Die Seele des Feuers - 10
kaufen uns Pferde.«
Morley zog ein Gesicht. »Kannst du etwa reiten?«
Snip vergewisserte sich, dass keine Wachen in der Nähe waren. Er versetzte Morley einen leichten Stoß, damit es weiterging.
»Nein, aber ich schätze, das werden wir schnell genug lernen.«
»Schätz ich auch«, meinte Morley. »Aber lass uns zahme Pferde kaufen.«
Als sie die Straße erreichten, warfen sie beide einen letzten Blick auf das Anwesen.
»Ein Glück, dass wir von hier verschwinden«, meinte Morley. »Besonders nach dem, was heute hier passiert ist. Was bin ich froh, dass ich nicht mehr in diese Küche muss.«
Snip blickte seinen Freund stirnrunzelnd an. »Was redest du da?«
»Hast du nichts davon gehört?«
»Gehört? Was denn? Ich war in Fairfield und hab Nachrichten überbracht.«
Morley packte Snip am Arm, so dass sie gezwungen waren, keuchend stehen zu bleiben. »Von dem Feuer? Du hast nichts von dem Feuer gehört?«
»Feuer?« Snip war verwirrt. »Wovon redest du?«
Morley riss die Arme in die Höhe und erzeugte mit dem Speichel ein prasselndes Geräusch in der Kehle. Er breitete die Arme aus, offenbar, um die um sich greifenden Flammen nachzuahmen. »Plötzlich schoss es ungeheuer in die Höhe. Hat das ganze Brot verbrannt. Es wurde so heiß, dass ein Kessel geplatzt ist.«
»Nein«, meinte Snip erstaunt. »Wurde jemand verletzt?«
Morleys Gesicht verzog sich zu einem breiten, gehässigen Grinsen. »Gillie hat ziemlich schwere Verbrennungen abbekommen.« Er versetzte Snip einen Stoß in die Rippen. »Sie war gerade dabei, eine Soße zuzubereiten, als das Feuer verrückt zu spielen begann. Sie hat sich ihr hässliches Dörrpflaumengesicht verbrannt. Ihr Haar und alles brannte lichterloh.«
Morley lachte mit dem selbstzufriedenen Gefühl eines Menschen, der jahrelang auf Vergeltung gewartet hatte. »Es heißt, sie wird wahrscheinlich nicht überleben. Aber wenigstens wird sie für den Rest des Lebens entsetzliche Schmerzen haben.«
Snips Gefühle waren gemischt. Er empfand keinerlei Mitleid für Gillie, andererseits…
»Du solltest dich nicht so darüber freuen, dass eine Anderierin verletzt wurde, Morley. Das beweist bloß wieder unser hassenswertes hakenisches Wesen.«
Morley zog ein verächtliches Gesicht, und sie setzten sich abermals in Bewegung. Sie legten die gesamte Strecke rennend zurück und mussten sich dreimal in die Felder werfen, als eine Kutsche die Straße entlangkam. Sie versteckten sich entweder im Weizen oder im Zuckerrohr, je nachdem, welche Seite die beste Deckung bot. Dort blieben sie liegen und verschnauften, bis die Kutsche vorüber war.
In gewisser Hinsicht empfand Snip die Erfahrung des Fortlaufens eher als einen Akt der Befreiung denn als schreckliche Flucht. Weit weg vom Anwesen hatte er weniger Angst, gefasst zu werden. Jedenfalls nachts.
»Ich denke, wir sollten uns tagsüber verstecken«, meinte er zu Morley. »Wenigstens anfangs. Tagsüber verstecken wir uns unterwegs irgendwo, an einem Ort, wo wir sehen können, ob jemand kommt. Nachts können wir marschieren, ohne dass die Leute uns sehen, und wenn doch, werden sie nicht erkennen können, wer wir sind.«
»Aber was ist, falls uns jemand tagsüber findet, wenn wir schlafen?«
»Wir werden Wache stehen müssen. Genau wie die Soldaten. Einer von uns steht Wache, während der andere schläft.«
Morley schien Snips zwingende Argumentation für ein kleines Wunder zu halten. »Darauf wäre ich nie gekommen.«
Als sie sich den Straßen Fairfields näherten, wurden sie langsamer und gingen im Schritttempo weiter. Dort wussten sie sich ebenso sicher zu verstecken wie in den Feldern, wenn eine Kutsche die Straße entlangkam.
»Wir können uns Pferde besorgen«, meinte Snip, »und heute Nacht noch ein gutes Stück vorankommen.«
Morley dachte einen Augenblick nach. »Wie sollen wir aus Anderith herauskommen? Meister Campbell meinte, es gebe Orte, wo es keine Rolle spielt, dass wir Hakenier sind. Aber wie sollen wir an den Grenztruppen und den Dominie Dirtch vorbeikommen?«
Snip packte die Schulter von Morleys Wams und zog daran. »Wir sind Boten. Schon vergessen?«
»Na und?«
»Wir werden sagen, wir sind in offiziellen Geschäften unterwegs.«
»Boten haben offizielle Geschäfte außerhalb von Anderith?«
Snip ließ sich das eine Weile durch den Kopf gehen. »Nun, wer will schon das Gegenteil behaupten? Wenn wir sagen, wir seien in dringenden Geschäften unterwegs, kann uns niemand aufhalten, es sei denn, er erkundigt
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