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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben
Autoren: Susanne Gerdom
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wenig. Das allein schien nicht auszureichen.
    Â»Das Blutopfer«, hörte er Caledrain ungeduldig ausrufen. »Schlaf nicht, Junge. Das haben wir alles längst durchgenommen. Was sind die drei Kennzeichen von Opferblut?«
    Â»Freiwilligkeit, Absicht und Großzügigkeit«, sagte Lluis laut. »Natürlich!« Er betastete erneut seinen gequälten Finger. Sein Blut war geflossen, aber nicht freiwillig und nicht absichtlich.
    Â»Absicht!«, sagte er. »Freiwilligkeit, na ja.« Er grinste schief ins Dunkel, als säßen ihm Trurre und Vanandel gegenüber. »Ich könnte mir Schöneres vorstellen, aber es muss wohl sein.« Es schien, als wiche mit dem Entschluss schon ein Teil des Bannes von ihm. Sein Kopf war klar, auch wenn es ihn schwindelte, als er sich aufsetzte.
    Â»Also dann«, murmelte er. »Großzügigkeit. Los, alter Junge. Sei nicht kleinlich.« Lluis holte tief Luft. Dann grub er seine Fingernägel in das geschwollene, verschorfte Fleisch und riss die frische Blutkruste auf. Er zerrte an den Wundrändern, aber dieses Mal nicht mit der Absicht, den Ring zu entfernen, sondern Blut fließen zu lassen. Viel Blut. Großzügig und reichlich.
    Der Schmerz nahm ihm den Atem, aber er ließ nicht ab. Warm lief das Blut über seine Hand, tropfte auf den Boden.
    Â»Absichtlich, freiwillig und großzügig gebe ich mein Blut«, keuchte er. »Lass los, du böses Ding!«
    Das war sicherlich nicht der rituell angemessene Spruch zur Lösung des Bannes, aber Lluis vertraute darauf, dass die Opfergabe allein ausreichte, um das Werk zu verrichten.
    Der Schwindel, der ihn gepackt hatte, verstärkte sich. Lluis lehnte die Stirn gegen die raue Wand und kämpfte darum, nicht zu Boden zu sinken. Er biss die Zähne zusammen. Sein Blut tropfte von der pochenden, vor Schmerz brüllenden Hand.
    Der Ring saß inmitten des Schmerzes, unverrückbar angeschmiedet, kalt und fremd.
    Â»Jetzt«, beschwor ihn Lluis. »Jetzt, oder …«
    Die Tür zu seiner Zelle öffnete sich und grelles Licht strömte herein. Lluis schloss geblendet die Augen. Hände ergriffen seine Schultern und Arme, zogen ihn auf die Beine und von der Wand weg. »Komm mit«, sagte eine ungeduldige Stimme. »Was ist denn das hier für eine Schweinerei?«, fluchte eine andere. »Das ist Blut!«
    Â»Hast du versucht, dich rechtzeitig davonzumachen?«, fragte der Erste amüsiert. »Dafür hast du aber die falsche Stelle erwischt, Kleiner. An einem kaputten Finger ist noch keiner gestorben.«
    Sie schoben ihn zur Tür. Lluis, immer noch geblendet, erkannte zwei Elben mit einer blakenden Öllampe.
    Â»Wohin bringt ihr mich?«, fragte er.
    Der Elbe mit der Lampe warf Lluis einen verwunderten Blick zu. »Sie haben gesagt, du wärst wahrscheinlich zu schwach zum Laufen«, sagte er. »Es wird den Magister freuen, dass das nicht stimmt, er hat sich schon beschwert.«
    Der andere schmunzelte. »Der Magister beschwert sich über alles.«
    Lluis stemmte die Fersen in den Boden. »Wohin bringt ihr mich? Weiß der Herr von Wasserberg, was ihr mit mir macht? Heißt er es gut?«
    Der Elbe mit der Lampe pfiff leise durch die Zähne. »Herr Uldis … ja, das ist eine gute Frage. Was der Herr weiß und was die Herrin befiehlt – oder umgekehrt –, sind oft dreierlei Dinge …«
    Er lachte, und der andere fuhr ihn an: »Reiß keine Witze, Goras. Wir sind in einer üblen Lage, wenn die beiden sich ernstlich streiten.«
    Der Lampenträger hörte auf zu lachen und zog an Lluis’ Arm. »Komm jetzt mit, Junge«, sagte er. »Die Herrin wartet.«
    Â»Und hör endlich auf zu bluten«, knurrte der andere. Er zog ein Schnupftuch aus der Tasche und drückte es Lluis in die Hand.
    Â»Ja, und der Magus hat wahrscheinlich jeden Tropfen davon bitter nötig.« Der Lampenträger lachte wieder.
    Lluis wickelte das Tuch fest um die Hand und widmete Caledrain und ihrem Unterricht einen kurzen, erbitterten Gedanken. Opferblut. Alles roch danach, als würde das nächste Opferblut ebenfalls aus seinen Adern stammen – nur dass er es dieses Mal keineswegs freiwillig geben würde.
    Der Ring saß unverrückt an seinem Finger. Wenn er ihn nicht gesehen hätte, als er das Tuch darum gewickelt hatte, hätte er es daran gemerkt, dass bei der Erwähnung der Herrin seine Glieder
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