Die Seele heilen
mir helfen.« Und schon habe ich außer der Tatsache, dass die Küche unordentlich ist, noch zusätzlich ein Problem mit meinem Selbstwertgefühl.
Dieses »Bei-der-Sache-Bleiben« ist nicht einfach und damit es gelingt, ist es wichtig, nicht an der eigenen Befindlichkeit hängen zu bleiben, sondern auch das Gegenüber in den Blick zu nehmen.
Das Verhalten der anderen richtig deuten
In der Therapie übte ich, diese automatisch auftauchenden verzerrten Gedanken, die mein Wohlbefinden so stark beeinträchtigen konnten, zu erkennen und ihnen die Macht über mich zu nehmen. Eine hilfreiche Übung war dabei, mich in mein Gegenüber hineinzuversetzen und mir zu überlegen, welches wohl die Motive für sein Handeln sind.
Diese Empathieübung förderte in den meisten Fällen zutage, dass es durchaus nicht das erklärte Ziel meines Gegenübers ist, meinen Wert herabzusetzen, sondern er oder sie verhält sich in einer für mich unakzeptablen Weise, um einen Vorteil für sich zu erzielen. Räumen also unsere Söhne die Küche nicht auf, dann tun sie das nicht, weil sie mich verletzen und herabsetzen wollen, sondern weil für sie eine aufgeräumte Küche nicht so wichtig ist und sie im Augenblick lieber am Computer sitzen oder lesen möchten. Dieses Verhalten entspricht nicht meinen Vorstellungen, aber wenn es mir gelingt, es als das zu sehen, was es ist, nämlich Ausdruck eines jugendlichen Hedonismus, spare ich mir eine Menge Energie. Dann kann ich mich um das Problem an sich kümmern und muss mich nicht noch zusätzlich damit abmühen, mein verletztes Selbstwertgefühl wieder ins Lot zu bringen. Ich nehme der Auseinandersetzung die Emotionalität und kann dadurch selbstbewusster auftreten und somit auch mehr erreichen.
Die anderen nicht überfordern
Energie sparen Sie sich auch, wenn Sie von Ihren Menschen nur das fordern, was diese auch wirklich leisten können. Es ist ein Unterschied, ob Ihre Lieben etwas nicht tun, weil es für sie unbequem ist, oder drastisch gesagt, weil sie zu faul dazu sind, oder ob sie sich weigern, weil das Geforderte ihrer Natur widerspricht. Im ersten Fall rentiert sich Hartnäckigkeit. Wenn Sie dranbleiben und auf Erfüllung bestehen, wird der Widerstand Ihrer Lieben zu überwinden sein.
Wenn Sie aber von Ihren Mitmenschen etwas verlangen, das nicht deren Naturell entspricht, wird es schwierig. Wenn ich zum Beispiel von einem meiner Söhne erwarte, dass er jedes Mal, wenn er mit dem Kochen dran ist, ein Vier-Gänge-Menü auf den Tisch zaubert, oder wenn ich darauf bestehe, dass er Fisch kocht, obwohl er keinen mag, dann wird er das nicht leisten können und wollen. Wenn ich aber ihm überlasse, was er kochen will, dann sparen wir uns viele unnötige Auseinandersetzungen. Und so fällt es ihm auch viel leichter, die übertragene und übernommene Aufgabe zu erfüllen.
SABINE WEHNER-ZOTT
Umgang mit Freunden und Bekannten
Obwohl das Wissen über Depressionen in der Bevölkerung zugenommen hat, erleben depressive Menschen ihre Krankheit oft immer noch als Stigma, dessen sie sich schämen und das sie vertuschen wollen. Tun Sie das nicht. Denn:
Erstens lässt sich nichts auf Dauer verheimlichen und irgendwann kommt doch alles ans Tageslicht.
Zweitens vergeuden Sie mit dem Versuch, Ihre Krankheit geheim zu halten, unnötig Energie, die Sie besser zur Überwindung der Krankheit einsetzen.
Und drittens verlangen Sie Ihrer Familie eine ungeheure Leistung ab, wenn sie nicht nur lernen muss, mit Ihrer Krankheit klarzukommen, sondern die Krankheit noch dazu verheimlichen soll.
Stehen Sie also zur Diagnose Depression und machen Sie Ihre Situation nicht noch schwieriger, als sie ohnehin schon ist.
Was alles auf Sie zukommen kann
Wenn Ihre Depression am Abklingen ist, werden Sie sich wieder der Welt öffnen und auch wieder Bekannte und Freunde sehen. Bei manchen wird das Wiedersehen ganz selbstverständlich sein und Ihnen guttun. Andere werden sich aus Gedankenlosigkeit oder Unsicherheit so verhalten, dass sie eher negativ auf Sie wirken. Manche wollen ihre Anteilnahme zeigen, sind dabei aber ungeschickt. Scheuen Sie sich in solchen Fällen nicht, zu sagen, welches Verhalten Ihnen angenehmer wäre. Offenheit in dieser Hinsicht erleichtert das Zusammensein.
Manche Zeitgenossen wollen aus Angst vor den Abgründen der eigenen Seele alle Details der Erkrankung haarklein erzählt haben, um sich zu versichern, dass sie selbst keine Depression haben oder bekommen. Diesen können Sie aus Ihrer Erfahrung heraus
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