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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Uldis. Du bist alt und grau wie ein Mensch!«
    Â»Ich bin es müde«, erwiderte der Mann leise. »Chaantrea, ich bin unendlich müde. So viel Unheil, so viel Leid. Ich mag all das nicht mehr sehen. Ich wünschte, es wäre mir wie meinem Bruder ergangen. Kaum ein Tag vergeht, an dem ich ihn nicht glühend um sein Los beneide.«
    Â»Singe mir keine Arien, Uldis«, unterbrach sie ihn. »Du hast deinen Weg gewählt und er den seinen. Wir alle werden schwach von Zeit zu Zeit. Du weißt, dass auch ich manchmal müde bin und mich zurückziehe. Aber wir haben unser Los gewählt und zumindest ich bereue nichts. Niemals. Ich weiß, dass du in deinem tiefsten Inneren nicht anders darüber denkst.« Ihre Stimme hatte den streitbaren Klang verloren und klang beinahe zärtlich, lockend. »Ruh dich aus, Uldis. Nicht nur eine Nacht oder eine Woche lang – ruh dich richtig aus. Du weißt, wie wohl das tut. Beim letzten Mal …«
    Â»Ich mag nicht mehr«, unterbrach der Elbe sie schroff.
    Lluis öffnete mühsam die schweren Lider. Er sah Uldis an, der sich über die junge Elbin beugte und sie mit schweigendem Grimm fixierte.
    Â»Lass den Jungen laufen«, flüsterte Uldis. »Dafür bleibe ich an deiner Seite und dein treuer Diener, Chaantrea, du härteste aller Herrinnen. Ich schwöre dir, dass ich dich niemals verlassen werde. Ich teile dein Schicksal bis an unser schmähliches Ende … oder auch in alle Ewigkeit, wer weiß. Aber dafür fordere ich von dir, den Jungen laufen zu lassen!«
    Sie legte den Kopf in den Nacken und lachte ein perlendes, liebliches Lachen. »Uldis, du Kindskopf«, lachte sie. »Du lieber, alter, dummer, alberner Kindskopf. Der Junge gehört mir längst, mit Leib und Seele und bis zum letzten Blutstropfen. Aber warum hast du nur einen solchen Narren an ihm gefressen? Du warst es, der seine Liebste initiiert hat, oder?«
    Lluis kämpfte sich durch die Fesseln seiner Benommenheit. Was redeten die beiden da? Was sollte das mit seiner Liebsten bedeuten, Chaantrea war es doch, die er anbetete?
    Uldis stieß einen erbitterten Laut aus. »Lass ihn gehen«, wiederholte er. »Bitte, Chaantrea. Ich beschaffe dir einen Ersatz.«
    Lluis stellte seinen widerspenstigen Blick scharf, der immer wieder verschwamm und ihm ebenso zu entgleiten drohte wie seine Aufmerksamkeit und sein waches Bewusstsein. Aber das hier war wichtig. Es betraf ihn und sein Leben wie kaum etwas anderes zuvor, das spürte er in jeder Faser seines Körpers und mit jedem Schlag seines Herzens.
    Â»Seine Liebste, das Elbenmädchen aus Weidenheim«, wiederholte Chaantrea genüsslich. »Du erinnerst dich an das Elbenmädchen? Hübsch und gewöhnlich, aber ein frisches, junges Ding. Es hat dir gutgetan, Uldis. Du hast eine Weile lang ausgesehen wie mein jüngerer Bruder.« Sie lachte spöttisch.
    Â»Lass das«, sagte er gepresst. »Ich hasse es, wenn du darüber spottest. Sie hat es nicht überlebt, und ich fühle mich schuldig deswegen.«
    Â»Es ist nicht deine Schuld«, fuhr sie auf. »Diese dummen Leute, dieses bornierte Pack. Wenn sie mit uns gegangen wäre, wäre sie immer noch am Leben!«
    Â»Am Leben«, jetzt lachte er, aber es klang nicht freundlich. »Was für ein Leben wäre das denn?«
    Â»Ein Leben wie das unsere«, versetzte sie scharf. »Reiß dich zusammen. Ich dulde es nicht, dass du dich derart gehen lässt. Ich kann dich zwingen …«
    Â»Du kannst mich zwingen«, sagte er müde. »Ja, diese Macht hast du über mich, Chaantrea, meine Herrin.«
    Beide schwiegen. Lluis kämpfte, kämpfte mit seinem immer wieder schwindenden Bewusstsein, seinen Sinnen, die ihm nicht gehorchen wollten, seinem Körper, der wie in unsichtbaren Banden lag. Was ging hier vor? Was waren das für Geschöpfe, die sich da stritten? Seine Liebste – er erinnerte sich unter Schmerzen und mit großer Mühe. Siiran, die Goldene, die Liebliche, die Tote … Er unterdrückte ein Stöhnen.
    Â»Der Junge«, sagte Uldis drängend. »Chaantrea, ich bitte dich!«
    Lluis hörte ein Rascheln und leichte Schritte, dann berührte eine Hand sanft seine Stirn. Seine Lider waren wie verklebt, er konnte sie nicht öffnen, obwohl er es mit aller Macht versuchte. »Der Junge«, flüsterte ihre Stimme. »So ein hübscher Kerl, so voller

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