Die Seele des Feuers - 10
Richard. Es kann doch nicht sein…«
»Zedd meinte, du müßtest meine dritte Frau sein, um die Chimären in diese Welt zu rufen.«
»Unter anderem«, beharrte sie. »Er sagte, unter anderem.«
Richard hob erschöpft einen Finger. »Du Chaillu.« Er hob einen zweiten. »Nadine.« Einen dritten. »Du. Du bist meine dritte Frau. Wenigstens im Prinzip.«
»Ich sehe das vielleicht nicht so, die Zauberer aber, die diesen Bann ausgesprochen haben, dürfte es kaum interessieren, wie ich die Sache betrachten möchte. Sie haben eine Magie bewirkt, die durch das Auslösen einer vorgeschriebenen Folge von Bedingungen in Gang gesetzt worden sein dürfte.«
Kahlan gab einen langmütigen, schweren Seufzer von sich. »Einen wichtigen Umstand hast du außer acht gelassen. Als ich die drei Grußformeln aufsagte, waren wir noch gar nicht verheiratet. Ich war noch nicht deine zweite, erst recht nicht deine dritte Frau.«
»Als ich gezwungen war, Nadine zu heiraten, um mir Einlaß in den Tempel der Vier Winde zu verschaffen, und man dich gleichzeitig zwang, Drefan zu heiraten, haben wir uns im Herzen einander versprochen. Aufgrund dieses Gelübdes wurden wir in diesem Augenblick, an diesem Ort getraut – jedenfalls, soweit es die Seelen anbelangt. Ann hat selbst bestätigt, daß es sich genauso verhalten hat.«
»Du hast es gerade selbst gesagt, manchmal bedient sich Magie solch zweideutiger Voraussetzungen. Die formalen Voraussetzungen wurden, ganz unabhängig von unserem Empfinden, erfüllt – die Voraussetzungen einer uralten Magie, heraufbeschworen von Zauberern zur Zeit des Großen Krieges, als die Prophezeiung über den Caharin und das alte Gesetz schriftlich festgehalten wurden.«
»Aber…«
Richard fuchtelte energisch mit den Händen. »Es tut mir leid, Kahlan, daß ich törichterweise nicht nachgedacht habe, aber wir müssen den Tatsachen ins Gesicht sehen – die in den Grußformeln genannten Chimären sind auf freiem Fuß.«
28. Kapitel
So begründet er selber seine Überlegungen auch fand, Richard hatte nicht den Eindruck, daß Kahlan überzeugt war. Sie schien nicht einmal der Vernunft zugänglich zu sein, sie wirkte einfach nur verärgert.
»Hast du Zedd von … ihr erzählt?« Aufgebracht deutete Kahlan mit einer Handbewegung auf Du Chaillu. »Hast du? Du muß ihm doch irgend etwas erzählt haben.«
Er konnte ihr nachempfinden, wie sie sich fühlte. Er würde auch nicht gerne erfahren wollen, daß sie bereits mit einem anderen verheiratet war, von dem zu erzählen sie aus Nachlässigkeit vergessen hatte – ganz gleich, wie unschuldig sie daran sein mochte –, selbst wenn ihr Verhältnis zu diesem Mann so unbedeutend war wie offensichtlich seines zu Du Chaillu.
Immerhin, hier ging es um etwas erheblich Wichtigeres als um irgendeine gewundene Klausel, die Du Chaillu zu seiner ersten Frau machte. Es ging um etwas extrem Gefährliches, das mußte Kahlan begreifen. Sie mußte erkennen, daß sie in großen Schwierigkeiten steckten.
Sie hatten bereits wertvolle Zeit vergeudet. Er betete zu den Guten Seelen, daß er Kahlan dazu bringen konnte, die Wahrheit dessen zu erkennen, was er ihr erzählte, ohne ihr bis in die letzte Einzelheit erklären zu müssen, woher er wußte, daß es stimmte.
»Wie ich bereits sagte, Kahlan, bis eben wußte ich selbst nicht einmal mehr davon, denn damals war ich der Ansicht, die Ehe sei nicht rechtskräftig, daher war mir auch nicht bewußt, sie könnte irgendeinen Einfluß auf all dies haben. Außerdem, wann hätte ich Zedd davon erzählen sollen? Juni starb, bevor wir Gelegenheit hatten, uns eingehend mit ihm zu unterhalten, und kurz darauf hat Zedd sich diese Geschichte über den Lauer ausgedacht und uns mit diesem sinnlosen Auftrag losgeschickt.«
»Woher wußte er dann davon? Um uns hereinzulegen, hätte er es erst einmal wissen müssen. Woher wußte Zedd, daß ich tatsächlich deine dritte Frau bin – wenn auch nur aufgrund irgendeines…« Sie ballte die Fäuste »… dummen, alten Gesetzes, das du schlauerweise vergessen hast?«
Richard warf die Hände in die Höhe. »Wenn es nachts regnet, muß man die Wolken nicht sehen, um zu wissen, daß Wassertropfen vom Himmel fallen. Sobald Zedd etwas sicher weiß und er überzeugt ist, daß es Ärger bedeutet, schert er sich nicht mehr um das Woher, sondern überlegt, wie er die undichte Stelle im Dach stopfen kann.«
Sie nahm den Nasenrücken zwischen die Zeigefinger und atmete ein. »Vielleicht glaubt er tatsächlich, was
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