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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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würde. Irgendwann standen sie auf und gingen fröhlich plaudernd am Ufer entlang heimwärts.
    Am Pfahlplätzchen stockte plötzlich Hannas Schritt. Thea folgte ihrem Blick den Kaulberg hinauf und drückte dann ganz fest ihren Arm. Auch sie hatte das Paar, das ihnen da ungehörigerweise Hand in Hand entgegenkam, sofort erkannt. Es waren Hans Schramm und Maria Dietmayer. Schramm dachte nicht daran, Marias Hand loszulassen; im Gegenteil, er zog sie noch näher an seine Seite und ging unbeirrt weiter auf die beiden Schwestern zu.
    »Kopf hoch«, raunte Thea. »Lass dir bloß nichts anmerken!«
    Die Bemerkung wäre gar nicht nötig gewesen. Johanna ging aufrecht, erhobenen Hauptes und festen Schritts weiter. Sie sah Schramm direkt in die Augen, und er erwiderte trotzig ihren Blick. Nur die kleine Maria Dietmayer errötete und sah verlegen zu Boden. Dann waren die beiden vorbei.
    »Das hab ich mir gedacht«, meinte Thea verächtlich. »Jetzt, wo ihr Vater im Drudenhaus sitzt, wittert er Morgenluft und macht sich wieder an die Maria heran. Dabei weiß doch jeder, dass ihm der Jakob Dietmayer das Haus verboten hat.«
    Johanna zuckte mit den Schultern. Seit Schramm in seinem schönen neuen Haus in der Langen Gasse wohnte, waren sie sich öfters auf der Straße begegnet. Sie hatten sich jedes Mal stumm zugenickt, das war alles gewesen. Heute hatte sie ihn das erste Mal zusammen mit der Frau gesehen, die er gern heiraten wollte, und sie war selber überrascht, dass sie bei diesem Anblick so gar nichts empfand. »Mit tut die kleine Dietmayer beinahe leid«, sagte sie. »Jetzt ist er vielleicht verliebt in sie, und er sieht natürlich das Geld und das Ansehen ihrer Familie. Aber ein Mensch ändert sich nicht. Er ist und bleibt hart und kalt wie Eis. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine auf Dauer mit ihm glücklich werden kann.«
    »Da magst du recht haben.« Thea fingerte nach dem Hausschlüssel, der unter der Schürze an ihrem Gürtel hing. »Sei froh, dass du ihn los bist. Ich glaub, der Mann bringt Unglück.«

    Gegen Abend lief Johanna eilig heimwärts. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie den halben Tag mit ihrer Schwester vertändelt hatte, wo doch in der Apotheke die Arbeit wartete. Rasch überquerte sie die Obere Brücke und den Gewölbegang, der unter dem Brückenturm des auf Pfählen gebauten Inselrathauses durchführte. Dann war sie mit ein paar Schritten beim Eingang der Apotheke. Wie es seit Kinderzeiten ihre Gewohnheit war, sah sie prüfend zu dem Mohren hoch, als ob er denn hätte weglaufen können, und sperrte auf.
    Drinnen war niemand, Toni trieb sich wohl noch irgendwo mit seinen Freunden herum. Sie trat in die Offizin, als sie plötzlich Kampfgeräusche hörte: das Trampeln von Füßen auf knirschendem Kies, unterdrückte Ausrufe, kleine Schmerzensschreie. Es kam von draußen im Apothekersgarten. Johanna erschrak. Schnell schlich sie sich auf Zehenspitzen zur Hintertür, die halb offen stand, sah misstrauisch hinaus – und musste sich das Lachen verbeißen. Drüben unter dem alten Walnussbaum sprangen Toni und Cornelius herum, jeder mit der Hälfte eines zerbrochenen Besenstiels bewaffnet. Sie lieferten sich ein fröhliches Degengefecht wie zwei wilde Landsknechte.
    »Da, nimm!«, schrie Cornelius und drang mit seiner morschen Waffe auf Toni ein, der zurückwich und stürmisch mit seinem Besenstiel fuchtelte, an dem noch ein paar Reiser flatterten.
    »Stirb, elender Wicht«, kreischte Toni im höchsten Diskant zurück, parierte die Schläge seines Gegners und ging dann seinerseits zum Angriff über. Cornelius stolperte rückwärts über einen Eimer, verlor das Gleichgewicht und ruderte mit beiden Armen. »Erbarmen!«, flehte er, aber da hatte Toni ihn schon gnadenlos mit seinem Besenstiel gegen die Brust gepiekt.
    »Aaah! Ich bin getroffen!« Cornelius griff sich mit beiden Händen an die Brust, ließ sich hinfallen, blieb auf dem Rücken liegen und spielte toter Mann.
    Johanna ging zu den beiden hinaus, die Hände in die Hüften gestemmt. »Herrje, Cornelius Weinmann, dass du solch ein Kindskopf bist, hab ich gar nicht gewusst«, lächelte sie. »Und du, Toni, hab ich dir nicht gesagt, dass du in der Kräuterkammer Ordnung machen sollst?«
    »Ich musste erst noch einen Angriff der Schweden abwehren«, gab Toni mit tiefernster Miene zurück und stieß Cornelius, der immer noch reglos dalag, verächtlich mit der Schuhspitze an. »Mausetot«, meinte er achselzuckend. Cornelius hob den Kopf und

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