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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Morgen, und Cornelius hätte so sitzen mögen bis zum Jüngsten Tag.

    Vierundzwanzig Stunden später war Toni über den Berg. Das Fieber war abgeklungen, und er bekam genügend Luft durch das Glasröhrchen. Nachdem die Schwellung weit genug zurückgegangen war, entfernte Cornelius das Röhrchen und nähte die Wunde. Nichts blieb außer einer leichten Heiserkeit in Tonis Stimme. Und einer Liebe, die in dieser schicksalhaften Nacht gewachsen und tiefer geworden war.
    Aus den Lebenserinnerungen der Dominikanernonne Anna Maria Junius zu Bamberg, niedergeschrieben im Jahr 1652
Als es in den Sommer hinein gangen, da hat endtlich die böße Peßtilentz an Krafft verlorn. Nach Kiliani haben nur noch wenige sterben müßen. Die geistlich Obrigkeyt hat stoltz verkünden laßen, das läg daran, daß man in der kurtzen Zeyt von drey oder vier Wochen an die dreyßig Druden und Zaubrer hett verprennet. Alßo hett der Böse Feindt gemerckt, daß er mit der Kranckheyt nichts außrichten kunnt und kleyn beygeben müßen. Ich erinner mich noch, daß damalß die hochachtbarn Herrn von der Malefitz-Comißion in der Wirtschafft zum Schwartzmann den 150ten Brandt gefeiert haben, bey Wein, Pastethen und Sauerfleisch. Es kam nemlich die Wirts-Magd am nechsten Tagk zu uns ins Kloßter geloffen, um für die Armen die Reste der Mahlzeyt zu bringen, da hat sie’s ertzählet. Alßo müßen da wol schon 6 biß 7 Hundertt im Fewer geplieben sein, Gott erparms.
Daß aber das große Sterb in der Stadt auffgehöret hat, war auch Verdienst unßers jungen Physicus, der hatte einen Wegk gefunden, die Kinder zu heylen: Er stach ihnen nemblich mitten in den Halß hinein, daß widerumb Lufft in ihre Lungen dringen kunnt. Und er gab ihnen gegen die trockene Hitz ein Pulfer, das aus der Newen Weltt geschickt worden ist und den Körper von innen her kühlet. Das halff so gut, daß einer von den Comißären ein Mal auff dem Marckt gemeinet hat, es ging nit mit rechten Ding zu, ob es wol Hexen-Zeugk und der jung Weinman ein Drudner seye. Da haben vil Leutt, die dabey standen, auffgemurrt und den guthen Doctor in Schutz genomen. Er hett vil Leben gerettet, sagten sie, und es seye ihnen gleich, wer ihme dabey geholffen hett, der Teuffel oder die Dreyfaltigkeyt, Haupt-Sach ihre Kinder lebten noch. Da hat der Commißär fein geschwigen und ist davon geschlichen. Das war das erst Mal, daß die Bamberger gegen einen von den Hexenprennern sich gewandt haben.
Um die selbe Zeyt ist es wol auch geweßen, daß in der Stadt erstmalß die Red umbgangen ist, der hochwürdig Herr Fürßt Bischoff seye schwermüthig worden. Man hat gemunckelt, es hett an dem Tagk begonnen, alß sie den Leichnamb des Sternschauers auß dem Geyerswörth getragen und beim Schwartzen Kreutz verscharrt haben. Man wollt ihn nit innerhalb der Mauern begraben, weil zu befürchten standt, er möcht alß Wiedergänger zurück kehrn. Es hieß, seit deme sperre sich der gnedige Herr Fürßt Bischoff jede Nacht mit seinem Mohrn und drey Wachen im Zimmer ein, ließe die Fenßter verramlen und überall Schalen mit Weihwaßer aufstelln, auß Angst, der Teuffel möcht auch ihn holn. Damalß hat keiner so recht glauben mögen, daß ein solch heyligmäßiger Mensch wie unßer guther Herr Fürßt Bischoff den Satan fürchten müßt. Dennoch haben wir den gantzen Augußt über teglich eine Messe für ihn geleßen, wie unß von ihme auffgetragen war. Dabey haben wir schon so vil Seelmessen für die armen todten Kinderleyn haltten müßen, daß der Tagk hett zwölff Stunden mehr haben sollen.
An Mariä Himmel-Fahrt ist eine Schweßter von den Würtzburger Dominickanerinnen zu unß komen, die hat Nachricht bracht, daß zu Würtzburg auch der Teuffel sein Unweßen triebe. Dortten wärn auch schon vil hundert Leutt im Fewer gerichtet worden. Und es sey bald noch schlimmer alß bey unß. »Zu Würtzburg prennen sie sogar Kinder« hat sie berichtet. Daß es Got erparm!
An den Großen Kriegk, der in den teutschen Landen nun schon weitt über zehn Jahr getobet, hat damalß kaum einer gedacht. Die paar ausgedihnten oder versehrten Landtsknecht, die, oft mit iren Weybern und Kindern, hier durch zogen sind, haben irn Almoßen oder Schlaffplatz bekomen und sind dann zum Betteln weitter nach Nürnbergk geschicket worden. Niemands hat vil darüber nachgedacht. Ach, aber wir wußten nit, daß der Krieg von dießem Sommer im Jahr 30 an immer näher rücken sollt …

Judengasse und Regnitzufer, Anfang Oktober 1630
    Thea stand in

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