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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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stellt.
    »Versprich es mir«, sagt er leise. »Fürs Erste.«
    Lange, lange ist es still. Vor ihrer Translatio hätte er gewusst, was sie antworten würde. Jetzt … ist sie nicht mehr berechenbar.
    »Fürs Erste«, sagt sie endlich. Es klingt wie ein feierliches Gelübde, aber das Feuer in ihren Augen lässt erahnen, wie begrenzt die Zeit sein könnte, für die es Gültigkeit hat.
    Sie wendet sich ab, steigt den Hang hinunter und verschwindet in den Schatten des Waldes.
    Er schweigt und lässt sie gehen.

Kapitel 7
    Gegen Ende des Marktes frischte der Wind auf, bewegte die Glücksbringer am Zelt der Hexe und erzeugte ein unrhythmisches Klirren, das den Einbruch der Nacht ankündigte.
    Die Hexe namens Raquel zählte die wenigen Münzen in ihrer Börse und seufzte. Sie hatte heute nicht viel verdient, aber das hatte sie nicht anders erwartet. Man befragte kein Orakel, wenn es einem gut ging, und mit den jüngsten Regenfällen und dem warmen Wetter waren die Einheimischen mehr als zufrieden. Das Getreide schoss in die Höhe, und die Stimmung stieg mit ihm – wer brauchte da die Voraussagen einer Hexe? Selbst die üblichen Sommerkrankheiten schienen die Stadt in diesem Jahr verschonen zu wollen, es war, als hätte sich die gesamte Natur verschworen, die Hexen der Stadt um Lohn und Brot zu bringen.
    Der Besuch des fremden Magisters war ihr daher umso willkommener gewesen. Dank seiner Großzügigkeit würde sie die Flaute überstehen, und dafür war sie dankbar, auch wenn sie jedes Mal erschauerte, sobald sie seine Münzen berührte. Ein Hauch von Unglück haftete ihnen an, eine dünne Patina, die kein Moratus bemerkt hätte, aber ihr mit ihrer Gabe, Dinge zu sehen, die anderen verborgen blieben, geradezu ins Auge sprang. War diese Düsterkeit nur die ganz persönliche Ausstrahlung eines bestimmten Mannes, oder war sie mit seinem Status als Magister verbunden? Sie war bisher keinem Magister so nahe gekommen, um das ausschließen zu können, und nachdem sie die Aura seines Geldes gespürt hatte, wollte sie das auch nicht mehr. Sie mutete unnatürlich … unmenschlich an.
    Das Tuch vor dem Zelteingang bewegte sich so plötzlich, als sei nicht nur der Wind hineingefahren. Sie blickte erschrocken auf und ließ die Münzen hastig in ihrer Tasche verschwinden. »Ja?«
    Eine Männerstimme ließ sich vernehmen, so glatt und fein wie dunkles Bier. »Ist das Zelt schon geschlossen?«
    »Durchaus nicht«, sagte sie. »Bitte tretet ein.«
    Sie stand auf und strich sich die bestickten Röcke glatt, um den Besucher angemessen zu begrüßen.
    Ein Mann zog die Zeltklappe beiseite und duckte sich durch die niedrige Öffnung. Er war von hohem Wuchs, sah gut aus auf eine schwer zu beschreibende Weise, die mehr mit seinem Wesen als mit der Form seiner Züge zu tun hatte, und bewegte sich mit der Geschmeidigkeit der Jugend. Seine Kleidung war schlicht, aber von auffallend feinem Schnitt, und obwohl er darauf verzichtet hatte, seinen Reichtum mit Gold und Edelsteinen zur Schau zu stellen, entdeckte sie mit ihrem Zweiten Gesicht die Schemen kostbarer Schmuckstücke an ihm.
    Sie war so neugierig geworden, dass sie mit einem Hauch echter Magie ausforschte, wer und was er war … und was sie entdeckte, raubte ihr den Atem.
    Sie fiel auf die Knie und senkte den Kopf bis zum Boden, bevor sie zu sprechen wagte. »Hoheit.«
    »Schon gut, schon gut«, beschwichtigte er. »Steh bitte wieder auf.«
    Sie gehorchte, sah sein schwaches Lächeln und war beruhigt. Es war ein Lächeln voller Wärme, auch wenn sie mit ihrer Gabe den namenlosen Kummer dahinter erspürte.
    »Du weißt, wer ich bin?«, fragte er.
    »Ein Prinz aus dem Königshaus.«
    »Andovan. Mein Name ist Andovan.«
    Sie nickte, das Herz klopfte ihr bis zum Hals. »Prinz Andovan. Ihr erweist mir eine große Ehre. Wie kann eine einfache Hexe Eurer Hoheit dienen?«
    Er sah sich im dämmrigen Zelt um und musterte die Einrichtung. Die bunt bestickten Seidenstoffe und die Schmuckamulette, die den üblichen Kunden vom Marktplatz so sehr beeindruckten, konnten ihm wohl kaum imponieren, war er doch mit Seidengewändern aufgewachsen und hatte wahrscheinlich mit Edelsteinen gespielt wie ein anderes Kind mit Murmeln. Aber er war davon auch nicht abgestoßen, und als er den Blick wieder auf die Hexe richtete, erschauerte sie nicht nur wegen des Rangunterschiedes, sondern mehr noch wegen seiner männlichen Ausstrahlung.
    »Raquel – so heißt du doch, nicht wahr?« Er deutete auf die Polster, die sie für

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