Die Seele des Feuers - 10
uns. Sie reichen uns herum.«
Schwester Cherna ließ sich weinend zu Boden fallen. »Wir müssen diesen Männern als Huren dienen.«
Ann nahm ihre ganze Entschlossenheit zusammen. »Hört mir zu, ihr alle. Damit ist sofort Schluss. Von diesem Augenblick an seid ihr frei. Ihr seid wieder Schwestern des Lichts. Habt ihr mich verstanden? Ihr seid nicht länger seine Sklavinnen!«
»Aber was wird aus den anderen?«, wollte Schwester Rochelle wissen.
»Könnt ihr sie herbringen?«
Schwester Georgia reckte sich zu voller Größe empor. »Ihr wartet hier, Prälatin. Die Schwestern Rochelle, Aubrey und Kerena werden mich begleiten. Wir werden sehen, was wir tun können.« Sie bedachte die drei mit einem Blick. »Nicht wahr? Wir wissen, was wir zu tun haben.«
Die drei nickten. Schwester Kerena schob Ann eine Hand unter den Arm.
»Ihr wartet hier. Das werdet Ihr doch? Ihr wartet hier, bis wir zurück sind.«
»Ja, in Ordnung«, sagte Ann. »Aber ihr müsst euch beeilen. Wir müssen von hier fliehen, bevor die Nacht zu weit fortgeschritten ist, sonst erregen wir Verdacht, wenn wir durch das Lager ziehen, während alle anderen schlafen. Wir dürfen nicht warten bis…«
»Wartet Ihr nur«, meinte Schwester Rochelle mit ruhiger Stimme. »Wir werden uns um alles kümmern. Es wird sich alles fügen.«
Die Schwestern nickten; Ann stemmte die Fäuste in die Hüften.
»Wenn ihr zu lange fortbleibt, werden wir ohne euch aufbrechen müssen. Habt ihr verstanden? Wir dürfen auf keinen Fall…«
Schwester Rochelle legte Ann eine Hand auf die Schulter. »Wir werden rechtzeitig zurück sein. Wartet nur.«
Ann seufzte. »Möge der Schöpfer mit euch sein.«
Ann kauerte inmitten der Schwestern, die sich wieder in die Abgeschiedenheit ihrer eigenen Gedankenwelt zurückzuziehen schienen. Ihre anfänglich so überschwängliche Freude über ihr Erscheinen war abgeklungen. Sie wirkten wieder abweisend und teilnahmslos.
Ohne zuzuhören starrten sie vor sich hin, während Ann versuchte, ihnen einige der erfreulicheren Episoden ihrer Abenteuer zu erzählen. Amüsiert in sich hineinlachend hoffte sie, mit der Wiedergabe beschwerlicher Augenblicke ihr Interesse zu wecken oder wenigstens eine von ihnen zum Schmunzeln zu bringen. Vergeblich.
Keine der Schwestern stellte eine Frage oder erweckte auch nur den Eindruck, als höre sie ihr zu. Sie vermieden es sogar, ihr in die Augen zu sehen. In der Falle sitzenden Tieren gleich, kannten sie kein anderes Verlangen, als diesem Grauen zu entkommen.
Ann wurde mit jeder Minute unbehaglicher zumute. Hier, inmitten dieser Frauen sitzend, die sie so gut kannte, spürte sie mit jeder Minute deutlicher, wie sich ihr bei der Vorstellung, sie könnte sie vielleicht doch nicht ganz so gut kennen, wie sie geglaubt hatte, die Nackenhaare zu sträuben begannen.
Manchmal waren in der Falle sitzende Tiere zu verunsichert, das offene Gatter zu finden.
Als die Zeltöffnung zurückgeschlagen wurde, rückten sie schnell von ihr ab. Ann erhob sich.
Vier hünenhafte Männer traten geduckt ins Innere des Zeltes, verborgen unter einer Schicht aus Lederplatten, Gürteln, Riemen, über die Schultern gelegten Fellen und an den Gürteln baumelnden Waffen, und gefolgt von den Schwestern Georgia, Rochelle, Aubrey und Kerena. Die strähnigen, fettigen Mähnen der Männer peitschten von einer Seite auf die andere, als sie sich nach allen Seiten umsahen. Ihrem Auftreten nach schienen sie Ann Männer mit mehr Machtbefugnis zu sein als einfache Soldaten.
Schwester Rochelle zeigte in ihre Richtung. »Das ist sie. Die Prälatin der Schwestern des Lichts.«
»Rochelle«, knurrte Ann, »was hat das zu bedeuten? Was denkst du dir…«
Der Mann, der offenbar das Kommando führte, fasste sie am Kiefer und drehte, sie einer genauen Prüfung unterziehend, ihren Kopf erst nach links und dann nach rechts. »Ganz sicher?« Sein finsterer Blick wanderte zu Schwester Rochelle. »In meinen Augen sieht sie aus wie all die anderen Bettlerinnen auch.«
Schwester Georgia deutete ebenfalls auf Ann. »Wenn ich es Euch doch sage, sie ist es.« Die Augen des Mannes wandten sich Schwester Georgia zu, als diese fortfuhr: »Sie hat sich bloß so zurechtgemacht, um sich hier einschmuggeln zu können.«
Der Mann winkte die anderen Soldaten nach vorn. Sie brachten Handschellen und Ketten. Ann versuchte sich gegen sie zu sträuben, sich loszuwinden, doch die Soldaten hielten sie gleichgültig fest, packten ihre Handgelenke und zogen sie nach vorn,
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