Die Seele des Feuers - 10
wollte sie opfern. Sie wurde monatelang gefangengehalten, die Männer mißbrauchten sie zu ihrem Vergnügen.
Da ich die Gabe besitze, erwarteten die Majendie, ich würde ihnen als Gegenleistung für die Durchquerung ihres Landes bei dem Menschenopfer behilflich sein. Es ist Teil ihres Glaubens, daß ein mit der Gabe Gesegneter ihnen bei dem Opfer hilft. Stattdessen befreite ich Du Chaillu in der Hoffnung, sie würde uns, da wir das Land der Majendie nicht mehr durchqueren konnten, durch die unwegsamen Sümpfe führen.«
»Ich stellte Männer zur Verfügung, die Richard und die Hexe sicher durch die Sümpfe zu dem großen, steinernen Hexenhaus brachten«, sagte Du Chaillu, als würde das irgend etwas erhellen.
Kahlan machte ein verständnisloses Gesicht, als sie die Erklärung hörte. »Hexe? Was für eine Hexe?«
»Sie meint Schwester Verna und den Palast der Propheten«, erläuterte Richard. »Sie hat Schwester Verna und mich nicht etwa deswegen geführt, weil ich Du Chaillu befreit, sondern weil ich eine uralte Prophezeiung erfüllt hatte.«
Du Chaillu bezog an Richards Seite Stellung, als sei dies ihr gutes Recht. »Wie es in dem alten Gesetz steht, kam Richard zu uns, tanzte mit den Seelen und bewies dadurch, daß er der Caharin und damit mein Gemahl ist.«
Fast konnte Richard sehen, wie sich Kahlans Nackenhaare sträubten. »Was soll das heißen?«
Richard öffnete nach Worten suchend den Mund. Du Chaillu reckte ihr Kinn vor und antwortete an seiner Statt.
»Ich bin die Seelenfrau der Baka Tau Mana, gleichzeitig bin ich die Hüterin unserer Gesetze. In der Verkündigung heißt es, der Caharin werde seine Ankunft verkünden, indem er mit den Seelen tanzt und das Blut von dreißig Baka Ban Mana vergießt, ein Kunststück, das niemand außer dem Erwählten zu vollbringen vermag, und auch dann nur mit Hilfe der Seelen.
Es heißt, wenn dies geschieht, würden wir kein freies Volk mehr sein, sondern wären seinem Willen unterworfen. Wir unterliegen seiner Herrschaft.
Dafür haben unsere Meister der Klinge ihr ganzes Leben lang geübt. Sie hatten die Ehre, den Caharin auszubilden, damit er die Seele der Finsternis bekämpfen kann. Das war der Beweis, daß Richard der Caharin ist, der gekommen war, uns wieder in unser Land zu führen, so wie es die Altvorderen versprochen haben.«
Eine sanfte Brise fuhr in Du Chaillus dichtes Haar. Ihre dunklen Augen ließen keinerlei innere Erregung erkennen, eine solche verriet jedoch ihre kaum merklich gebrochene Stimme. »Er hat die dreißig getötet, wie in dem alten Gesetz festgeschrieben. Die dreißig sind für unser Volk von nun an Legende.«
»Ich hatte keine andere Wahl.« Richard brachte kaum mehr als ein Flüstern zustande. »Sie hätten mich sonst getötet. Ich bat sie aufzuhören. Ich flehte Du Chaillu an, sie zurückzuhalten. Ich habe ihr nicht das Leben gerettet, nur um am Ende diese Menschen töten zu müssen. Letztendlich war es Notwehr.«
Kahlan bedachte Du Chaillu mit einem langen, harten Blick, bevor sie sich wieder an Richard wandte. »Sie wurde gefangengehalten, und du hast ihr das Leben gerettet und sie zu ihrem Volk zurückgebracht.« Richard nickte. »Und dann hat sie ihr Volk aufgefordert, es solle versuchen, dich zu töten? Das war ihr Dank?«
»Es steckte noch mehr dahinter.« Es behagte Richard gar nicht, das Vorgehen dieser Menschen verteidigen zu müssen – ein Vorgehen, das zu einem gewaltigen Blutvergießen geführt hatte. Er hatte den Übelkeit erregenden Gestank noch immer in der Nase, doch ungeachtet der schmerzlichen Erinnerungen versuchte Richard es zu erklären, in Worten, die Kahlan verstehen würde. »Was sie getan hatten, war eine Art Gottesurteil, eine Prüfung auf Leben und Tod. Ich war dadurch gezwungen, zu lernen, wie man die Magie des Schwertes auf eine Weise einsetzt, die ich zuvor niemals für möglich gehalten hätte. Um zu überleben, mußte ich mich der Erfahrungen jener Menschen bedienen, die das Schwert vor mir benutzt hatten.«
»Was soll das heißen? Wie konntest du dich ihrer Erfahrungen bedienen?«
»Die Magie des Schwertes der Wahrheit bewahrt die Essenz des Kampfeswissens all jener auf, die das Schwert zuvor in Händen gehalten haben – sowohl der Guten als auch der Bösen. Ich kam dahinter, wie man dieses Können für sich nutzt, indem ich die Seelen des Schwertes in Gedanken zu mir sprechen ließ. Allerdings war in der Hitze des Gefechtes nicht immer Zeit, das Wissen in Form von Worten
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