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Die Seele heilen

Die Seele heilen

Titel: Die Seele heilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Wehner-Zott , Hubertus Himmerich
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werden. Das ist wichtig, um festzustellen, ob bestimmte Störungen tatsächlich auf das Antidepressivum zurückzuführen sind oder vielleicht schon vorher bestanden haben. Da Nebenwirkungen in den meisten Fällen am Anfang der Therapie auftreten, sind im weiteren Verlauf meist weniger Kontrolluntersuchungen nötig.
    SABINE WEHNER-ZOTT
Erste Erfahrungen mit Antidepressiva
    Als ich in die Klinik eingeliefert wurde, verordnete mir der Arzt gleich im ersten Gespräch ein Antidepressivum und teilte mir mit, wann ich zur Medikamenteneinnahme am Schwesternzimmer erscheinen sollte. In meinem »normalen« Leben hatte ich immer versucht, alle Wehwehchen mit Hausmitteln zu kurieren. Jetzt sollte ich ein Antidepressivum schlucken und man traute mir nicht einmal mehr zu, dass ich es allein einnahm. Das schien mir in meiner Depression noch ein weiterer Beweis dafür, dass ich überhaupt nichts mehr wert war. – Ich ließ es über mich ergehen. Nur das empfohlene Beruhigungsmittel wollte ich nicht einnehmen und die Ärzte waren in diesem Fall auch bereit abzuwarten. Ich wurde also nur mit einem Antidepressivum behandelt, das ich jeden Abend unter den wachsamen Augen der Schwester um 21 Uhr schlucken musste.
    Am Anfang war ich nur müde
    Zunächst merkte ich keine positive Wirkung des Medikaments. Meine innere Unruhe ließ vielleicht ein klein wenig nach, aber sie wurde durch eine so bleierne Müdigkeit ersetzt, dass es mir in der ersten Woche nicht gelang, irgendwo zu sitzen, ohne einzunicken. Diese Müdigkeit war zwei Wochen lang die einzige Wirkung, die ich spürte. Die Welt um mich herum blieb dunkel und meine Probleme trieben mich weiter um.
    Es war gut, dass ich quasi gezwungen wurde, die Antidepressiva regelmäßig einzunehmen. Ich selbst hätte das im akuten Zustand der Depression sehr wahrscheinlich nicht geschafft, weil ich durch die Krankheit zu unstrukturiert geworden war, um feste Zeiten einzuhalten, und weil ich in der ersten Zeit keine positive Wirkung der Medikamente spürte. Außerdem war ich ja ohnehin davon überzeugt, dass alles sinnlos wäre. Nachdem ich aber die erste Zeit durchgestanden hatte, konnte ich nach zirka zweieinhalb Wochen wenigstens zeitweise wieder »normal« denken und war somit auch für therapeutische Gespräche besser erreichbar. Eine nicht erwünschte Nebenwirkung setzte jedoch auch ein: Ich nahm ziemlich an Gewicht zu. Das belastete mich allerdings erst später. Zunächst war ich froh, dass sich mein Befinden langsam besserte.
    Endlich Besserung
    Mehr und mehr ließen nun die Schlafstörungen nach, meine Antriebslosigkeit und die ängstliche Unruhe gingen zurück und die schwarzen Wolken der depressiven Verzweiflung lichteten sich. Es gab allmählich immer mehr Stunden am Tag, in denen mir mein Leben nicht mehr nur sinnlos erschien. Haben Sie deshalb Geduld und widersetzen Sie sich der durch die Depression bewirkten Hoffnungslosigkeit, die Ihnen vielleicht einreden will, dass die Medikamente nicht helfen würden.
    Auch wenn es Ihnen schließlich besser geht, darf Sie das nicht dazu verleiten, die Medikamente abzusetzen, nach dem Motto: »Jetzt fühle ich mich wieder gut, da brauche ich die Tabletten nicht mehr.« Sonst ergeht es Ihnen wie einer meiner Mitpatientinnen. Sie war nach einigen Wochen überzeugt davon, wieder gesund zu sein, und setzte die Medikamente auf eigene Faust und von einem Tag auf den anderen ab. Daraufhin erlitt sie einen schweren psychischen Einbruch, der ihre Heilung verzögerte. Denn obwohl sich die Stimmung durch die Medikamente verbessert, dauert es eine geraume Zeit, bis sie eine nachhaltige Wirkung entfalten und das Gleichgewicht der Neurotransmitter wiederherstellen.
    Exkurs: Biologische Therapieverfahren
    Nicht nur Psychopharmaka, auch Schlafentzug, Lichttherapie und die Elektrokrampfbehandlung beeinflussen biologische Vorgänge im Gehirn, etwa die Ausschüttung von Neurotransmittern und die Erregungsweiterleitung innerhalb einer Nervenzelle. Deshalb bezeichnet man diese Verfahren als »biologische Therapieverfahren«.
    Schlafentzugsbehandlung : Beim Schlafentzug, auch Wachtherapie genannt, bleiben die Patienten eine ganze Nacht lang oder ab etwa 1 Uhr wach. Wenn Sie sich einer Schlafentzugsbehandlung unterziehen, merken Sie sehr wahrscheinlich bereits am folgenden Tag eine deutliche Besserung Ihrer Stimmung. Um die gewünschte Wirkung zu erzielen, ist aber wichtig, dass Sie sich am Folgetag nicht hinlegen, sondern damit warten, bis Ihre gewohnte Schlafenszeit

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