Die Seele des Feuers - 10
aufgrund seines gesunden Menschenverstandes – stark an, dass sie vorhanden waren.
Ein letzter Blick über die Schulter auf Spinne, die aufmerksam dastand, die Ohren in seine Richtung gespitzt. Sie hob den Kopf, öffnete das Maul und wieherte. Zedd klopfte an.
Die Tür ging knarrend auf. Dahinter stand niemand.
»Herein«, ließ sich eine Stimme aus dem dahinterliegenden Dunkel vernehmen, »und sagt, was Euch hierher führt.«
Zedd trat in die Düsterkeit des finsteren Raumes. Durch den Schlitz im schweren Vorhang fiel nur wenig Licht, und die Helligkeit von der Tür schien schnell zu versickern, bevor sie sich weit ins Innere traute. Möbel konnte er keine erkennen, lediglich die Bodendielen, die sich im fernen Halbdunkel verloren, wo sie wartete.
Er drehte sich um, betrachtete den oberen Türrand und deutete mit knochigem Finger darauf.
»Ein netter Trick, das Seil, mit dem Ihr die Tür öffnet, während Ihr dort hinten bleibt. Sehr eindrucksvoll.«
»Wer seid Ihr, dass Ihr meinen Zorn herausfordert?«
»Euren Zorn herausfordern? Liebe Güte, nein. Das habt Ihr in den falschen Hals gekriegt. Ich bin hier, weil ich nach einer Hexenmeisterin suche.«
»Nehmt Euch mit Euren Wünschen in Acht, Fremder. Wünsche haben die unangenehme Eigenart, manchmal in Erfüllung zu gehen. Nennt Euren Namen.«
Zedd machte eine theatralische Verbeugung. »Zeddicus Z’ul Zorander.« Er neigte den Kopf zur Seite, um die Frau im Schatten mit einem Auge zu betrachten. »Und zwar der Oberste Zauberer Zeddicus Z’ul Zorander.«
Die Frau trat wankend ins Licht, einen erstaunten Ausdruck auf ihrem hübschen Gesicht. »Oberster Zauberer…«
Zedd setzte ein entwaffnendes Lächeln auf. »Franca Gowenlock, hoffe ich?«
Den Mund geöffnet, die Augen weit aufgerissen, war sie offenbar nur zu einem Nicken fähig.
»Sieh an, was Ihr gewachsen seid.« Zedd hielt seine Hand dicht unter seine Gürtellinie. »Ihr könnt unmöglich größer als so gewesen sein, als ich Euch das letzte Mal sah.« Sein bewunderndes Lächeln war aufrichtig. »Wie ich sehe, ist aus Euch ein überaus entzückendes Weibsbild geworden.«
Errötend hob sie ihre Hand und richtete ihr Haar. »Aber mein Haar ist längst ergraut.«
»Ein Hauch davon steht Euch sehr gut. Ganz bestimmt.«
Er meinte es ernst. Sie war tatsächlich eine attraktive Frau. Ihr beinahe schulterlanges Haar war nach hinten gebürstet, sodass ihre stolzen Züge aufs Vorteilhafteste zur Geltung kamen. Der Hauch von Grau an ihren Schläfen unterstrich ihre reife Schönheit nur.
»Und Ihr…«
»Ja«, meinte er seufzend, »ich weiß. Ich bin nicht ganz sicher, wann genau es passiert ist, aber aus mir ist ein alter Mann geworden.«
Sie trat näher, während das Lächeln auf ihrem Gesicht immer breiter wurde, und machte, den Saum ihres schlichten braunen Kleides ausbreitend, einen Knicks.
»Es ist mir eine Ehre, Euch in meinem bescheidenen Zuhause willkommen zu heißen, Oberster Zauberer.«
Zedd fuchtelte mit seiner Hand. »Davon will ich nichts hören. Wir sind alte Bekannte. Einfach Zedd genügt mir völlig.«
Sie richtete sich wieder auf. »Also gut, dann eben Zedd. Ich kann kaum glauben, dass der Schöpfer meine Gebete so unmittelbar erhört hat. Ich wünschte nur, meine Mutter lebte noch und könnte Euch noch einmal sehen.«
»Sie war ebenfalls eine wunderschöne Frau. Mögen die Gütigen Seelen über ihr frommes Wesen wachen.«
Strahlend ergriff Franca sein Gesicht mit beiden Händen. »Und Ihr seht noch genauso gut aus wie in meiner Erinnerung.«
»Wirklich?« Zedd drückte seine Schultern durch. »Nun, vielen Dank, Franca. Ich versuche, auf mich Acht zu geben. Mich regelmäßig zu waschen und dergleichen – mit Kräutern und speziellen Ölen, die ich gelegentlich ins Wasser gebe. Vermutlich erklärt das, wieso meine Haut noch so geschmeidig ist.«
»Ach, Zedd, Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie froh ich bin, Euch zu sehen. Dem Schöpfer sei Dank.« Sie hielt sein Gesicht noch immer in den Händen. Tränen traten ihr in die Augen. »Ich brauche Hilfe. Ach, Oberster Zauberer, ich benötige dringend Eure Hilfe.«
Er ergriff ihre Hände. »Seltsam, dass Ihr darauf zu sprechen kommt.«
»Ihr habt meiner Mutter geholfen, Zedd. Damals. Jetzt müsst Ihr mir helfen. Bitte. Meine Kraft ist versiegt, ich habe alles versucht, was mir in den Sinn kam, habe in Büchern über Zauberformeln, über Banne und Hexerei nachgeschlagen. Nichts davon hat etwas genützt. Ich musste diesen
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