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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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wiederkommen.«
    Andovan nickte. Mit Mühe – und Kamalas Hilfe – kämpfte er sich zum Stehen hoch. Er wischte sich mit dem Ärmel über den Mund und spuckte einige letzte Tropfen Galle auf den Boden. »Ich kenne meine Pflicht, Colivar.« Er streckte die Hand nach Kamala aus. »Komm. Ich brauche deinen Schutz.«
    Sie ergriff die Hand.
    »Wenn Ihr erst drinnen seid, kann sie nichts mehr für Euch tun«, warnte Colivar. »In seinem Einflussbereich wird Kostas auch der leiseste Hauch von Zauberei nicht entgehen.«
    »Aber auf dem Weg dorthin kann sie mich schützen«, sagte Andovan.
    Kamala bemerkte, dass er Colivars Unterstellung nicht widersprochen hatte. Er hatte den Magister nicht darauf hingewiesen, dass seine Begleiterin nur eine Hexe sei und keine Zauberin. Wahrscheinlich war er so sehr mit anderen Dingen beschäftigt, dass er den feinen Unterschied nicht bemerkt oder nicht für wichtig gehalten hatte. Sie dagegen wusste, wie entscheidend dieser Umstand war, und fragte sich, ob sie Colivar nicht zu viel über sich preisgab, wenn sie darüber hinwegging.
    Eins nach dem anderen. Erledige erst die anstehende Aufgabe und kümmere dich dann um diesen Magister.
    »Lianna.«
    Kamala fiel erst mit einiger Verspätung wieder ein, dass dies ihr Name war. Sie wandte sich an Colivar.
    »Ich glaube, das gehört dir.« Er hielt ihr ein gefaltetes Stück Stoff entgegen. Golddurchwirkte Seide. Als sie es entgegennahm, ruhten die schwarzen Augen auf ihr, als wollten sie in die Tiefen ihrer Seele schauen.
    Erschrocken erkannte sie, dass es sich um einen der Schals handelte, die sie damals in Gansang von Ravi bekommen hatte. Eines seiner vielen kostbaren Geschenke, die sie nie getragen hatte.
    Ihr blieb vor Schreck fast das Herz stehen. Sie gab sich alle Mühe, sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen, aber die bohrenden schwarzen Augen verrieten ihr, dass ihr das nicht gelungen war. Für einen kurzen Moment hatte er in ihr gelesen wie in einem offenen Buch.
    »Ihr irrt Euch«, sagte sie steif. »Es gehört mir nicht.«
    »In diesem Fall«, sagte er ruhig, »muss ich mich entschuldigen.« Er steckte das Tuch in sein Wams, ohne es anzusehen, die schwarzen Augen wichen nicht von ihrem Gesicht. »Und den wahren Besitzer wohl ein andermal ausfindig machen.«
    Kalt waren diese Augen, unglaublich kalt. Kein menschliches Wesen hatte solche Augen.
    Innerlich erschauernd wandte sie sich ab und folgte Andovan über die zerstörte Landschaft zu dem geheimen Eingang, durch den er in den Palast gelangen wollte.

Kapitel 39
    Gwynofar erwachte nur zögernd und wusste nicht gleich, wo sie war. Sie hatte in den letzten Stunden so vieles mit so erschreckender Eindringlichkeit geträumt, dass sie im ersten Moment kaum sagen konnte, ob auch dies ein Traum war, oder ob die Träume allmählich verblassten und sie zurückkehrte … aber wohin?
    Zitternd erinnerte sie sich an einen Himmel voll schwarz geflügelter Seelenfresser, ein Land, von Zauberei schwarz verbrannt, und seltsame echsenartige Wesen, die durch die Schatten des Palastes krochen und Schleimspuren auf den alten Bildteppichen hinterließen. Wenn das doch nur Albträume gewesen wären! Aber mindestens eines dieser Bilder war mehr als ein Traum, wer konnte also sagen, bei wie vielen der anderen das ebenfalls zutreffen könnte? In diesen Zeiten konnte sie nichts mehr ausschließen.
    Eine Woche war vergangen, seit Kostas durch Zauberei den königlichen Wald in Brand gesteckt und tagelang schwarze Rauchwolken in den Himmel geschickt hatte. Am letzten Tag hatte sich der Wind zum Palast hin gedreht, als wollte er die Urheber der Verwüstung bestrafen, und auf die Türme und Wälle war heiße Asche herabgeregnet. Die Asche hatte sich in grauen Wechten an den Außenmauern gesammelt und war durch die schmalen Fenster ins Innere geblasen worden. Gwynofar konnte noch so viele Diener hinausschicken, um sie wegzufegen, irgendwo gab es immer neue Berge, die nur darauf warteten, ins Schloss einzudringen. Kostas hätte dem Wind eine andere Richtung geben können, aber wozu? Zu deutlich entzückte ihn ihre Verzweiflung, und er beobachtete ohne Zweifel mit diebischem Vergnügen aus den Schatten, wie sie an jenem letzten Tag auf dem Dach stand, als sich der Rauch endlich lichtete, und beim Anblick der Verwüstung bitterlich weinte. Der Wald war Andovans liebste Zuflucht gewesen, und sie hatte ihn um seinetwillen geliebt … und nun musste er wie alles, was sie liebte, von dieser Kreatur ausgerissen

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