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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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seines Vaters einging, ohne je zu fragen, wohin sie ihn führen könnten.
    O mein Sohn, mein geliebter, törichter Sohn … du warst stark und treu im Herzen, aber ein Politiker warst du nie, und das kommt uns jetzt teuer zu stehen.
    Natürlich hätte Ramirus Andovan niemals zur Flucht aus dem Palast verholfen, und schon gar nicht hätte er ihn bei der Vortäuschung seines eigenen Todes unterstützt. Ramirus hätte verstanden, welchen Aufruhr der Verlust von Dantons Sohn am Hof auslösen würde. Vielleicht hätte er sogar die Folgen vorhersagen können: Dantons Zorn. Seine eigene Verbannung. Kostas’ Einzug, einem Geier gleich, der sich am weichen, zarten Fleisch des trauernden Reiches gütlich tun wollte. All das Grauen, das jüngst über das Großkönigtum hereingebrochen war, hatte seinen Ursprung in Andovans vermeintlichem Tod … hinter dem offenbar Colivar steckte. Ein Meisterwerk, selbst für einen Magister.
    Der Mann ist eine Schlange und hat durch dich das Herz von Dantons Reich vergiftet.
    Es kostete sie viel Mühe, sich solche Überlegungen nicht anmerken zu lassen. Ihr Sohn sollte nur Liebe und Freude in ihren Zügen lesen. Es führte zu nichts, wenn er die Größe seines Fehlers erkannte, er würde sich allenfalls schuldiger fühlen, als eine Menschenseele es ertragen konnte. Nein, sie musste dieses Geheimnis in ihrem Herzen verschließen, wo kein anderer es teilen konnte.
    Aber ich werde mich rächen, Colivar. Irgendwann, irgendwie, das schwöre ich beim Heiligen Zorn, wirst du bezahlen für das, was du uns angetan hast.
    »Mutter.« Die leise Stimme lockte sie aus ihren Gedanken. »Ich hatte meine Gründe, zurückzukehren und mich Vaters Groll zu stellen.«
    Sie wischte sich neue Tränen aus den Augen und sah zu ihm auf. Sein Gesichtsausdruck jagte ihr einen kalten Schauer über den Rücken. »Was sind das für Gründe?«
    »Die Dämonen des Nordens. Die man auch Seelenfresser nennt.« Seine Miene verfinsterte sich. »Sie sind zurückgekehrt.«
    Sie holte zischend Atem. »Das kann nicht sein. Noch steht der Heilige Zorn. Die Hüter hätten gemeldet, wenn er gefallen wäre …«
    »Sie wurden in den von Menschen bewohnten Gebieten gesichtet. Zumindest ihre Jungen. Und in Corialanus gibt es Zeugen, die aussagen, sie hätten auf einem Schlachtfeld einen ausgewachsenen Seelenfresser gesehen oder zumindest ein Wesen, das ihm sehr ähnlich war.«
    Wieder erschauerte sie. »Wer hat sie gesehen? Colivar?«
    »Nein. Andere.«
    »Aber er hat dir von ihnen erzählt.«
    Seine Augen wurden schmal. »Er hat die Wahrheit gesprochen, Mutter. In meiner Begleitung reist eine Hexe, und ich bat sie, die Aufrichtigkeit seiner Worte zu überprüfen.« Er hielt inne. »Zu viel steht auf dem Spiel. Ich bin nicht so töricht, solche Berichte unbesehen hinzunehmen.«
    Nein , dachte sie bitter. Diesmal jedenfalls nicht.
    Seelenfresser. Alle Mythen prophezeiten, sie würden eines Tages wiederkehren, und dann käme es zu einer Schlacht, die das Ende des Zweiten Königtums einläuten könnte. Dieselben Mythen verhießen ein Wiederaufleben der uralten Magie in den Geschlechtern der Protektoren, sobald sie gebraucht würde. War das der Auslöser für ihre Träume? Hatte die Bedrohung eine alte Magie zu neuem Leben erweckt, um sie und ihre Kinder auf die Rolle vorzubereiten, die ihnen die Vorsehung zugedacht hatte? Aber müsste diese Magie ihr dann nicht auch Sicherheit geben, müsste sie ihr nicht das Gefühl vermitteln, ein Ziel oder … eine Bestimmung zu haben? Doch dem war nicht so. Sie spürte nur Angst.
    »Ich habe seit einiger Zeit seltsame Träume von fliegenden Bestien«, flüsterte sie. »Ich wusste nicht, woher sie kommen. Vielleicht wollen die Götter uns zeigen, was uns erwartet.«
    »Das ist noch nicht alles«, warnte er.
    Sie nahm sich zusammen und sah zu ihm auf.
    »Colivar sagt, die Magister hätten festgestellt, dass sich die Seelenfresser irgendwie mit Menschen verbündet hätten. Mit Menschen, die sie mit Seelen fütterten. Die ihnen dienten. Die den Weg für ihre Rückkehr bereiteten.«
    Sie wollte protestieren, es gebe sicher keinen Menschen, der so töricht wäre …
    Und dann brach die Wahrheit mit betäubender Wucht über sie herein.
    O ihr Götter …
    Zitternd schlang sie die Arme um sich und entsann sich der alten Weissagungen, die man sie als Kind gelehrt hatte. Wenn sie wiederkommen, werden die Protektoren sie erkennen. Das hatten die Götter ihrer Familie verheißen, als sie sie über alle anderen

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