Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Seelen im Feuer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
Vom Netzwerk:
ich hab geglaubt, ich könnt’s überstehen. Aber am Schluss haben sie gesagt, jetzt müssen wir wieder mit allem von vorn anfangen, man sieht’s ja, der Teufel ist mit ihm. Und dann«, er fing an zu weinen, »und dann … Maria, ich bereu’s ja, aber ich hab nicht mehr anders gekonnt, dann … «
    Sie strich ihrem Vater über den Kopf wie einem Kind. »Was war dann, Vater?«
    »Dann hab ich ihnen erzählt, dass ich ein Drudner bin. Und du. Und das Mariele.«
    Die Reußin saß wie vom Schlag gerührt. »Du? Deshalb sind wir hier? Dein eigenes Kind hast du angezeigt? Deine Enkeltochter?« Sie packte den Alten an den Schultern und schüttelte ihn. Er schrie vor Schmerz, bis sie ihn wieder losließ. »Du bringst uns um!«
    Der alte Pfeifer weinte.

    Zur selben Zeit war der Stadtknecht mit Mariele auf dem Weg zum Verhörzimmer des Hexenhauses. Schwarzcontz und Vasold warteten bereits dort, und auch Hans Schramm hatte schon seinen Platz am Schreibertischlein eingenommen, die Feder angespitzt und den Deckel des Tintenfässleins hochgeklappt. Sorgfältig malte er die Überschrift in großen Lettern aufs Papier:
    Protocollum. Marie Reußin, Kind.
    Inquisitionis Professae.
    Actum zu Bamberg in dem obersten Frag-Zimmer, den Freitag vor Judica anno 28.
    Praesentibus: Doctores Vasold et Schwarzcontz, scriptor Joh. Schramm.
    Er knickte das Papier in der Mitte längs ein und schrieb dann auf der linken Seite Quaestio und rechts Responsum . Dann legte er den Gänsekiel weg und sah erwartungsvoll die Hexenkommissare an. Das Verhör konnte beginnen.
    Mariele wurde vom Büttel auf einen Hocker gesetzt. Das verängstigte Kind wagte nicht, den Blick zu heben. Sie schniefte, rieb die nackten Füße aneinander und machte sich auf ihrem Platz ganz klein.
    Schwarzcontz gab Vasold ein Zeichen, dass er die Sache übernehmen würde. Schließlich hatte er selber zwei Söhne und wusste mit Kindern umzugehen.
    »So, du bist also das Mariele«, begann er mit freundlichem Lächeln. »Wie alt bist du denn?«
    Die Kleine sah hoch. »Zehn«, antwortete sie mit schüchterner Piepsstimme.
    »Und wo wohnst du?«
    »Hinter der Apotheke, im Häuschen neben dem Kräutergarten.« Jetzt traute sich Mariele erstmals, den Hexenkommissar anzusehen. »Wo ist meine Mama?«, fragte sie.
    Schwarzcontz zeigte wieder sein Wolfslächeln. »Die habe ich derweil zu deinem Großvater bringen lassen. Später kannst du zu ihr. Aber erst wollen wir uns noch ein bisschen unterhalten, hm?«
    Das Mädchen nickte, und der Kommissar fuhr fort.
    »Weißt du denn, wer dein Vater ist, mein Kind?«
    Mariele tat wichtig. »Natürlich«, sagte sie im Brustton der Überzeugung. »Er war ein schöner junger Prinz, der auf seinem Pferd durch die Stadt geritten kam. Und er musste fort, in den bösen Krieg, bevor ich zur Welt kam.«
    »Aha«, meinte Schwarzcontz. Er drehte sich zu Schramm um und instruierte ihn mit leiser Stimme: »Schreibt: Weiß nicht, wer ihr Vater ist.«
    Mariele fühlte sich langsam sicherer. Der Mann im schwarzen Umhang war freundlich, und die anderen taten ihr auch nichts. Sie entspannte sich.
    »Sag«, kam die nächste Frage, »hast du jemals deine Mutter oder den Großvater durch die Luft fliegen sehen?«
    Das Kind wunderte sich. »Nein. Bloß Vögel oder Mücken«, antwortete es ernst.
    »War einmal Besuch bei euch, einer mit Bocksfuß oder Hörnern?«
    Mariele kicherte. »Der Meck von der alten Bierdümpflin ist einmal hereingekommen und hat das Suppengrün weggefressen, da haben wir ihn verjagt.«
    Schwarzcontz verstand nicht.
    »Die Bierdümpflin hat eine Herde Ziegen«, erklärte Schramm. »Ständig kommt ihr eines der Viecher aus, weil sie nachts manchmal vergisst, bei der Stalltür den Riegel vorzuschieben.«
    Jetzt probierte es Schwarzcontz andersherum.
    »Du, Mariele, kannst du denn das Vaterunser?«
    Mariele freute sich. Das konnte sie natürlich. Sie sagte das Gebet auf, ohne auch nur einmal abzusetzen. »Ich kann auch noch das ›Gegrüßet seist du Maria‹. Meine Mutter hat’s mir beigebracht.«
    »Und hast du noch andere Sprüche von deiner Mutter gelernt?«
    Das Kind überlegte. »So man in die Küchen tritt / ziemt dieser Hausrat gar wohl mit: / Dreifuß, Blasbalg, Bratspieß, Rost / muss man haben, was es auch kost. / Ein Kesselhenkel übers Feuer / sonst wär oft warmes Wasser teuer / Hafengabel und Ofenkrucken / Ofengabeln, das Feuer zu rucken / Hausbesen und eins Besens mehr / damit man all Nacht den Herd mit kehr / Schüssel, Teller von

Weitere Kostenlose Bücher