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Die Seele des Königs (German Edition)

Die Seele des Königs (German Edition)

Titel: Die Seele des Königs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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nötig.«
    Gaotona zögerte, dann kniete er sich neben den Tisch. » Dieses Schnitzwerk, diese Einlegearbeiten … das gehört nicht zum Original.«
    » Ich habe vielleicht ein wenig hinzugefügt.«
    Sie war sich nicht sicher, ob die Fälschung Bestand haben würde oder nicht. In einigen Minuten könnte sich das Siegel auflösen und der Tisch in seinen früheren Zustand zurückkehren. Doch sie vermutete, dass sie die Vergangenheit des Tisches genau genug erraten hatte. Einige der Geschichtsbücher, in denen sie las, erwähnten, welche Geschenke woher gekommen waren. Sie nahm an, dass dieser Tisch vom weit entfernten Svorden als Gastgeschenk zu Kaiser Ashravans Vorgänger gekommen war. Die angespannte Beziehung zu Svorden hatte dann dazu geführt, dass der Kaiser ihn weggestellt und vergessen hatte.
    » Ich habe keine Ahnung, um welches Möbelstück es sich dabei handeln soll«, sagte Gaotona, der noch immer den Tisch betrachtete.
    » Warum solltet Ihr es wissen?«
    » Ich habe die alten Künste eingehend studiert«, sagte er. » Stammt er aus der Vivare-Dynastie?«
    » Nein.«
    » Ist es eine Nachahmung der Arbeit von Chamrav?«
    » Nein.«
    » Was dann?«
    » Nichts«, sagte Shai verärgert. » Dieser Tisch ist überhaupt keine Nachahmung, sondern nur eine bessere Version seiner selbst.« Das war einer der Grundsätze einer guten Fälschung: Verbessere das Original, und jedermann wird die Täuschung hinnehmen, gerade weil sie besser als das Original ist.
    Gaotona erhob sich und wirkte verwirrt. Er glaubt wieder, dass ich mein Talent verschwende , dachte Shai wütend und schob einen Stapel mit Berichten über das Leben des Kaisers beiseite. Sie waren auf ihren Wunsch hin von den Palastdienern zusammengesucht worden. Shai wollte nicht nur die offiziellen Geschichten lesen; sie brauchte keine sterilen Wiederholungen, sondern Authentizität.
    Gaotona ging zurück zu seinem Stuhl. » Ich kann nicht einsehen, warum die Umwandlung dieses Tisches keine Arbeit war, auch wenn es sicherlich sehr viel einfacher als das war, was wir von dir verlangen. Mir hingegen scheint beides gleichermaßen unglaublich zu sein.«
    » Die Veränderung einer menschlichen Seele ist weitaus schwieriger.«
    » Das kann ich vom Grundsatz her nachvollziehen, aber ich kenne schließlich nicht die Einzelheiten. Warum ist das so?«
    Sie warf ihm einen raschen Blick zu. Er will mehr über das wissen, was ich mache , dachte sie, damit er es mitbekommt, wenn ich meine Flucht plane . Natürlich wusste er, dass sie zu entkommen versuchen würde, aber sie taten beide so, als hätte der andere keine Ahnung davon.
    » In Ordnung«, sagte sie, stand auf und ging zur Wand ihres Zimmers. » Wir wollen ein wenig über Fälschungen reden. Euer Käfig für mich hatte vierundvierzig verschiedene Steinarten, die hauptsächlich dazu dienen sollten, mich abzulenken. Ich hätte die Herstellung und den Ursprung eines jeden einzelnen Quaders herausfinden müssen, wenn ich einen Ausbruchsversuch hätte unternehmen wollen. Warum?«
    » Natürlich damit du die Wand hättest fälschen können.«
    » Aber warum hätte ich alle Steinarten fälschen müssen? Warum hätte ich nicht nur einen oder ein paar Quader verändern können? Und warum hätte ich nicht einfach ein Loch und einen Tunnel erschaffen können, der groß genug für mich ist?«
    » Ich …« Er runzelte die Stirn. » Ich habe keine Ahnung.«
    Shai legte die Hand gegen die Wand ihres Zimmers. Sie war bemalt, aber an manchen Stellen blätterte die Farbe ab. Shai spürte die einzelnen Steine. » Alle Dinge existieren in drei unterschiedlichen Bereichen, Gaotona: im Physischen, im Kognitiven und im Spirituellen. Das Physische ist das, was wir spüren und was vor uns liegt. Das Kognitive ist die Art, wie wir einen Gegenstand betrachten und wie er sich selbst betrachtet. Im Bereich des Spirituellen befinden sich die Seele eines Gegenstandes – sein Wesen – und die Verbindungen, die er mit den Dingen und Menschen um ihn herum besitzt.«
    » Du musst wissen«, meinte Gaotona, » dass ich deinen heidnischen Aberglauben nicht teile.«
    » Ja, Ihr betet stattdessen die Sonne an«, sagte Shai. Es gelang ihr nicht, den Spott aus ihrer Stimme fernzuhalten. » Oder eher achtzig Sonnen – weil Ihr glaubt, dass jeden Tag eine andere aufgeht, auch wenn sie alle gleich aussehen. Nun, Ihr wolltet wissen, wie das Fälschen funktioniert und warum es so schwierig ist, die Seele des Kaisers zu reproduzieren. Die vorhin genannten

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