Die Seele des Feuers - 10
des Raumes zur anderen. »Ihr alle wart es. Ihr Hakenier habt sie alle miteinander vergewaltigt und ermordet. Weil ihr noch immer diesen Hass in euren Herzen tragt, tragt ihr alle einen Teil der Schuld an dieser Vergewaltigung, an diesem Mord.«
Er kehrte dem Raum den Rücken zu. »Und jetzt macht, dass ihr verschwindet. Ich habe für heute mehr als genug gesehen von euren hasserfüllten hakenischen Augen, ich ertrage eure Verbrechen keinen Augenblick länger. Geht. Geht und denkt bis zur nächsten Bußversammlung darüber nach, wie ihr euch bessern könnt.«
Snip sprang auf und stürzte Richtung Tür. Er wollte sie auf keinen Fall verpassen. Sie sollte nicht bis draußen auf die Straße kommen. Im Geschiebe der anderen, die es eilig hatten, nach draußen zu gelangen, verlor er sie aus den Augen, trotzdem gelang es ihm, sich fast bis an die Spitze der Schlange vorzudrängein.
Draußen in der kühlen Abendluft löste Snip sich sofort aus dem Gedränge. Er sah denen hinterher, die vor ihm hinausgegangen waren, und rannte hinaus auf die Straße, konnte sie aber nirgends entdecken. Im Schatten wartend, beobachtete er, wie die übrigen Menschen das Gebäude verließen.
Als er sie erblickte, rief er ihren Namen in weithin hörbarem Flüsterton.
Beata blieb stehen und sah herüber. Sie spähte in den Schatten hinein und versuchte zu erkennen, wer dort ihren Namen gerufen hatte. Menschen, die den Pfad entlanggehen wollten, drängten an ihr vorbei, daher trat sie von ihm herunter und machte einen Schritt in seine Richtung.
Sie trug nicht mehr das dunkelblaue Kleid, das er so gerne mochte, das Kleid, das sie an besagtem Tag getragen hatte, als sie nach oben gestiegen war, um sich mit dem Minister zu treffen. Jetzt hatte sie ein weizenfarbiges Kleid an mit einem dunkelbraunen Leibchen über einem langen, weiten Rock.
»Ich muss mit dir reden, Beata.«
»Snip?« Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Bist du das etwa, Snip?«
»Ja!«, rief er leise.
Sie wandte sich zum Gehen, doch er packte sie am Handgelenk und zog sie in den Schatten. Gerade liefen die Letzten den Pfad entlang, sie hatten es eilig, nach Hause zu kommen, und interessierten sich nicht für zwei junge Leute, die sich nach der Bußversammlung zu einem Stelldichein trafen. Beata versuchte ihren Arm zu befreien, doch er hielt ihn in festem Griff gepackt und zog sie tiefer hinein in die schwarzen Schatten der Bäume und Büsche neben dem Versammlungssaal.
»Lass los! Lass los, Snip, oder ich schreie!«
»Ich muss mit dir reden«, bat er sie flüsternd. »Komm mit!«
Stattdessen setzte sie sich gegen ihn zur Wehr. Er zerrte und schob, bis er endlich eine Stelle tiefer im Gestrüpp erreicht hatte, wo niemand sie sehen würde. Wenn sie sich still verhielten, würde sie auch niemand hören. Durch eine Lücke zwischen Gebüsch und Bäumen schien der Mond.
»Snip! Ich will nicht, dass du mich mit deinen dreckigen hakenischen Händen anfasst!«
Er drehte sich zu ihr um und ließ ihr Handgelenk los. Augenblicklich schoss ihr anderer Arm heran, um ihn zu schlagen. Das hatte er erwartet und bekam ihr Handgelenk zu fassen, woraufhin sie ihm jedoch einen deftigen Schlag mit ihrer anderen Hand versetzte.
Er schlug sofort zurück. Sein Schlag war alles andere als fest gewesen, trotzdem war sie vor Schreck wie gelähmt. Es galt als Verbrechen, wenn ein hakenischer Mann jemanden schlug. Er hatte wirklich nicht sehr fest zugeschlagen, schließlich war es nicht seine Absicht, ihr wehzutun, er wollte sie bloß überraschen, damit sie ihm genau zuhörte.
»Du musst mir zuhören«, knurrte er. »Du steckst in Schwierigkeiten.«
Im Mondschein konnte er das wütende Funkeln ihrer Augen deutlich sehen. »Du bist es, der in Schwierigkeiten steckt. Ich werde Inger erzählen, dass du mich ins Gebüsch gezogen und mich geschlagen hast, und dann…«
»Du hast Inger schon genug erzählt!«
Einen Augenblick lang war sie still. »Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon du sprichst, deshalb gehe ich jetzt. Ich habe nicht die Absicht, hier stehen zu bleiben und mich noch einmal von dir schlagen zu lassen, jetzt, wo du bewiesen hast, wie ekelhaft du zu Frauen sein kannst.«
»Du wirst mir jetzt zuhören, und wenn ich dich zu Boden werfen und mich auf dich setzen muss!«
»Versuch das bloß, du mickriger, kleiner Hänfling.«
Die Lippen fest aufeinander gepresst, versuchte Snip die Kränkung zu ignorieren.
»Beata, bitte! Würdest du mir bitte endlich zuhören? Ich hab dir
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