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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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Garten.«
    Wir schwiegen, bis wir tief in die Hecken des großen Gartens eingetaucht waren. Nach dem Regen duftete es beinahe betäubend. Maris schnupperte und befühlte das feuchte Blattwerk, kniete nieder und zerrieb Erde, Gras und Moos zwischen seinen Fingern, betastete die raue Rinde eines Baumes und war für mich und die Welt eine ganze Zeit lang vollkommen verloren.
    Ich ließ ihn gewähren und setzte mich auf eine moosbewachsene Steinbank.
    Â»Warum gehst du überhaupt mit?«, fragte ich nach einer Weile. Maris hockte im Gras und drehte einen Zweig zwischen den Fingern.
    Â»Mar Ayomida bat mich darum, dich zu begleiten«, sagte er. »Ich war nicht abgeneigt. Sitze schon viel zu lange hier herum und staube ein.«
    Ich leckte mir über die Lippen. »Maris«, begann ich zögernd, »ich habe das Gefühl, dass das alles irgendwie mit meinen Nachforschungen über die Seelentrinker zusammenhängt. Weißt du, warum die Obere Kapellarin daran so interessiert ist, uns beide nach Raakus zu senden? Und warum ausgerechnet nach Raakus?«
    Er legte den Zweig behutsam auf den Boden und klopfte sich die Finger ab. »Raakus. Garness steht dort in Diensten, der alte Gauner.«
    Ich schmunzelte. Garness war eine Legende hier im Bardenstein – es gab kaum einen Schüler, der so oft beinahe der Schule verwiesen worden wäre wie er, und keinen Barden, dessen Ruf so – nun, nennen wir es gewöhnungsbedürftig – war wie der seine. Maris hatte einen Narren an ihm gefressen, nur das Große Buch wusste, warum.
    Â»Du lenkst ab«, sagte ich mit mildem Vorwurf, und er lachte.
    Â»Lass mich, Bruder Schreiber. Es ist mein erster Tag zwischen den Bäumen seit … nun, seit sehr langer Zeit. Quäl mich nicht mit alten Geschichten.«
    Ich beschied mich notgedrungen mit dieser Antwort und verbrachte die nächste Stunde friedlich damit, den Elbenbarden dabei zu beobachten, wie er seine Bekanntschaft mit den Bäumen des Bardensteins erneuerte.

Ob es nun daran lag, dass er wachsamer war oder mehr Glück hatte, oder daran, dass Hadmut in Gedanken und deshalb unvorsichtiger war – in dieser Nacht verlor Lluigolf ihre Spur nicht, sondern folgte ihr bis weit hinauf in die Nordstadt.
    Dieser Teil der Residenz war ihm völlig unbekannt. Die breiten Straßen atmeten Wohlstand von den gepflegten Kopfsteinen bis zu den Lampen an den Hauswänden, den sauberen Fußwegen und den weiß gekalkten Mauern der Häuser und Garteneinfriedungen. Lluigolf hörte in der stillen Umgebung sein Herz klopfen und seine Schritte hallten auf dem Pflaster, dass er jeden Moment seine Entdeckung fürchtete.
    Je weiter sie nach Norden kamen, desto unwohler fühlte er sich. Die wenigen Passanten musterten ihn befremdet, und ein beleibter Mann, der dicht vor ihm aus einem Hauseingang trat, hielt ihn am Ärmel fest und herrschte ihn an: »Was treibst du dich nachts hier herum? Zu welchem Haushalt gehörst du, Bursche?« Als Lluigolf sich freimachte und weiterlief, hörte er den Mann hinter sich rufen: »Ich hole die Wache, wenn ich dich noch einmal hier erwische, Kerl!«
    Voller Sorge, dass Hadmut durch diesen Zwischenfall auf ihn aufmerksam geworden sein könnte, lief er weiter. Aber sie stiefelte in sich versunken voran und bemerkte ihren Verfolger nicht.
    Dann bog sie um eine Ecke und war verschwunden. Der nicht allzu breite, von Büschen gesäumte Weg, der von der Straße fortführte, endete an einer hohen Mauer. Sträucher, schwarz im Dunkel der Nacht, warfen tiefe Schatten auf das dicht gefügte Mauerwerk.
    Lluigolf sah sich hastig um. Hadmut war wie vom Erdboden verschluckt. Nichts regte sich, kein Schritt, kein Laut, keine Bewegung. Er ging langsam den Weg hinauf, bis er vor der Mauer stand und in dem Dunkel zwischen den hohen Büschen eine kleine Pforte entdeckte, die jedoch fest verschlossen war. Er tastete über die glatte Fläche und entdeckte keinen Türknauf.
    Lluigolf blickte die Mauer entlang. Dies hier schien der einzig mögliche Eingang zu sein, und den musste Hadmut genommen haben, außer, sie war über die Mauer gestiegen. Er legte den Kopf in den Nacken. Das war wohl so ziemlich die höchste Mauer, die er in seinem Leben zu sehen bekommen hatte. Es erschien ihm wenig wahrscheinlich, dass Hadmut diese bestiegen hatte, wenn hier eine, wenn auch verschlossene, Pforte sich darbot.
    Er untersuchte die Pforte

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