Die Seele des Königs (German Edition)
versuchten nicht länger, einander umzubringen. Schade. Der Gottkönig konnte nichts mehr hören; die Übertragungssysteme waren während des Kampfes tatsächlich beschädigt worden.
Er brauchte dort mehr Notsysteme. Er hasste es, wenn er feststellen musste, dass er ungenügend vorbereitet gewesen war.
Er drückte einen Knopf auf dem Eingabefeld. Dadurch zerstörte er das gesamte Leerseelen-System in seiner alten Burg. Dieser eine Knopfdruck löschte alle Erinnerungen und setzte die Mechanismen in Gang, die zur Zerstörung der Leerseelen-Apparate führen würde. Nach wenigen Augenblicken waren alle Systeme in der Burg unrettbar verloren.
Auch die Kameras mussten abgeschaltet werden. Das war schade, aber er besaß andere Möglichkeiten, den Jungen im Auge zu behalten.
Der Gottkönig stand auf. » Kommt.« Zwölf Ritter in schwarzen Rüstungen folgten ihm, als er aus dem Raum schritt. » Es ist Zeit, dem Wirker einen Besuch abzustatten.«
» Die Ewiglichen werden dich nicht in Ruhe lassen«, sagte Isa. » Nicht solange du das Schwert besitzt.«
» Was weißt du denn schon über dieses Schwert?«, erwiderte Siris und klopfte seine Rasierklinge am Waschbecken aus.
Er hatte sich bis zur Hüfte entkleidet und stand in einem verblüffend luxuriösen Badezimmer. Anscheinend hatte der Gottkönig noch einen Abtritt benutzen müssen, obwohl er unsterblich war. Es gab einen silbernen in der Ecke. Der Spiegel war fast genauso hoch wie die Wand, das Waschbecken bestand aus Gold, und die polierten Rasiermesser waren unglaublich scharf. Isaline saß neben einer gewaltigen Badewanne und stellte das Wasser an und ab. Seine Mutter hätte gern eine so große Wanne gehabt, aber sie hätte sie zum Wäschewaschen benutzt. Das Wasser, das aus dem Hahn sprudelte, war warm .
» Nun, ich weiß, dass jemand das Schwert unbedingt haben will«, erwiderte Isa. » Die Golems wurden ausgesandt, um es zu besorgen. Es muss sehr wichtig sein.«
Er hob das Rasiermesser an seine Haut. » Eine nette Lüge. Du bist nur wegen des Schwertes hergekommen, nicht wahr?«
Isa saß steif da und gab keine Antwort.
» Also?«, fragte er.
» Gib es mir«, sagte sie, » und ich werde das Gerücht verbreiten, dass ich dich getötet und es an mich genommen habe. Man wird mir glauben. Und du wirst frei sein und in dein gewöhnliches kleines Leben zurückkehren.«
» Warum glaubst du, dass ich ein gewöhnliches kleines Leben führen will?«
» Du bist der Sohn eines Bauern oder so, Bärtchen. das gehört einfach dazu.«
Siris wusch die Rasierklinge ab und beobachtete Isa im Spiegel. Würde sie wieder die Armbrust auf ihn richten? Bisher hatte sie es nicht mehr getan, aber er hatte bemerkt, dass sie einen feinen Handspiegel in ihrer Tasche hatte verschwinden lassen.
» Du hattest deine Rache«, fuhr sie fort. » Der Gottkönig ist durch deine Hand gestorben.«
» Das also glaubst du mir endlich?«, fragte er trocken.
» Natürlich. Warum denn nicht? Du siehst wirklich ein bisschen wie ein Gottestöter aus.« Sie betrachtete seine Brust im Spiegel und lächelte anerkennend in sich hinein. Er widerstand dem Drang, sein Hemd zu packen und es sich rasch überzustreifen. Angestarrt zu werden war eine unvertraute Erfahrung für ihn.
Niemand sollte mich so ansehen , dachte er. Ich sollte es ihr zeigen und sie zwingen, sich vor mir zu verneigen. Ich …
Er unterdrückte diesen Gedanken; die Rasierklinge war an seiner Wange wie festgefroren. Woher waren denn diese Gedanken gekommen?
» Du hast es einfach getan«, sagte Isa. Sie stand auf und schlenderte zu ihm herüber. » Du hast den Gottkönig getötet. Herzlichen Glückwunsch. Es ist dir doch wohl klar, dass jetzt jeder Ewigliche auf der Welt wegen dieser Klinge Jagd auf dich machen wird, oder?«
Er sagte nichts.
» Willst du etwa nicht, dass es vorbei ist?«, fragte sie. » Geh zurück zu deiner Familie und deinen Freunden, Siris. Geh und sei ihr Held. Ich nehme das Schwert und lege eine falsche Spur. Niemand wird auf den Gedanken kommen, dich – und diejenigen in deiner Heimat, die dich lieben – mit dem Mann in Verbindung zu bringen, der den Gottkönig umgebracht und seine Reichtümer gestohlen hat.«
» Ich habe bereits versucht zurückzugehen«, sagte er leise.
Sie sah ihn fragend an.
Dennoch war ihr Angebot verlockend. Zumindest könnte er sich irgendwo anders ein neues Leben aufbauen. Vielleicht wäre es ihm sogar möglich, hin und wieder seine Mutter zu besuchen, sobald er sich sicher war,
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