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Die Seele der Nacht

Die Seele der Nacht

Titel: Die Seele der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Leben. Ihr Herz brannte, dass der Schmerz ihr fast den Atem raubte.
    So verstrichen die Stunden. Bleierne Stille war in der Hütte eingekehrt. Tahâma starrte vor sich hin.
    »Wirst du heute noch nach Krizha reiten?«, wagte der Erdgnom irgendwann ihre Trauer zu stören.
    Tahâma erhob sich steif. »Du hast Recht, mich an meine Pflichten zu erinnern. Mein Volk vertraut mir und wartet auf Hilfe, und einen Hoffnungsfunken findet man auch in der tiefsten Nacht. Ich mache mich gleich auf den Weg, um mit meinem Großvater zu sprechen.«
    Aylana sagte nichts, aber der Erdgnom bestand darauf, sie zu begleiten, und so verließen die beiden die Hütte, schwangen sich auf den Rücken der Stute und ritten den Hügel hinab.
     

Kapitel 12
Die Kristalle des blauen Feuers
    Tahâma ritt, den Erdgnom vor sich, bis zum Tor von Krizha. Der Wächter, der gerade Dienst hatte, erkannte sie sofort und kam eilig auf sie zu. »Was wollt Ihr hier?«, fragte er leise. »Wisst Ihr denn nicht, dass der Weise Euch für vogelfrei erklärt hat? Wenn Ihr die Stadt betretet, müssen wir Euch festhalten und ins Verlies bringen. Dann werdet Ihr heute Nacht zum Richtplatz geleitet. Reitet schnell davon, bevor Euch die Bürger erkennen und zum Palast schleppen!« »Ich danke Euch für Euren Rat«, antwortete Tahâma, »aber warum haltet Ihr mich nicht fest? Warum schleift Ihr mich nicht zu Eurem Herrn?« Der Mann senkte den Blick. »Ich würde mich nie erdreisten, an unserem Weisen Kritik zu üben, aber Ihr seid so jung und unschuldig. Wie könnte ich wollen, dass Ihr unter dem Schrecken des Schattenlords zugrunde geht?« Tahâma neigte den Kopf. »Möge das Glück immer mit Euch sein, guter Mann.« Sie wendete die Stute und jagte die Straße hinab. Erst hinter der Brücke zügelte sie das Pferd. »Was machen wir nun?«, fragte der Gnom. »Ich werde einen Weg finden«, antwortete sie und kaute auf ihrer Unterlippe.
    Eine Weile saßen sie schweigend auf dem Pferderücken, während die Stute die saftigen Halme am Ufer kaute.
    »Sieh mal«, brach Wurgluck das Schweigen, »deine Freundin Lonathâ und zwei Männer kommen auf die Brücke zu.«
    Sie zogen sich ins dichte Weidengestrüpp zurück, um die Reiter passieren zu lassen. Zu ihrer Überraschung jedoch hielten die drei am Bach an und stiegen von den Pferden. Lonathâ breitete ihren Umhang, der auf dem Rücken mit dem Stadtwappen geschmückt war, im Gras aus und legte sich in den Schatten einer hohen Weide, während die beiden Männer aufgeregt diskutierend am Ufer entlanggingen.
    »Lass mich runter«, verlangte Wurgluck. »Ich will hören, was sie hier herausgetrieben hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie uns suchen. Dazu hätten sie wohl kaum eine Frau mitgebracht!« Der Erdgnom verschwand.
    Ungeduldig wartete Tahâma, bis er endlich zurückkam.
    »Sie wollen eine Mühle bauen«, verkündete er kurz darauf. Der Mann deiner Freundin und sein Begleiter sind in Baukunst und Technik bewandert, und nun suchen sie eine günstige Stelle, an der die Mühlräder vom Wasser angetrieben werden sollen.«
    Durch die Zweige verborgen, beobachteten sie die Männer, die sich immer weiter entfernten. Lonathâ lag im Schatten, die Augen geschlossen, und schien zu schlafen.
    »Ich habe eine Idee«, wisperte Tahâma. »Warte hier, ich muss mit ihr reden.« Noch bevor der Gnom sie nach ihrem Plan fragen konnte, war sie verschwunden.
    Lonathâ fuhr zusammen, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte. Mit einem kleinen Schrei fuhr sie herum. »Tahâma!«
    »Schsch!« Das Mädchen legte einen Finger auf die Lippen. Hastig sah sie sich um, aber die Männer waren außer Hörweite und stritten anscheinend immer noch darüber, welches der beste Ort für die geplante Wassermühle sei. »Du musst mir helfen, bitte!«, sagte sie beschwörend und zog die Freundin hinter einen dichten Busch.
    »Ja, aber – was hast du denn vor?«, stotterte Lonathâ.
    »Ich muss mit meinem Großvater sprechen!«
    »Du willst dich in die Stadt wagen, nach allem, was geschehen ist?«
    »Es ist noch viel mehr geschehen in den vergangenen Tagen, und deshalb muss ich zu ihm.«
    »Aber wie willst du bis zu ihm vordringen?«, wagte die Freundin einzuwerfen. »Die Wachen am Tor werden dich abfangen und ins Verlies bringen.«
    Tahâma nickte. »Und deshalb brauche ich deine Hilfe.«
    Lonathâ rutschte ein Stück zurück und hob die Hände. Doch Tahâma sah sie durchdringend an und hielt ihren Blick fest. Wie unter Zwang presste Lonathâ endlich

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