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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben
Autoren: Susanne Gerdom
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und der Elbe verstärkte seinen Griff. Lluis ging in die Knie. Sengender Schmerz flammte durch sein Schultergelenk. »Also gut«, keuchte er. »Ich komme mit.«
    Â»Warum nicht gleich?«, fragte Vidas und ließ locker. Er zog Lluis auf die Füße, was erneuten Schmerz durch die misshandelte Schulter jagte. »In den Keller«, sagte er. »Los, heb die Füße!«
    Es war das erste Mal, dass Lluis das Untergeschoss des Anwesens betrat.
    Â»Was soll ich hier unten?«, fragte er, als sein Fuß den Boden berührte.
    Der Elbe antwortete nicht auf seine Frage. »Nach rechts«, sagte er. Als Lluis nicht gleich auf seinen Befehl reagierte, half er mit einem kräftigen Schubs nach.
    Mit einem Mal zu erschöpft, um weiter Widerstand leisten zu können, gab Lluis dem Elben nach und stolperte einen schwach beleuchteten Gang entlang, bis Vidas »Halt« sagte. Dann ließ er sich in ein dunkles Gelass schieben. »Da ist eine Pritsche«, sagte Vidas. »Und beschwer dich nicht, wir schlafen alle nicht komfortabler.« Die Tür knallte ins Schloss, und Lluis hörte, wie ein Riegel vorgeschoben wurde.
    Die verschlossene Tür und die Dunkelheit und Kälte des kleinen Raumes interessierten ihn nicht, denn er kämpfte mit einer anderen Dunkelheit, die sein Herz, seine Seele und seinen Verstand einhüllte und ihn zu ersticken drohte. Er rang nach Luft, schmeckte Blut von einer zerbissenen Lippe auf der Zunge. Sein Ringfinger peinigte ihn. Mit einem Aufschrei schlug er seine Hand gegen die Mauer und rieb den Finger über die grob behauenen Steine, bis sich zu dem quälenden Prickeln und Stechen der Schmerz der aufgeriebenen Haut gesellte.
    Er steckte den Finger in den Mund und biss hinein. Seine Zähne knirschten auf dem Ring und zerrten daran wie Hunde an einem Knochen. Er kaute wie besessen auf seinem Knöchel herum und genoss den dumpfen Schmerz, den seine Zähne verursachten, denn der übertönte das peinigende Gefühl, das der Ring verursachte.
    Sein Kopf klärte sich für einen kurzen Augenblick. Der Ring. Was war das nur für ein Ring? Lluigolf hielt seine zerfasernden Gedanken mit Macht beieinander und konzentrierte sich darauf, mit den Zähnen den Ring abzustreifen. Sein Finger war glitschig, und der salzig-metallische Blutgeschmack auf seiner Zunge ließ ihn würgen. Er nahm den Finger aus dem Mund, atmete scharf ein, weil das Prickeln zu einem heulenden, sausenden, zerrenden Schmerz wurde, der ihn packte und schüttelte wie ein Wirbelsturm. Sein Finger schien größer zu sein als sein restlicher Körper, er selbst war der Finger, und sein Universum hieß Schmerz. Stöhnend packte er die Hand, befingerte ungeschickt und blind vor Schmerz den schmalen Reif. Der Finger war geschwollen und rutschig vom Blut, und es gelang ihm nicht, den Ring richtig zu fassen. Was war das nur für ein Dämonenwerk? Der unscheinbare Reif saß wie angeschmiedet, und es schien ihm, eher würde sein Finger von der Hand abgehen als dieser verfluchte Ring von seinem Finger.
    Die Nebel in seinem Kopf verdichteten sich zu einem schweren, dumpfen Teppich, der alles erstickte, selbst den tobenden Schmerz. Er sank in eine Starre, die weder Schlaf war noch Bewusstlosigkeit, denn seine Gedanken, so unklar und schwerfällig sie auch waren, arbeiteten weiter. Siirans Ring. Was konnte dieses harmlose Erinnerungsstück so verhext haben und warum? Dieser hübsche kleine Ring mit dem roten Stein. Nein, was dachte er denn da? Blau war der Stein, kornblumenblau wie Chaantreas Augen …
    Der Schock vertrieb die Nebel, sodass er sich aufsetzen und den Ring vor Augen führen konnte. Er saß tief in einer aufgerissenen Furche von blutigem, geschwollenem Fleisch, und Lluis musste erst darüberlecken, bis er in der Dunkelheit versuchen konnte, die Farbe des Steins zu erkennen. Aber ihm fehlte die Nachtsicht der reinblütigen Elben, er konnte nur erahnen, dass da etwas glänzte, und der Glanz war kalt, nicht feurig. Das war nicht Siirans Ring. Nein, das war Chaantreas Ring, der Ring, den sie ihm in der Laube gegeben hatte.
    Er schob sich an der rauen Wand empor, bis er aufrecht auf der kahlen Pritsche kniete. Es musste ihm gelingen, den Reif loszuwerden, und wenn er dafür seinen Finger opfern musste!
    Er durchsuchte seine Taschen mit sinkender Hoffnung. Kein Draht, nichts, was er hätte benutzen können, um sich den Finger
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