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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben
Autoren: Susanne Gerdom
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nächste Etappe in Angriff zu nehmen.
    Vanandel stand unten im Schatten des Baumes, tippte hin und wieder unruhig mit der Fußspitze gegen den Stamm und spitzte die Ohren in der Sorge, dass das Getöse des kletternden Zwerges auf dem Gelände Alarm auslösen könnte.
    Irgendwann kam ein erstickter Ruf aus der Höhe: »Du kannst … pfffff … kommen! Hüühhh … die Luft … hfffff … ist rein!«
    Vanandel gluckste und zog sich schnell und geschickt am ersten Ast hoch. Dann kletterte sie leise wie eine Katze hinauf in die Krone des Baumes und sprang von dort auf die Mauer.
    Â»Hua«, machte Trurre, der dort saß, die Beine baumeln ließ und sich Luft zufächelte. Seine Stirn zierte ein langer Kratzer. »Hast du mich erschreckt! Wo kommst du so schnell her?« Er starrte sie vorwurfsvoll an.
    Â»Ich bin etwas früher gestartet«, log Vanandel. »Das war ein schwieriger Aufstieg, was?«
    Trurre blinzelte misstrauisch. »Ich glaube, du machst dich über mich lustig«, sagte er. »Du atmest ja noch nicht mal schneller.«
    Vanandel legte eine besänftigende Hand auf seine Schulter. »Zwerge sind nicht zum Bäumebesteigen geboren«, murmelte Trurre. »Berge ja. Berge sind unser Gebiet!« Seine Miene hellte sich auf. »Wenn das hier vorbei ist, reisen wir in meine Heimat. Ich zeige dir die Kronberge – von oben und von unten!« Er schlug die Hände zusammen, dass es schallte, und sah sich dann schuldbewusst um. »Das machen wir«, flüsterte er.
    Â»Ja, das machen wir«, erwiderte Vanandel. »Aber jetzt holen wir erst einmal Lluis da raus.«
    Â»Falls er dort ist.«
    Â»Er ist dort!« Vanandels Miene war grimmig entschlossen. Sie stopfte eine herausgerutschte Haarsträhne wieder unter ihre Kappe, zog sie tiefer in die Stirn, zurrte den Gürtel ihrer abgetragenen Hose enger und legte die Hände auf die Mauerkrone. »Siehst du was?«
    Â»Nein.«
    Â»Dann sollten wir springen.«
    Â»Das hatte ich befürchtet.« Trurre seufzte, rückte sein Wams zurecht und ließ sich an der Mauer hinab. Seine Beine baumelten über dem Grund. »Wir sehen uns unten. Ich breche mir ganz sicher alle Knochen.« Dann war er fort.
    Vanandel nahm sein Bündel, das er oben auf der Mauer hatte liegen lassen, und warf es hinunter. Ein unterdrückter Ausruf ließ erkennen, dass der Rucksack seinen Besitzer gefunden hatte. Sie rief eine gedämpfte Entschuldigung und ließ sich wie Trurre von der Mauer hinab.
    Der Sprung raubte ihr den Atem. Der gartenseitige Grund lag wohl etwas tiefer als die Seite, von der sie aufgestiegen waren, damit hatte sie nicht gerechnet. Vanandel lag eine Weile auf dem Rücken und schnappte nach Luft.
    Â»Lebst du noch?«, hörte sie Trurre fragen.
    Â»Nein«, ächzte sie und stemmte sich hoch. »Du?«
    Â»Ich schmore in Orrins Suppentopf«, brummte der Zwerg, es klang erstaunlich vergnügt.
    Â»Dann lass uns aufbrechen, du Suppeneinlage«, lachte Vanandel und stand auf. Sie trat prüfend von einem Bein auf das andere, aber ihre Knochen schienen wider Erwarten heil geblieben zu sein.
    Dieser Teil des Grundstücks glich eher einem lichten Wäldchen als einem kultivierten Garten oder Park, das erleichterte das ungesehene Weiterkommen.
    Â»Ob sie hier Hunde haben?«, fragte Vanandel.
    Trurre sog witternd Luft ein. »Ich rieche nichts«, sagte er. »Aber der Wind steht falsch, zum Haus hin.«
    Â»Habt ihr Zwerge denn so feine Nasen?«
    Trurre grinste ihr im Laufen zu. »Nein, aber immer noch besser als ihr Menschen. Ihr seid ja regelrecht nasenblind.«
    Vanandel grinste zurück und legte dann den Finger auf den Mund. »Dort«, flüsterte sie und deutete voraus. Mauern schimmerten durch das Geäst der Bäume. Anscheinend reichte das Wäldchen bis an eins der Gebäude heran.
    Sie arbeiteten sich zur Hausmauer vor. Keine Fenster, keine Türen, keinerlei Öffnungen. Wahrscheinlich handelte es sich um eine Vorratsscheune oder etwas in der Art.
    Â»Um die Ecke.« Vanandel deutete in die Richtung.
    Mit jedem Schritt wurden Stimmen und Geräusche deutlicher, die offenbar vom Hof hinter der Scheune stammten. Vanandel bedeutete dem Zwerg, auf sie zu warten, und arbeitete sich behutsam zur Ecke vor. Sie ließ sich auf Knie und Hände nieder und warf im Schutz eines kleinen Gesträuches einen Blick in den von Fackeln
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