, fuhr Maris fort. »Du hast mir selbst von seinen Anfällen berichtet, und auch Meister Davydd hier, mit dem ich mich lange darüber unterhalten habe, hat gesagt, dass der Junge schon bei seinem Eintreffen im Schloss Anzeichen dieser Besessenheit oder eines Bannes zeigte. Also könnte das, was wir in der Laube belauscht haben, nur die zärtliche Neckerei einer verliebten jungen Elbin gewesen sein. Und doch … und doch …« Er neigte den Kopf und verflocht nachdenklich die Finger ineinander. »Chaantrea hat etwas an sich, das mir Schauder über den Rücken jagt«, sagte er leise. »Erinnerungen werden wach, und es sind keine angenehmen Erinnerungen. Ich bedauere es unendlich, dass ich nicht für einen kurzen Moment mein eigenes Augenpaar wieder benutzen kann, um sie zu betrachten. Es ist mir, als würde ich etwas an ihr wiedererkennen.«
    Tijan beugte sich aufgeregt vor. »Glaubst du, sie hat etwas damit zu tun? Aber sie ist so jung.«
    Maris lachte auf. »Sie ist eine Elbin«, gab er zurück. »Ich bin ihrem Vater, dem Herrn von Wasserberg, nie begegnet, aber wenn du beide nebeneinander siehst, kannst du wahrscheinlich nicht sagen, wer von beiden der Ältere ist.«
    Tijan legte den Kopf schief, und Vanandel hob die Brauen. »Aber natürlich kann ich das«, erwiderte Tijan erstaunt, und Vanandel ergänzte: »Er ist deutlich älter als sie. Wie man es eben erwartet bei Vater und Tochter.«
    Maris runzelte die Stirn. »Wie eigenartig«, sagte er. »Das wäre nur erklärlich, wenn sie noch ein halbes Kind wäre, aber eben das ist sie ganz offenbar nicht.« Er versank in

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