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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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einem Seufzer des Wohlbehagens legte ich meine Füße auf die Bank, lehnte mich an die Wand und blickte zum Fenster hinaus. Es dauerte nicht lange, bis die Wirtin mit rotgeschrubbten Händen ein Tablett auf den Tisch stellte und Teller, Becher, Schalen und eine große Kanne mit dunklem, bitterem Tee ablud. Dann sah sie mich an, die Bank, auf der ich saß, den viel zu hohen Tisch, und schüttelte den Kopf. »So kannst du nicht bequem essen«, sagte sie. »Warte.«
    Sie verschwand, und ich zog mir die Tasse heran, um mir von dem starken Tee einzugießen. Genießerisch schüttete ich einen Strahl Sahne dazu und verrührte das Gebräu mit einem ordentlichen Löffel Honig. Das sollte meinem aufgerüttelten Gemüt die nötige Ruhe wiedergeben.
    Als ich den ersten heißen, süß-bitteren Schluck genoss, kam die Wirtin zurück, einen Knecht im Schlepptau, der eine Fußbank und ein dickes Kissen unter dem Arm trug. Ich musste aufstehen, man schob mir das Kissen unter und sorgte dafür, dass meine Füße bequem auf der Bank Platz fanden.
    Dann ließ ich mir in aller Seelenruhe das opulente Frühstück schmecken. Das Brot war frisch, dick geschnitten und mit einer braunen Kruste versehen, die beim Hineinbeißen befriedigend krachte. Butter und Käse waren fett, sahnig und goldgelb, ein Stück geräucherter Fisch lud zum Verspeisen ein, und Zwiebeln und Kräuter, cremiger weißer Quark, Honig, leuchtendes Beerenmus und frisches Obst machten das Frühstück zu einer wahrhaft königlichen Mahlzeit.
    Ich gab mir alle erdenkliche Mühe, mich durch das Angebot zu essen, musste aber auf halbem Weg die Segel strecken. Zufrieden schob ich Teller und Platten von mir, streckte die Beine aus und schaute eine Weile mit leerem Kopf und besänftigtem Gemüt ins Weite.
    Dann holte ich mein Notizbuch hervor, meine Feder und das kleine Tintenröhrchen und begann damit, die Geschichte der Wiedergekehrten aufzuschreiben. Nach einer Weile allerdings schweiften meine Gedanken ab und ich ertappte mich dabei, wie ich das Wort Seelentrinker schrieb, wieder und wieder an dieselbe Stelle, und es mit Kringeln und Kreisen umgab, bis es aussah, als wäre es von einer düsteren, rußigen Wolke umgeben. Und während ich noch gedankenverloren daran herumkritzelte, breiteten sich grellorange und dunkelrote Flecken auf dem beschriebenen Papier aus, bis das Wort in düster lodernden Flammen stand. Einen Moment lang hatte ich ein Bild vor Augen, eine Erscheinung, eine helle Gestalt, hinter der eine andere, größere stand … aber ehe ich ihrer noch recht habhaft werden konnte, verblasste das Bild, die Flammen erloschen und zurück blieb nichts als das düstere Wort: Seelentrinker .
    Ich schüttelte mich, um die Beklemmung zu verjagen, und bat die Wirtin um meine Rechnung.

    Bei meinem Aufstieg zum Bardenstein schien der Tag all seinen vorherigen Glanz verloren zu haben. Düstere Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben, und ein kalter Wind schnitt durch meine Kleider. Als ich durch das Tor in den Hof trat, klatschten mir die ersten dicken Tropfen ins Gesicht. Ich rettete mich in einen der Arkadengänge und sah zu, wie der Regen große Blumen in den Staub malte. So heftig er war, so schnell zog der Sturm vorüber, und schon wenige Minuten später blinzelte eine blasse Sonne durch die Schleier, die Erde begann zu dampfen, und einige zaghafte Vogelrufe schimpften dem abziehenden Unwetter hinterher.
    Ich wandte mich von dem Schauspiel ab, um hineinzugehen, und wäre beinahe mit einer großen, weißgekleideten Gestalt zusammengeprallt. »Oh, ich bitte um Ver…«, begann ich, als ich den Barden erkannte und erstaunt innehielt.
    Â»Ich habe dich gesucht«, sagte Maris und tastete nach mir.
    Ich ergriff seine Hand und legte sie auf meine Schulter. »Wohin möchtest du gehen?«
    Er hob das Gesicht zum Himmel und atmete tief ein. »Ich war schon sehr lange nicht mehr im Garten.«
    Wir gingen langsam durch den Arkadengang. Maris blieb immer wieder stehen und legte seine Hände auf die Brüstung. »Ich fürchte mich ein wenig vor der Reise«, sagte er. »Es ist so lange her, dass ich den Bardenstein verlassen habe.«
    Â»Dass du deine Bibliothek verlassen hast«, bemerkte ich, und er lachte.
    Â»Ich bin ein Mensch geworden. Hocke Tag und Nacht zwischen Steinmauern und sehe Bäume nur in einem

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