Die Seele heilen
gesetzliche Krankenversicherungen die Kosten im ambulanten Bereich für die Behandlung mit Verhaltenstherapie und mit tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Psychotherapie. Diese Therapieverfahren stelle ich Ihnen im Folgenden vor. In manchen Kliniken werden zusätzlich zur verhaltenstherapeutischen oder tiefenpsychologischen Therapie die Interpersonelle Therapie (IPT), Gesprächspsychotherapie (GT) oder andere Psychotherapieformen angeboten.
SABINE WEHNER-ZOTT
Psychotherapie in der Klinik – Erfahrungsbericht
In der psychiatrischen Klinik hatte ich zweimal pro Woche Gruppentherapie und kann sagen, dass sie mir persönlich nicht besonders gutgetan hat. Erstens war es für mich anfangs hart, eine dreiviertel Stunde auf einem Stuhl zu sitzen und einem Gespräch zu folgen. Und die Leidensgeschichten, die mir meine Mitpatienten von ihrer Depression erzählten, belasteten mich zusätzlich. Nach jeder Sitzung fühlte ich mich noch depressiver als vorher. Was mir jedoch oft guttat, war die ab der zweiten Woche ein- bis zweimal wöchentlich stattfindende Einzeltherapie. Hier konnte ich eine Stunde lang erzählen, was mich quälte, und das allein entlastete mich zumindest für eine Weile, bis sich die dunklen Wolken wieder über meinem Gemüt zusammenzogen.
Therapeuten
Schon bei den ersten Therapiegesprächen merkte ich jedoch, dass die positive Wirkung einer Therapie auch von dem jeweiligen Therapeuten abhängt. Bei einem Therapeuten, der mich anfangs behandelte, hatte ich manchmal nicht den Eindruck, dass er mich wirklich verstand. Ich machte mir größte Sorgen um unsere Finanzen und da half es mir nicht, von ihm zu hören, dass es in anderen Ländern viele Menschen gibt, die noch viel ärmer sind als ich. Er riet mir, ich solle versuchen, eine andere Einstellung zum Besitz zu bekommen. Das half mir in dieser Zeit ebenso wenig, wie es einer Patientin mit akuten Essstörungen nützen würde, wenn eine idealgewichtige Therapeutin ihr sagte, es sei doch ganz leicht, ab- beziehungsweise zuzunehmen, man müsse schließlich nur die richtige Menge gesunder Kalorien zu sich nehmen.
Einer anderen Therapeutin gelang es jedoch, mich zumindest für die Zeitdauer der Therapiestunde ein wenig aus meinem depressiven Loch zu holen, indem sie sich mit mir auf die Suche nach dem machte, was noch gut in meinem Leben war. Ich wünschte mir mehr von dieser Art Therapie, was aber im Therapieplan nicht vorgesehen war. Deshalb bat ich die Ärzte, mich in ein anderes Krankenhaus zu überweisen. Und nach knapp vier Wochen war ich stabil genug für die Verlegung in eine psychosomatische Klinik.
Differenziertes Angebot
Mir gefiel es in dieser Klinik viel besser. Das lag sicher zum einen daran, dass mir die Ärzte in der psychiatrischen Klinik das richtige Antidepressivum verordnet hatten und es mir dadurch inzwischen wieder besser ging. Aber es macht auch einen Unterschied, ob man zusammen mit schwer Depressiven auf Station ist oder mit Leidensgenossen, die das Schlimmste schon überwunden haben. Außerdem gab es hier auch Mädchen mit Magersucht und ich empfand es als angenehm, dass sich nicht alles um das Thema Depression drehte. Dass ich mich in der psychosomatischen Klinik viel wohler fühlte, lag aber sicher auch daran, dass hier das Therapieangebot viel differenzierter war. Es gab Einzeltherapie, regelmäßige Gespräche mit den Schwestern, Gruppentherapie, Kunsttherapie, Konzentrative Bewegungstherapie, gemeinsames Kochen und gemeinsame Ausflüge sowie ein vielfältiges Sport- und Entspannungsangebot. Und in den Therapien ging es nun auch nicht mehr nur um meine Angst, zu verarmen, sondern es wurde behutsam angefangen nachzuschauen, was in meiner Lebensgeschichte dazu beigetragen haben könnte, dass ich eine solche Angst überhaupt entwickelt hatte.
Eine Hand mit sechs Fingern
In der psychosomatischen Klinik hatte ich eine hervorragende Therapeutin in Konzentrativer Bewegungstherapie. Sie ließ uns bestimmte Themen entweder kreativ mit Gegenständen oder in Bildern darstellen und interpretierte dann das, was so entstanden war. Eine Stunde ist mir besonders im Gedächtnis geblieben. Jeder Teilnehmer dieser Gruppensitzung sollte sich mit seinen Händen beschäftigen, sie erst sanft berühren, eincremen und sie dann aus dem Gedächtnis malen. Als die Therapeutin mein Bild meiner rechten Hand anschaute, sagte sie: »Sie haben sich ja sechs Finger gemalt.« Das war mir nicht aufgefallen, aber es stimmte. Im Einzelgespräch
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