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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Beigericht
so nimm gesudelten Schweiß,
der macht den Magen gar heiß.
Und nimm aus Kieseln das Fett,
das ist gut fürs Mädel, so das Hüftweh hätt.
Und nimm Brombeer und was sonst gering,
das ist das allerbeste Ding.
Und bist du nicht dumm und taub,
so nimm dazu grünes Weinlaub.
Dann musst du nehmen Binsen,
Liebstöckelein und Minzen.
Das sind gute Würze
für die großen … «
»Fürze«, krächzte Toni grinsend.
»Die Fersen vom Stieglitz, von der Mücke die Füße,
das gibt dem Brei die nötige Süße.
Das ist gut, man nennt es genau
Ein überaus feines Allerleirauh.
Ach, und versalz nur nicht
Das köstliche Gericht!«
    Toni schob den Löffel weg und schüttelte den Kopf. »Satt«, flüsterte er.
    Viel hatte er nicht gegessen. Johanna trug enttäuscht den Napf weg. Als sie wiederkam, war Toni eingeschlafen. Sie legte die Hand auf seine Stirn; das Fieber schien etwas zurückgegangen. Ob das ein gutes Zeichen war? Müde setzte sie sich auf einen Stuhl und lehnte sich zurück. Ein Lied kam ihr in den Sinn, das vor Kurzem ein blinder Fiedler und sein junges Weib auf dem Marktplatz gesungen hatten, mit einer seltsam schönen, traurigen Melodie. Sie versuchte sich an die Worte zu erinnern und nickte dabei ein.

    Am Morgen ging es Toni besser.

Mohrenapotheke, am nächsten Tag
    In aller Herrgottsfrühe kam Cornelius vorbei. Als er Antoni sah, fiel ihm ein Stein vom Herzen. »Siehst du, Hanna«, sagte er, »wenn man es nur früh genug bemerkt und die richtigen Mittel zur rechten Zeit anwendet, ist die Krankheit zu besiegen.«
    Sie machte ihm die Arzneien für den Tag fertig und packte alles in den Deckelkorb, den er mitgebracht hatte. »Das wird reichen, hoffe ich. Die Halslatwerge fehlt, weil ich gestern keine mehr ansetzen konnte. Heute koche ich neue.«
    Er sah sie besorgt an. »Überarbeite dich nicht, hörst du? Wenn dein Körper geschwächt ist, steckst du dich leichter an. Und du hast einen Kranken im Haus. Auch wenn er über den Berg scheint, kümmere dich gut um ihn. Er darf auf keinen Fall aufstehen. Und jetzt muss ich weiter. Der kleine Balthasar vom Schlosser Imhoff hat gefährlich hohes Fieber. Was ist eigentlich mit dem Zeug, das du dir aus Amsterdam schicken lassen wolltest?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Es müsste schon längst hier sein.«
    »Gib sofort Bescheid, wenn es da ist. Wenn die Kinder nicht ersticken, dann sterben sie am Fieber. Dieses Pulver könnte viele Leben retten.«
    Dann war Cornelius schon fast zur Tür hinaus.
    »Kommst du heut Abend noch einmal?«, rief sie ihm nach.
    »Sobald ich kann. Wird aber wohl spät.«

    Den ganzen Tag über machte Cornelius Krankenbesuche. Seit die Rachenbräune in der Stadt war, konnte er sich kaum noch um die üblichen Leiden und Beschwerden der Leute kümmern, auch nicht um Verletzungen und Wunden. Das überließ er inzwischen dem Bader, mit dem er eine Absprache getroffen hatte und dem er Medikamente und Anweisungen gab. Der junge Arzt war zutiefst niedergeschlagen, weil er oft nicht mehr helfen konnte. Er haderte mit sich und dem Stand des medizinischen Wissens, aber auch mit Gott und der Vorsehung. Was hatten diese Kinder getan, dass sie so elend sterben mussten? Warum strafte der Himmel ausgerechnet die Kleinsten und Schwächsten? Er konnte keinen Grund dafür finden. Vor einiger Zeit hatte er Pater Kircher darauf angesprochen, doch auch der hatte nur stumm den Kopf gesenkt. »Ich weiß es nicht, mein Freund«, hatte er gemurmelt, »ich weiß es wirklich nicht. Manchmal möchte selbst einer wie ich an Gott verzweifeln.«
    Natürlich sagten viele, auch die böse Krankheit sei das Werk der Hexen. Ein weiterer Schachzug des Teufels, der ja besonders gern unschuldige Kinderseelen holte. Bereits am Anfang, als der Würger die ersten Opfer gefordert hatte, waren besorgte Bürger zu den Priestern gelaufen, hatten um Rat und Hilfe gebeten. Cornelius wusste, dass eine geistliche Abordnung des Weihbischofs Förner zu mehreren Kranken gekommen war, um festzustellen, ob Hexenzauber im Spiel war. Zu diesem Zweck hatten sie eine geweihte Kerze entzündet, über der Flamme in einem gusseisernen Löffel ein paar Brocken Blei erhitzt und diesen Löffel über den nach Luft ringenden Kindern kreisen lassen. Dann hatten sie das flüssige Blei unter dem Absingen von Psalmen schwungvoll in eine Schüssel mit kaltem Wasser geschüttet. An der Form, die das Metall beim Erkalten annahm, so hatten sie erklärt, würde man den Ursprung der Erkrankung erkennen können. Sah

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