Die Seele des Königs (German Edition)
dass er nicht mehr gejagt wurde. Aber dafür müsste er dieser Frau vertrauen – einer Frau, die ihn umzubringen versucht hatte.
Es würde auch bedeuten, dass er die Waffe abgeben musste – die einzige Waffe, die gegen die Ewiglichen eingesetzt werden konnte. Deswegen zögerte er – und fühlte sich wie ein Narr. Er war zu dieser Burg gekommen, weil er Freiheit suchte, oder? Und nun hatte er die Gelegenheit, sie zu erlangen.
Ich will frei sein , sagte er zu sich selbst. Aber ich werde mir diese Freiheit nicht eher nehmen, bis ich mir sicher bin, dass ich die Menschheit nicht verdamme, indem ich unsere einzige Möglichkeit zur Rettung aufgebe .
Am Ende musste er in der Lage sein, seiner Mutter mit reinem Gewissen gegenüberzutreten. Daher überdachte er still seine Ziele, während er sich weiter rasierte. Er würde die Freiheit finden und auch einen Platz, an dem er sich verstecken konnte, aber erst, nachdem er sich dieser Waffe auf die richtige Weise entledigt hatte. Vielleicht würde er sie in die Hände von jemandem legen, dem er vertraute und der damit kämpfen konnte.
Isa machte einen Schritt auf das Schwert zu. Siris ergriff es reflexartig und ließ dabei das Rasiermesser klappernd ins Waschbecken fallen.
» Sehr reizbar und empfindlich«, bemerkte sie, griff an ihm – und an dem Schwert – vorbei und nahm etwas in die Hand, das sich als Seifenschale aus massivem Silber herausstellte. Diese Bewegung brachte sie nahe an ihn heran. So nahe, dass er sich bereitmachte, ihre Hand wegzustoßen, falls sie versuchen sollte, ihm ein Messer in den Bauch zu rammen.
Sie machte einen Schritt zurück und hielt die Seifenschale gegen das Licht. Isas Duft blieb noch bei ihm. Kein Parfüm. Sie roch nach Leder und Wachs. Gute Gerüche.
Sie legte die Schale in ihre Tasche.
» Diebstahl?«, fragte er. » Du bist nichts anderes als eine gemeine Diebin?«
Isa warf sich die Armbrust über die Schulter. Sie trug die Waffe an einem Riemen. » Wohl kaum.«
» Was bist du dann?«, fragte Siris mit ehrlicher Neugier.
» Eine Person, die Dinge erledigt«, erwiderte sie, drehte sich um und ging auf die Tür zu.
» Gegen Bezahlung, vermute ich.«
» Es geht immer nur um die richtige Bezahlung«, sagte sie. » Wenn du Glück hast, zahlt am Ende jemand für dich. Ich warte unten, bis du dich entschieden hast, mich anzuheuern.«
Sie wollte gehen.
» Warte! Was hast du gerade gesagt?«
Sie schaute zurück zu ihm. » Es sieht wohl nicht so aus, als ob du bereit wärest, mir die Waffe zu geben …«
» Ich würde eher sterben, bevor du sie in die Hände bekommst.«
» Ich zweifle nicht daran, dass du das ernst meinst«, sagte sie, und in ihren Augen lag ein Funkeln. » Beantworte mir bitte die folgende Frage. Wie hast du den Weg zu dieser Burg gefunden?«
» Jedermann weiß, wo sie liegt. Man folgt einfach dem Fluss, bis man die Klippen erreicht.«
» Ich vermute, dass du dein kleines Dorf nie verlassen hast, bevor du hergekommen bist.«
» Warum hätte ich das tun sollen?«
Sie lächelte nur. » Ich weiß, wo alles liegt – alles –, und ich kann dich an alle Orte führen, die du aufsuchen willst. Vergiss das nicht, während du hier sitzt und nachdenkst – in einer Burg, die jeder finden kann, und mit einer Waffe, die jeder haben will.«
Sie schlenderte durch die Tür.
Was für eine seltsame Frau , dachte Siris und packte die Klinge der Unendlichkeit fester. Ihre letzten Worte hallten in ihm wider. In einer Burg, die jeder finden kann … eine Waffe, die jeder haben will …
Er dachte noch eine Weile nach, dann ging er auf die Suche nach Strix.
» Großer Meister«, sagte Strix, der neben dem zerschmetterten Thron stand. » Es ist so wunderbar, Euch wohlauf zu sehen. Der Angriff der Golems hat Euch nicht schwer verletzt, oder?«
Zuerst gab Siris keine Antwort darauf. Er umrundete den Thron, und unter seinen Schuhen knirschten die Marmorsplitter. Er hatte den gelbgesichtigen Teufler dabei angetroffen, wie dieser an dem geborstenen Thronsitz des Gottkönigs herumzerrte und ihn offenbar zu reparieren versuchte.
Siris ging um den Thron herum und trat auf den Teufler zu. Siris betrachtete Strix eine Weile, dann packte er den hageren Teufler an der Kehle, hob ihn hoch und warf ihn gegen die Überreste des Throns. In der anderen Hand hielt er die Klinge der Unsterblichkeit.
Die schwarzen Augen des Teuflers traten hervor, und er versuchte Luft zu holen. » Großer … Meister … warum …?«
» Wem dienst
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