Die Seele des Königs (German Edition)

und durchblätterte einen Ordner voller Papiere. » Allen Berichten zufolge sind Sie eine sehr bemerkenswerte und sehr … vernünftige Person. Wir möchten uns für Ihre bisherige Behandlung entschuldigen und werden dafür sorgen, dass Sie es bald viel bequemer haben werden.«
    » Ich spüre, dass es gleich um einen Handel gehen wird«, sagte Ivy.
    » Ich heiße Salic«, sagte der Mann. » Ich repräsentiere eine gewisse Gruppe mit Interessen, die sich mit den Ihren decken könnten. Haben Sie schon einmal von der MNLF gehört, Mister Leeds?«
    » Das ist die Moro National Liberation Front oder Nationale Befreiungsfront der Moros«, sagte Tobias. » Es handelt sich um eine revolutionäre philippinische Gruppe, die für einen eigenen Nationalstaat kämpft.«
    » Ich habe davon gehört«, sagte ich.
    » Gut«, meinte Salic. » Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Wir besitzen den Apparat, nach dem Sie suchen, aber wir haben Schwierigkeiten mit seiner Bedienung. Wie viel würde es uns kosten, wenn wir uns Ihrer Hilfe bedienen möchten?«
    » Eine Million US -Dollar«, sagte ich ohne zu zögern.
    » Verräter!«, spuckte Monica aus.
    » Sie bezahlen mir nicht einmal etwas, Monica«, sagte ich amüsiert. » Sie können es mir nicht vorhalten, wenn ich ein besseres Geschäft annehme.«
    Salic lächelte. Er glaubte tatsächlich, dass ich Monica hinterging, ohne mit der Wimper zu zucken. Manchmal ist es sehr hilfreich, den Ruf eines einsiedlerischen, amoralischen Spinners zu haben.
    Dabei bin ich eigentlich bloß ein Einsiedler. Und vielleicht auch ein Spinner. Aber wenn dies zusammenkommt, gehen die Leute davon aus, dass man überdies keine Moral kennt.
    » Die MNLF ist eine paramilitärische Organisation«, fuhr Tobias fort. » Sie üben aber nicht viel Gewalt aus, weswegen ihr gegenwärtiges Vorgehen umso erstaunlicher ist. Der hauptsächliche Streit mit der philippinischen Regierung wird wegen religiöser Fragen geführt.«
    » Ist das nicht immer so?«, fragte J. C. mit einem Grunzen, während er die Neuankömmlinge eingehend betrachtete. » Dieser Knabe trägt eine Waffe«, sagte er und deutete mit dem Kopf auf den Anführer. » Und die anderen auch, glaube ich.«
    » Eigentlich könnte man die MNLF als philippinische Version der IRA oder der Hamas ansehen«, fuhr Tobias fort. » Die Letztere ist ihr eher vergleichbar, denn die MNLF wird oft als islamische Organisation angesehen. Die meisten Bewohner der Philippinen sind römisch-katholisch, aber die Region Bangsamoro – in der die MNLF operiert – ist islamisch geprägt.«
    » Bindet ihn los«, sagte Salic und deutete auf mich.
    Seine Männer machten sich an die Arbeit.
    » Er lügt«, sagte Ivy.
    » Ja«, pflichtete Tobias ihr bei. » Ich glaube … ja, er kommt nicht von der MNLF . Vielleicht versucht er, ihr diese Aktion in die Schuhe zu schieben. Stephen, die MNLF ist sehr dagegen, Zivilisten in Gefahr zu bringen. Sie ist schon bemerkenswert. Es handelt sich um Freiheitskämpfer, aber sie haben einen strikten Kodex, der ihnen vorschreibt, gegen wen sie Gewalt anwenden dürfen und gegen wen nicht. Sie haben sich noch vor Kurzem für eine friedliche Abspaltung ausgesprochen.«
    » Das wird sie nicht bei allen ihren Anhängern populär machen«, sagte ich. » Gibt es Splittergruppen?«
    » Was ist los?«, fragte Salic.
    » Nichts«, antwortete ich und rieb mir die Handgelenke. » Danke. Ich würde diesen Apparat sehr gerne sehen.«
    » Hier entlang bitte«, sagte Salic.
    » Bastard!«, rief Monica mir nach.
    » Keine Schimpfwörter!«, sagte Ivy und schürzte die Lippen. Sie und meine anderen Aspekte folgten mir nach draußen, und die Wächter schlossen die Tür und ließen Monica allein in dem Zimmer zurück.
    » Ja …«, sagte Tobias, während er hinter den Männern herging, die mich die Treppe hinauf geleiteten. » Stephen, ich glaube, hier handelt es sich um die Abu Sajaf. Sie wird angeführt von einem Mann namens Khadaffy Janjalani und hat sich von der MNLF abgespalten, weil sie der Abu Sajaf nicht weit genug ging. Janjalani ist vor Kurzem gestorben, und die Zukunft der Bewegung ist unsicher, aber sein Ziel war es, in der Region einen rein islamischen Staat zu schaffen. Er betrachtete die Tötung eines jeden, der sich ihm entgegenstellte, als einen … eleganten Weg, seine Ziele zu erreichen.«
    » Klingt nach einem Treffer«, sagte J. C. » In Ordnung, Dürrer, du musst nur Folgendes tun. Versetz dem Knaben hinter dir einen Tritt, wenn er die nächste Stufe