Die Seele des Feuers - 10
Rahl.«
Sobald die Mord-Sith sich innerhalb einer angemessenen Entfernung befanden, konnten sie aufgrund der Bande stets genau sagen, wo er sich befand. Es mußte überaus verwirrend sein, wenn dieses Gespür plötzlich verlorenging.
Cara räusperte sich, den Blick unverwandt auf die Gewitterwolken in der Ferne gerichtet. In ihren blauen Augen glitzerten Tränen.
»Der Strafer fühlt sich völlig leblos an.«
Nur eine Mord-Sith würde sich über den Verlust einer Magie grämen, die ihr bei jeder Berührung Schmerzen zufügte, das lag im Wesen dieser Frauen und ihrer uneingeschränkten Pflichtverbundenheit.
Cara sah sich nach ihm um, während die Leidenschaft in ihr Gesicht zurückkehrte. »Aber ich stehe noch immer in Eurer Pflicht und werde tun, was ich muß, um Euch zu schützen. Für die Mord-Sith ändert sich nichts dadurch.«
»Und die d’Haranische Armee?« meinte Richard leise, als er über das wachsende Ausmaß ihrer Schwierigkeiten nachdachte. Das d’Haranische Volk war über diese Bande einem bestimmten Ziel verpflichtet. »Jagang ist auf dem Weg hierher. Ohne Armee…«
Die Bande waren eine sehr alte Magie, die er, als mit der Gabe gesegneter Rahl, geerbt hatte. Diese Bande waren als Schutz vor den Traumwandlern geschaffen worden. Ohne sie…
Selbst wenn Kahlan der Ansicht war, der Lauer und nicht die Chimären seien an allem schuld – Zedd hatte ihnen erklärt, auch er werde ein Schwinden der Magie bewirken. Was immer Zedd sich ausgedacht haben mochte, um sie zu täuschen, es mußte in enger Beziehung zur Wahrheit stehen, soviel war Richard klar.
In beiden Fällen würde Kahlan nicht umhin kommen, sich einzugestehen, daß der sterbende Baum der Magie bestenfalls noch faulige Früchte trug. Sie legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm.
»Möglicherweise spürt die Armee die Bande nicht mehr so wie früher, Richard, aber man ist dir dort auch noch auf andere Art verbunden. Die meisten Menschen in den Midlands erkennen die Mutter Konfessor als ihre Führerin an, ohne ihr über irgendwelche Bande verpflichtet zu sein. Auf dieselbe Weise erkennen dich die Soldaten an, denn sie glauben an dich. Sie haben dir bewiesen, wie wertvoll sie sind, und du hast ihnen deinen Wert ebenfalls bewiesen.«
»Die Mutter Konfessor hat recht«, sagte Cara. »Die Armee wird Euch treu ergeben bleiben, denn Ihr seid ihr Führer. Ihr wahrer Führer. Sie glauben an Euch – genau wie ich.«
Richard ließ langsam die Luft aus seinen Lungen entweichen. »Ich weiß das zu schätzen, Cara, wirklich, aber…«
»Ihr seid Lord Rahl. Ihr seid die Magie gegen die Magie. Wir sind der Stahl gegen den Stahl. Und daran wird sich auch nichts ändern.«
»Eben darum geht es. Ich kann nicht die Magie gegen die Magie sein. Selbst wenn der Lauer und nicht die Chimären die Ursache dafür wären – die Magie würde nicht mehr funktionieren.«
Cara zuckte mit den Achseln. »Dann werden wir uns einen Weg ausdenken, wie sie funktioniert. Ihr seid Lord Rahl, das ist Eure Aufgabe.«
»Richard«, wandte Kahlan ein, »laut Zedds Bekunden haben die Schwestern der Finsternis den Lauer heraufbeschworen, und das bewirkt das Schwinden der Magie. Du hast nicht den geringsten Beweis, daß stattdessen in Wirklichkeit die Chimären schuld an allem sind. Uns bleibt nichts anderes übrig, als einfach Zedds Bitte zu erfüllen, damit er der Magie der Schwestern entgegenwirken kann. Sobald wir Aydindril erreichen, wird alles wieder in Ordnung kommen.«
Richard konnte sich immer noch nicht überwinden, es ihr zu erzählen. »Ich wünschte, es wäre, wie du sagst, Kahlan, aber leider ist dem nicht so«, meinte er einfach.
In ihrer dünnen Schicht aus Geduld zeigten sich die ersten Risse. »Wieso beharrst du darauf, die Chimären seien schuld, obwohl Zedd uns erzählt, es sei der Lauer?«
Richard beugte sich zu ihr. »Denk doch einmal nach. Offenbar hat meine Großmutter – Zedds Frau – ihrer kleinen Tochter, meiner Mutter, eine Geschichte über eine Katze namens Lauer erzählt. Mir hat sie nur ein einziges Mal davon erzählt, doch das kann Zedd nicht wissen. Es gehörte, genau wie die hundert anderen tröstlichen Bemerkungen, wie all die Redensarten oder Geschichten, mit denen sie mir ein Lächeln entlocken wollte, zu den vielen kleinen Dingen, die mir meine Mutter eben manchmal erzählte, als ich noch klein war. Zedd gegenüber habe ich nie etwas davon erwähnt.
Aus einem bestimmten Grund wollte Zedd nicht, daß ich die Wahrheit erfahre.
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