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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Schmunzeln. »Zieh dich um«, sagte Rutilo. »Ich komme auch gleich.« Er verschwand im Nebenzimmer.
    Lluigolf schlüpfte in die Kleider. Die weiche Seide des Hemdes schmeichelte über seine Haut, der steife Kragen des Rockes kratzte ein wenig, die Schuhe mit den silbernen Schnallen hatten einen kleinen Absatz. Er schritt auf dem knarrenden Dielenboden auf und ab und versuchte, den hochmütigen Gang der Edelleute zu imitieren, die er auf dem Markt beobachtet hatte.
    Â»Schon nicht schlecht«, unterbrach ihn die Stimme seines Lehrers. »Du musst den Rücken sehr gerade halten, aber nicht steif. Schau her.« Lluigolf betrachtete Rutilo, der deutlich weniger prächtig gekleidet an seiner Seite aufgetaucht war. Der Lehrer schritt einige Male vor ihm auf und ab und korrigierte dann Lluigolfs Bewegungen. »Mach weniger große Schritte. Und rudere dabei nicht mit den Armen. Den Kopf gerade halten.« Dann öffnete er die Tür und deutete hinaus.
    Zu Lluigolfs Erstaunen erwartete sie vor dem Haus eine Kutsche. Sie stiegen ein, und das Gefährt rumpelte über die holprigen Straßen des Schweinekobens hinauf in den Nordteil der Residenz. Während der Fahrt instruierte Rutilo seinen Schüler: »Ich bin dein Hauslehrer, du nennst mich Magister Rutilo.« Er lächelte. »Und du bist der jüngste Sohn des Herrn von Waldner aus Weidenheim.«
    Â»Es gibt in Weidenheim keinen Herrn von …«, begann Lluigolf und unterbrach sich. »Entschuldigung«, murmelte er. Rutilo nickte kurz. »Wir sind gestern in der Residenz eingetroffen und logieren im Stadthotel. In den nächsten Tagen hast du eine Audienz beim Markgrafen, ansonsten siehst du dir die Sehenswürdigkeiten der Residenz an.«
    Lluigolf nickte ergeben. »Wohin fahren wir?«
    Â»Das wirst du schon sehen.«
    Die Straßen wurden breiter und waren von immer hübscheren Häusern gesäumt. Auf einem kleinen, von Linden umstandenen Marktplatz machte die Kutsche halt, und Magister Rutilo stieg aus, um den Kutscher zu entlohnen. Lluigolf sah sich gespannt um. Diesen Platz kannte er nicht, denn er war erst einmal so weit in den Norden der Stadt gekommen, und das war an seinem ersten Tag gewesen. Der große Markt musste irgendwo hier in der Gegend sein.
    Die Kutsche ratterte davon, und Rutilo wandte sich an seinen Schüler. »Dort drüben«, deutete er, »siehst du das Gasthaus?«
    Es war ein schmuckes Bürgerhaus mit einem ebenso schmucken Wirtshausschild, das ein Lämmchen zeigte, das zwischen den Pranken eines Löwen schlummerte.
    Â»Das Löwe und Lamm «, Rutilo rieb sich vergnügt die Hände. »Dort verkehrt nur feines Volk. Unsere Kundschaft, mein Lieber. Oder wem möchtest du künftig die Beutel schneiden – den armen Fischern im Schweinekoben?«
    Lluigolf schüttelte stumm den Kopf. Wenn sie bisher zu Übungszwecken die Bewohner des Viertels rund um den Einäugigen beraubt hatten, so hatten diese ihr mageres Eigentum hinterher immer zurückbekommen. Es war ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Absolventen des Kollegiums ihren Arbeitsbereich in andere Stadtviertel zu verlegen hatten. Vibol legte großen Wert darauf, dass sein Viertel sauber blieb – nur so konnte er sicher sein, dass niemand die Büttel der Stadtwache oder gar die markgräflichen Orks auf ihn hetzte.
    Also ging es für ihn jetzt darum, sich unter das feine Volk zu mischen und dabei nicht allzu sehr aufzufallen. Seine Finger würde er am heutigen Tag noch bei sich behalten, das kam später.
    Er straffte die Schultern und schritt beherzt auf das Wirtshaus zu.
    Der Gastraum war halb gefüllt, und Lluigolf bemühte sich, nicht allzu sehr zu gaffen. Vom Dielenboden bis zu den getäfelten, mit Gemälden behangenen Wänden, von den nahezu glänzend geschrubbten Tischen und bequem gepolsterten Stühlen bis zur polierten Theke war der Raum ein Schmuckkästchen und glich eher dem Salon eines Edelmannes als einer Kneipe. Auch die Gäste erschienen Lluis beinahe zu vornehm, um sich in einem profanen Wirtshaus aufzuhalten.
    Aber dort neben dem Kamin saßen zwei kleine Gesellschaften, die es sich offensichtlich schmecken ließen, auch wenn das Geschirr aus Zinn und nicht aus Porzellan war – hübsch, aber keineswegs erlesen. Und an der anderen Seite, neben dem Fenster, an einem kleinen runden Tisch mit grüner Filzdecke, spielten zwei Männer

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