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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Ende schon in der Stadt?
    »Du sagst ja gar nichts.« Schramm kitzelte sie leicht am Ohr.
    »Ich mach mir Sorgen um dich«, erwiderte sie. »Ist das nicht gefährlich, mit den Hexen Umgang zu haben? Musst du unbedingt wieder nach Zeil?«
    Er lachte. »Keine Angst. Mir geschieht schon nichts. Und außerdem ist das eine gute Gelegenheit für mich, zu zeigen, was ich kann. Schau, wenn ich mich in Zeil bewähre, dann bin ich für den Rat bestimmt die erste Wahl für die Nachfolge des Stadtschreibers. Dann kommt keiner mehr um mich herum, wenn der alte Schmeltzing aufhört. Er hat jetzt schon so schlimm die Gicht in den Fingern, dass er an manchen Tagen kaum die Feder halten kann. Und dann steht unserer Hochzeit nichts mehr im Weg.«
    Johanna seufzte und kuschelte sich an Schramms Schulter. »Ach, das wäre schön. Aber trotzdem, versprich mir, dass du vorsichtig bist.«
    Er küsste sie leicht auf den Mund. »Natürlich. War ich jemals unvernünftig?« Dann stand er auf. »Ich muss jetzt heim. Morgen in aller Herrgottsfrühe geht’s wieder nach Zeil. Drei Befragungen stehen schon wieder an, eine gütliche und zwei peinliche. Denen legen wir schon ordentlich das Handwerk, darauf kannst du dich verlassen.«
    Johanna brachte ihren Verlobten hinaus und umarmte ihn zum Abschied. »Pass auf dich auf, Hans, Gott schütz dich.«
    »Wir sehen uns am Sonntag nach der Messe.«
    Mit diesen Worten wandte Schramm sich um und ging. Johanna sah ihm nach, bis er im Schein der nächsten Feuerpfanne um die Ecke zur Langen Gasse verschwand.

Apothekersgarten, 20.November 1626
    Der erste Frost hatte die prallen blauen Früchte der Schlehdornbüsche an der Mauer des Apothekergartens mit einer glitzernden weißen Reifschicht belegt. Johanna hatte die Beeren eigens so lange hängen lassen, weil sie wusste, das erst die Eiseskälte ihren herben Geschmack mildern würde.
    »Halt näher heran, Toni!« Sie warf eine Handvoll Schlehen in den geflochtenen Korb. Kalt war es, und Johannas Finger waren schon ganz rot und steif.
    »Die Schlehe verwendet man hauptsächlich bei Verstopfung und bei Darmkrämpfen«, dozierte sie. »Als du klein warst, hab ich dir ganz oft Schlehentee zu trinken gegeben, wenn du Bauchweh hattest. Immer drei Nussschalen voll getrockneter Früchte auf einen Becher siedendes Wasser. Sirup lässt sich auch gut daraus machen, er hilft gegen das Reißen in den Gliedern. Bei Fieber und Erkältungen kann man ihn auch mit Kamillen- und Holunderblüten mischen. Und die gute Schlehenmarmelade, die wir immer von der Lindenbäuerin auf dem Markt kaufen, kennst du ja.«
    »Mmh.« Antoni schleckte sich über die Lippen.
    Eine Kinderstimme meldete sich. »Wenn man Durst hat, dann helfen Schlehen auch. Man muss eine essen und den Kern lang im Mund lutschen, das ist sauer und macht viel Spucke.«
    Johanna drehte sich um. Neben Toni mit seinem Korb stand Mariele, das Mädchen aus dem Hinterhaus. Die Kleine lebte zusammen mit ihrem alten Großvater und der ledigen Mutter in dem einzigen beheizbaren Raum eines einfachen Nebengebäudes, das zur Apotheke gehörte. Weil es bitter arme Leute waren, mussten sie dafür nicht zahlen, dafür wusch Marieles Mutter die Wäsche für die Apothekersfamilie. Die Neunjährige war ein merkwürdiges Kind. Zu klein für ihr Alter, immer barfuß, immer schmutzig, das Haar verfilzt und das Gesicht rotzverschmiert. Nie hörte man sie kommen, sie tauchte plötzlich bei den Leuten auf wie aus dem Boden gewachsen. Sie verbrachte viel Zeit allein im Garten und spielte stundenlang mit Steinchen, Käfern und Grünzeug. Was sie am Leibe trug, waren eher Lumpen als Kleider, aber sooft Johanna dem Kind ein Hemdchen oder einen Leibrock schenkte, verkaufte der Großvater die Sachen, um sich ein paar Krüge Bier in der Schänke zu leisten. Jetzt stand das Mädchen da, selber überrascht über ihre lange Rede, und sah mit großen Augen Johanna und ihren Bruder an.
    »Du, wenn ich dich erwische, dass du von unseren Schlehen naschst, dann kannst du was erleben!« Antoni stellte seinen Korb ab und baute sich vor der Kleinen auf. Die zog eine Grimasse und streckte ihm die Zunge heraus. In dem Augenblick bewegte sich etwas in Marieles zerschlissener Schürzentasche.
    »Was hast du denn da?« Toni griff blitzschnell hin und förderte einen großen laubgrünen Frosch zutage.
    »Gib den zurück!« Mariele ging mit geballten Fäusten auf den Jungen los, der mit triumphierendem Geheul das zappelnde Tier hoch über seinen Kopf hielt. Mit

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