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Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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Fähnlein Soldathen von der Katholischen Liga in die Stadt einzogen, lautter grimmig Landtsknecht, ein jeder mit Mußket und Spieß und Schwertt. Die haben ihr Lager in den Straßen auff geschlagen, hatten ihre Weiber und Kinder dabey, und manche nit nur ein Weib, sondern gar irer zwey oder drey. Haben alle Keller leer gesoffen, nichts alß Lärm gemacht und Spott-Lieder auff die Schweden gesungen. Wir haben all gedacht, wie soll unß ein solch jemmerlicher Hauffen Sauffköpf wohl retten?
Item dann haben wir alle nur noch gebanget und gewarttet.

Bamberg, 31.Januar, 1. und 11.Februar 1632
    Adam Appler stapfte missgelaunt durch den Nieselregen. Die dünne Schneedecke auf dem Kopfsteinpflaster des Grünen Markts begann aufzuweichen und war glitschig wie glasiger Froschlaich, sodass er mit seinen abgelaufenen Winterstiefeln ein paar Mal ausrutschte und sich gerade noch fing. Einkaufen hatte er wollen, Zwiebeln, ein Säckchen Graupen, vielleicht drei, vier Eier. Aber seit diese vermaledeiten Bauern in die Stadt geflüchtet waren und alles leer fraßen, und jetzt zu allem Überfluss auch noch die Landsknechte da waren, gab es nur noch wenig Lebensmittel, und die zu Preisen, dass einem die Ohren schlackerten. Leise schimpfend zog Appler von Stand zu Stand, kaufte schließlich ein Mäßlein getrocknete Erbsen und einen billigen schwarzen Winterrettich. Er würde auch diesen Winter überstehen, das schwor er sich. Schließlich war er zäh, und er hatte schon schlimmere Zeiten hinter sich gebracht. Die Schweden, wenn sie denn kämen, würden einem armen alten Krauterer wie ihm schon nichts tun, die hatten es auf die Reichen und die Weiber abgesehen. Und sie würden nicht lang bleiben, das taten sie nirgends, wie man hörte, zog das Hauptheer jedes Mal nach ein paar Wochen wieder weiter.
    Appler hielt sein Weidenkörbchen mit den Einkäufen gut fest, während er mit kleinen, vorsichtigen Schritten über den Markt heimwärts tippelte. Ihn fror, aber für Holz konnte er in dieser teuren Zeit kein Geld ausgeben. Daheim würde er gleich wieder in sein klammes Bett schlüpfen. Er blieb kurz stehen, um zu verschnaufen, und beobachtete dabei zwei Tauben, die mit dickplusterigem Gefieder auf einem leeren Bretterstand hockten. Sie flogen weg, und als sein Blick ihnen folgte, entdeckte er den Apothekersjungen, wie er mit einem großen Bündel unter dem Arm auf das Doktorhaus zusteuerte. Was der Bursche wohl dauernd dort wollte? Seit Appler ein Auge auf das Haus geworfen hatte, war ihm schon öfters aufgefallen, dass der junge Wolff den Doktor besuchte, sogar abends, wenn es schon finster war. Dabei lebte der Junge doch jetzt bei den Jesuiten, wie man hörte, und durfte bei Dunkelheit bestimmt nicht mehr draußen sein. Appler ging ein paar Schritte auf den Jungen zu; vielleicht konnte er ja ins Doktorhaus hineinspähen, wenn die Tür aufging.
    In dem Augenblick rutschte Toni aus und fiel hin. Das Bündel ging auf und der Inhalt fiel in den nassen Schnee. Appler kniff die Augen zusammen. Ein Buch sah er, und – Frauenkleider. Ja, ganz sicher, da war ein schwarzsamtenes Mieder, und ein Rock aus grünem Stoff, den Rest konnte er nicht erkennen. Er beeilte sich, näher zu kommen, aber der Junge rappelte sich flugs hoch. Er sah sich mit schnellem, ängstlichem Blick um, sammelte eilig die Sachen auf und verschwand im Doktorhaus, noch bevor Appler ihn erreichen konnte.
    Nachdenklich stand der Alte eine Weile an der Stelle, wo Toni hingefallen war. Dann bückte er sich und hob etwas auf. Es war ein feines, weißes Taschentüchlein, bestickt mit einer kleinen Blumenranke. Und einem Monogramm: J. W.
    Und da wusste Adam Appler plötzlich, was im Haus des jungen Doktors vor sich ging.

    Eine Viertelstunde später stand der Alte vor dem Haus des Schultheißen Gottfried von Pappenheim und pumperte beharrlich gegen die Tür, bis endlich oben ein Fenster aufging.
    »Herrgottszeiten«, schrie der Stadtrichter, »kann einer sich nicht mal mittags in Ruhe aufs Ohr legen, wenn früh Verhandlung war? Was willst du?«
    »Ich hab was zu melden«, schnarrte Appler.
    Der Schultheiß rollte mit den Augen und schloss das Fenster. Kurz darauf öffnete er die Tür und ließ den alten Bastschneider in seine Amtsstube. »Und? Ich will hoffen, dass es wichtig ist!«
    Der Alte zögerte. »Gibt’s Belohnung, wenn man eine entflohene Drud anzeigt?«, fragte er schließlich lauernd.
    Der Richter zuckte die Schultern. »Das liegt in meinem Ermessen. Wen willst du denn

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