Die Seele heilen
Und sie hat die Gabe, das Negative, das bei der Therapie aus der Tiefe der Vergangenheit manchmal aufsteigt, ernst zu nehmen, aber nicht zu dramatisieren, sondern es sozusagen abzuklopfen auf das darin vielleicht versteckte Positive. Zudem hatte sie für mich den rein praktischen Vorteil, dass ich mit dem Rad zu ihrer Praxis fahren konnte. Mir hat die Therapie mit ihr sehr gut getan. Eine Freundin, der ich meine Therapeutin empfahl, konnte aber nicht so viel Gewinn aus der Behandlung ziehen wie ich.
Sie sehen also, die Therapeutenauswahl ist eine sehr persönliche Sache.
Zunächst sprach ich mit meiner Therapeutin über mein aktuelles Problem und wir erarbeiteten gemeinsam Strategien, die mir den Weg zurück in mein »normales« Leben erleichtern würden. Später ging es ans »Eingemachte«, das heißt in die Vergangenheit.
Wurzeln in der Kindheit
Mithilfe der Therapie ist mir klar geworden, dass ich die Angst, nicht genug Geld zu haben, und das Gefühl, mit meinen Sorgen um die Finanzierung des Hauses nicht ernst genommen zu werden, schon aus der Kindheit kannte. Geld war immer knapp gewesen, vieles, was ich mir gewünscht hätte, konnten wir uns nicht leisten. So fühlte ich mich als Außenseiterin. Und oft wurde ich von meinen Eltern mit meinen kleinen und großen Sorgen nicht ernst, ja nicht einmal wahrgenommen. Auch meine Überzeugung, immer etwas leisten zu müssen, hat wohl ihre Wurzeln in meiner Herkunftsfamilie. Schon als Kind hatte ich entdeckt, dass ich dann Aufmerksamkeit bekam, wenn ich etwas leistete. Aber auch Erfolge stärkten nicht mein Selbstvertrauen, sondern sie schienen mir nur noch mehr zu beweisen, dass nicht ich, sondern nur meine Leistung wichtig war.
Es war manchmal anstrengend, auf Entdeckungsreise in meine Vergangenheit zu gehen, da alte Verletzungen noch einmal in mir hochkamen. Aber als ich dann erkannte, dass die Gefühle, die ich in der Depression in extrem übersteigerter Form durchlitten hatte, an jene Gefühle anknüpften, die ich schon als Kind kannte, empfand ich das als Erleichterung. Mir wurde klar, dass meine persönliche Vergangenheit zwar oft auch mein gegenwärtiges Verhalten beeinflusst, dass ich diesem Einfluss aber nicht hilflos ausgeliefert bin, sondern mein Verhalten bewusst verändern kann.
Raus aus den Kinderschuhen
In der Therapie versuchten wir zu erarbeiten, dass ich ja nicht mehr das hilflose Kind von früher war, und selbst wenn sich die Situation jetzt ähnlich entwickeln sollte wie damals, hatte ich jetzt, als erwachsene Frau, viel mehr Möglichkeiten, damit umzugehen. Ich lernte, wieder auf mich zu vertrauen. Und wir suchten in der Therapie keine »Schuldigen« für meine jetzige Situation. Vielmehr entwickelte ich ein Verständnis dafür, dass die Personen, die mir als Kind nicht das gaben, was ich mir gewünscht hätte, wie ich eingebunden waren in ihr Leben und dessen Zwänge, von denen sie sich nicht frei machen konnten. Insofern konnte ich ihnen vergeben. Die Therapeutin machte sich mit mir darüber hinaus auch auf die Suche nach dem, was mir von meiner Herkunftsfamilie an Gutem und Wertvollem mitgegeben war. Und in diesem Zusammenhang arbeiteten wir auch heraus, was in meinem Leben geglückt war. Dabei wurde mir wieder bewusst, dass das eine ganze Menge ist.
Weitere therapeutische Maßnahmen
Manchmal kann es auch förderlich sein, die Therapie noch zu ergänzen. Was mir auch heute noch im Alltag gut hilft, sind zum Beispiel die Verhaltenstipps der Kognitiven Verhaltenstherapie ( siehe [→] ), um mit Frust, Ärger, übersteigertem Verantwortungsgefühl oder Schuldgefühlen im Alltag umzugehen. Hilfreich war für mich hier vor allem das Buch »Feeling Good. Depressionen überwinden« von David D. Burns. Es gibt Anleitungen dafür, wie man den Kreislauf der negativen Gedanken, der die Stimmung so stark beeinträchtigen kann, durchbricht.
Zudem gönne ich mir alle acht bis zwölf Wochen eine Einzelstunde in Konzentrativer Bewegungstherapie. Diese Methode ist für mich, die ich eher kopfgesteuert bin, eine gute Ergänzung, da in der KBT Probleme spontan, sozusagen aus dem Bauch heraus, dargestellt werden ( siehe auch [→] ).
Es gibt viele Möglichkeiten, die erreichte Stabilität zu stützen. Eine Mitpatientin geht beispielsweise alle vier Wochen zum therapeutischen Malen in die Klinik, eine andere besucht die Nachsorgegruppentherapie. Jeder muss für sich selbst herausfinden, was ihm guttut. Dabei ist aber zu beachten, dass ein Zuviel an
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