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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben
Autoren: Susanne Gerdom
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abzuschneiden. Fiebrige Schauer liefen über seinen Rücken. Die Zelle, in der er hockte, war ebenso leer wie seine Taschen. Er würde es mit den Zähnen erledigen müssen, aber er war müde, so müde …

    Wieder erwachte er aus seiner Betäubung, die kein Schlaf war und keine Bewusstlosigkeit, denn während er in der Dunkelheit lag, dachte und fühlte er, auch wenn seine Gedanken und Empfindungen träge durch sein Bewusstsein sickerten. Aber so mühsam das Denken auch war, einen Gedanken hielt er fest wie ein Hund einen saftigen Brocken: Er musste den Ring loswerden.
    Der Gedanke bohrte und stach in seinem Kopf, als wehrte sich sein Bewusstsein ebenso wie der blutverkrustete Finger dagegen, den magischen Reif loszulassen.
    Atme und denke nach! , befahl er sich. Was wusste er über magische Beeinflussungen? War dies ein Bann oder ein Fluch, unter dem er stand? Er durchsuchte sein widerstrebendes Gedächtnis. Trurre hatte ihm allerlei erzählt, und auch Caledrain hatte in ihrem Unterricht gelegentlich dieses Thema gestreift. Er hatte sich nicht sonderlich dafür interessiert, was er jetzt wirklich bedauerte.
    Lluis lag still in der Dunkelheit und starrte ins Leere. Ein Bann. Falls er unter einem Bann stand, dann brauchte es eine Art Siegel, um den Bann aufrechtzuerhalten. Daran konnte er sich erinnern. Ein Siegel konnte allerlei sein: eine körperliche Verletzung wie ein Schnitt oder ein Stich mit einem magischen Gegenstand, einem Messer oder einer Nadel. Hatte Chaantrea ihm so etwas zugefügt? Er wanderte im Geiste seinen Körper ab und suchte nach einem Mal, einer Narbe …
    Lluis schüttelte ärgerlich den Kopf. Etwas in seinem Kopf versuchte ihn abzulenken. Der Ring war das Siegel, der Ring hielt den Bann aufrecht und den Ring musste er loswerden.
    Er zwang sich, nicht über den Finger zu tasten, blieb starr und lang ausgestreckt liegen.
    Er konnte den Ring nicht einfach abstreifen, er saß zu eng um das Gelenk. Warum saß er so eng? Siiran hatte ihm den Ring übergestreift – nein, trügerischer Geist, Chaantrea war es gewesen, die ihn damit gefesselt hatte. Damit beherrschte sie ihn nun, und deshalb lag er hier in der kalten Finsternis und wartete auf ein ungewisses, aber mit Sicherheit unerfreuliches Schicksal. Eine längere Weile verbrachte er damit, sich schreckliche Bilder auszumalen. Was würden sie mit ihm machen? Ihn foltern, ihn quälen …
    Zurück zum Ring!
    Ein Bannring. Ein Fenster in seinem Kopf öffnete sich, ließ helles Licht und eine klare Stimme in die Finsternis. Caledrain sagte: »Ihr werdet so etwas wahrscheinlich nie begegnen, aber wenn ihr darauf trefft, seid überaus vorsichtig damit. Wenn ihr so dumm seid, einen aktivierten Bannring über den Finger zu streifen, wird es überaus schwierig für euch sein, ihn wieder loszuwerden. Schwierig, aber nicht unmöglich.«
    Â»Ja?«, keuchte Lluis, der sich aufgerichtet hatte. »Was muss ich tun?«
    Die Stimme schwieg. Lluis stöhnte enttäuscht und sank zurück auf den kalten Boden. Caledrain hatte damals etwas gesagt, an das er sich nicht mehr erinnern konnte. Er hatte nicht mehr daran gedacht, bis Trurre …
    Â»Die Schriften sagen, man müsse dafür ein Opfer bringen«, erklärte der Zwerg und paffte ein, zwei Rauchwölkchen in den Himmel. Es roch nach Tabak und Äpfeln. Lluis hielt die Luft an, um die Erinnerung nicht zu verscheuchen.
    Â»Opfer?«, fragte eine helle Stimme. Vanandel. »Du meinst damit hoffentlich so etwas Nettes wie Blumen und Obst oder Goldmünzen.«
    Der Zwerg knurrte amüsiert. »Blut«, sagte er. »Ein Bann erfordert Blut – wenn er gewirkt wird und wenn er gebrochen wird.«
    Wann hatten sie über Bannflüche gesprochen? Es musste nach einem seiner Anfälle gewesen sein. Obwohl dieser Ring doch erst seit dem Treffen in der Laube an seinem Finger steckte. Also hatte er nichts damit zu tun.
    Er zwang sich, den Stimmen weiter zuzuhören. Blut also. Wessen Blut, Trurre?
    Â»Durchaus das eigene«, sagte der Zwerg. »Man kann ein anderes Lebewesen dafür benutzen, aber das erfordert einige Kenntnis der alten Schriften und einen höheren Grad der magischen Einweihung. Darüber verfügen natürlich die wenigsten Gebannten.«
    Das eigene Blut. Lluis tastete unwillkürlich über den Ring und seinen Finger. Dort war Blut geflossen, und nicht gerade
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