Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
Vom Netzwerk:
Jazep nach, der mit schweren Schritten die Treppe hinaufstapfte. »Ab ins Bett?«, murmelte er. Es brachte durchaus den einen oder anderen Nachteil mit sich, in menschlichen Augen wie ein Halbwüchsiger zu wirken. Er fühlte sich aufgekratzt und ruhelos. Kurz entschlossen machte er kehrt und ging zum Tor hinaus. Es mochte sein, dass er dafür morgen eine Rüge kassierte – aber als frischgebackener Geselle durfte er sich das heute einmal leisten.
    Roske, der Wirt des Einäugigen , begrüßte ihn: »Geh gleich hinauf. Du wirst erwartet.«
    Lluigolf grinste erfreut. Er hatte nicht damit zu rechnen gewagt, aber anscheinend musste er seinen Erfolg heute nicht alleine feiern.
    Â»Sieh an, sieh an«, wurde er von Vibols sonorer Stimme empfangen. »Da kommt er ja. Sprich, nahst du geschlagen oder als Sieger?«
    Vibol saß mit seinen Hauptleuten um den Tisch, auf dem die Reste eines üppigen Abendessens standen. Lluigolf nickte dem mürrischen Lanto zu, der neben der Tür lehnte und mit einem Span seine Zähne reinigte, und breitete übermütig die Arme aus. »Was denkst du?«, fragte er.
    Vibol lachte und hob sein Glas. »Danke, meine Herren«, wandte er sich dann an die Männer.
    Hadmut, die im Hintergrund gesessen und geraucht hatte, hockte sich während des allgemeinen Aufbruchs auf die Tischkante. »Und?«, fragte sie leise.
    Â»Danke für deine Tipps«, murmelte Lluigolf. »Da war tatsächlich eine Falle hinter der Tür. Ich wäre ganz sicher hineingerannt.«
    Hadmut schnaubte und zertrat ihre Kippe. »Wärst du nicht. Du bist schließlich nicht dämlich. Aber dass die immer noch diesen alten Trick versuchen – der große Meister wird bequem.« Sie musterte ihn scharf. »Da war noch was, ich seh es dir an der Nasenspitze an.«
    Lluigolf vergewisserte sich, dass Vibol ihnen nicht zuhörte, und flüsterte: »Jazep. Er war so bezecht, dass er eingeschlafen ist. Ich habe ihn wecken müssen, damit er die Prüfung nicht verpasst.«
    Hadmut verdrehte die Augen. »Dieses alte Weinfass. Ingwin hätte ihm die Haut abgezogen.« Sie nickte ihm grimmig zu. »Das hast du gut gemacht. Jazep ist ein unerträglicher Schwätzer, aber die Kinder hängen an ihm. Und er ist ein guter Lehrer.«
    Â»Was habt ihr zwei da zu tuscheln?« Vibols Stimme klang sanft, aber Lluis und Hadmut fuhren auseinander. Die Kröte mochte es nicht, wenn man Geheimnisse vor ihr hatte. »Klatsch«, erwiderte Hadmut geistesgegenwärtig. »Caledrain soll mit einem Mann in der Grünen Jungfer gesehen worden sein.«
    Vibol lachte entzückt. »So ein dummes Zeug.« Er schob Lluigolf ein Glas und eine halbvolle Weinflasche hin. »Feiern wir deine bestandene Prüfung, Lluigolf. Wie ich gehört habe, willst du dich noch weiterbilden?«
    Lluigolf nickte, wobei er Hadmuts Blick auswich. Aus Gründen, die er nicht kannte, missbilligte sie seine Pläne. Sie selbst hatte die Schule in allerkürzester Zeit beendet, war in allen Finessen der am Kollegium gelehrten Künste unterwiesen worden, sprang sogar gelegentlich für einen der Lehrer ein, wenn es nötig war. Am Kollegium munkelte man, dass Ingwin Hadmut angesprochen habe, ob sie als Ersatz für Jazep an die Schule kommen wolle. Warum also nahm sie es Lluigolf so übel, dass er nicht minder großen Ehrgeiz entwickelte? Die Ausbildung entsprach seinen Fähigkeiten und Talenten – und alles – die strenge Zucht und Disziplin des Kollegiums, Meister Ingwin und die anderen Lehrer, Vibol selbst – machte einen solch respektablen, anständigen Eindruck, dass Lluigolf sich keine Gedanken mehr darüber machte, dass er mit dieser Ausbildung eine Laufbahn als Verbrecher anstrebte.
    Nur Hadmuts Missbilligung ließ den Gedanken gelegentlich in ihm hochkommen. Aber dann dachte er an den Mann in seinem herrschaftlichen Palast, der ihn um seinen Lohn betrogen und von seinen Lakaien in die Gosse hatte befördern lassen, und jeder Anflug von Skrupeln erstickte im Keim. Er hatte versucht, das Hadmut zu erklären und von ihr zu erfahren, warum sie ihm nicht gönnte, was sie selbst besaß – aber sie weigerte sich, mit ihm darüber zu sprechen. »Ich halte es für falsch«, so oder so ähnlich lautete jedes Mal ihre magere Antwort, und Lluis musste sich damit zufriedengeben.
    Die Kröte riss ihn aus seinen Überlegungen.

Weitere Kostenlose Bücher