Die Seele des Feuers - 10
Nase damit angestupst hatte. Die Albernheit dieser alten Heilerin, die ihm wie ein schelmisches kleines Mädchen einen Klecks Honig auf die Nase setzte, amüsierte ihn.
Schließlich fragte Ann: »Was wurde eigentlich aus deiner Katze – Lauer?«
Zedd legte nachdenklich die Stirn in Falten und versuchte sich zu erinnern. »Um die Wahrheit zu sagen, ich weiß es nicht mehr. Damals ging alles drunter und drüber. Der Krieg mit D’Hara – geführt von Richards anderem Großvater, Panis Rahl – stand kurz vor dem Ausbruch, das Leben Tausender von Menschen war in Gefahr. Ich war noch nicht zum Obersten Zauberer ernannt worden, und Erilyn war mit unserer Tochter schwanger. Vermutlich haben wir die Katze in all dem Durcheinander einfach aus den Augen verloren. Es gab in der Burg der Zauberer unzählige Orte, an denen Mäuse hausten. Wahrscheinlich war das Auflauern für sie reizvoller, als sich mit zwei aufdringlichen Menschen abzugeben.«
Zedd mußte schlucken, als diese schmerzlichen Erinnerungen hochkamen. »Als ich dann nach Westland übersiedelte und Richard geboren wurde, hielt ich mir als Erinnerung an Erilyn und an Zuhause stets eine Katze.«
Ann lächelte wohlwollend. Ihr Mitgefühl war echt. »Hoffentlich hast du nie eine ›Lauer‹ genannt, damit Richard nicht plötzlich einen Grund hat, sich an den Namen zu erinnern.«
»Nein«, meinte Zedd leise. »Das hab ich nie getan.«
15. Kapitel
»Schnipp-Schnapp«, rief Meister Drummond.
Die Lippen fest aufeinandergepreßt, versuchte Snip – erfolglos, wie er wußte – nicht rot zu werden. Höflich lächelnd trottete er an den kichernden Frauen vorbei.
»Ja, Sir?«
Meister Drummond deutete fuchtelnd mit der Hand in den hinteren Teil der Küche. »Schnapp dir noch etwas von dem Apfelbaumholz und schaff es ins Haus.«
Snip verbeugte sich mit einem »Ja, Sir« und begab sich zur Tür, die in den Wald hinausführte. Obwohl in der Küche ein Dunst aus wundervollen Wohlgerüchen herrschte, angefangen bei brutzelnder Butter, über Zwiebeln und Gewürze bis hin zum Duft schmorenden Fleisches, der einem das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ, war er froh über die Gelegenheit, den verkrusteten Kesseln entkommen zu können. Die Finger schmerzten ihm vom Kratzen und Schrubben. Froh war er auch deshalb, weil Meister Drummond kein Eichenholz verlangt hatte. Snip war erleichtert, daß er wenigstens einmal etwas richtig gemacht und genug Eichenholz hereingeschafft hatte.
Als er auf seinem Weg hinunter zum Apfelholzstapel durch Flecken warmen Sonnenlichts schlenderte, fragte er sich abermals, warum Minister Chanboor Beata hatte sehen wollen. Sie hatte zweifellos glücklich dabei ausgesehen. Frauen schienen ganz aus dem Häuschen zu geraten, sobald sie eine Gelegenheit erhielten, den Minister kennenzulernen.
Snip vermochte nicht zu erkennen, was an dem Mann so besonders war, schließlich wurde er schon alt und grau. Snip vermochte sich nicht vorzustellen, selber einmal so alt zu werden, daß er graue Haare bekam. Schon die Vorstellung ließ ihn angewidert die Nase rümpfen.
Als er am Holzstoß anlangte, fiel ihm etwas ins Auge. Er legte eine Hand an die Stirn, um seine Augen gegen das Sonnenlicht zu schützen, und spähte hinüber in den Schatten des Wendehammers. Erst hatte er gedacht, es sei nur eine weitere Warenlieferung, es war jedoch Brownie, der noch immer mitsamt Metzgerkarren dort wartete.
Er hatte in der Küche zu tun gehabt und wider besseres Wissen angenommen, Beata sei längst wieder aufgebrochen. Es gab ja jede Menge Türen, die nach draußen führten.
Seit sie nach oben gegangen war, mußte eine volle Stunde verstrichen sein. Wahrscheinlich wollte Minister Chanboor ihr eine Nachricht für den Metzger mitgeben – mit irgendeiner Sonderbestellung für seine Gäste. Gewiß war er längst mit ihr fertig.
Wieso stand aber dann der Karren noch dort?
Snip bückte sich und zog ein Apfelholzscheit aus dem Stapel. Er schüttelte verwirrt den Kopf. Wahrscheinlich erzählte Minister Chanboor ihr Geschichten. Snip nahm das nächste Scheit vom Holzstoß. Aus irgendeinem Grund hörten sich Frauen gerne die Geschichten des Ministers an, und er erzählte gerne. Immerzu unterhielt er sich mit Frauen und erzählte ihnen Geschichten. Manchmal, bei festlichen Abendessen und Feiern, scharten sie sich kichernd um ihn. Vielleicht wollten sie einfach nur höflich sein – schließlich war er ein wichtiger Mann.
Kein Mädchen verschwendete auch nur einen Gedanken darauf,
Weitere Kostenlose Bücher