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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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dieser Gestank nach Angst und Trunkenheit nicht in der Luft hing. Wo die Schlange der Zerstörung in ihrem Inneren nicht nach noch mehr Toten verlangte, wo sie ihre Blutgier nicht mehr schmecken konnte.
    Endlich blieb sie erschöpft stehen. Ihre Beine trugen sie kaum noch. Zitternd und nach Atem ringend, kauerte sie sich nieder und suchte zu begreifen, was ihr widerfahren war. Selbst wenn sie die Augen schloss, standen gespenstergleich die Bilder der zerstörten Körper vor ihr. Was hatte sie getan? Wozu war sie geworden, wenn sie solcher Gräuel fähig war? Sie wusste, wie Aethanus’ Antwort lauten würde, aber erst als sie sich vorstellte, wie er sie mit seiner unerschütterlichen Gelassenheit aussprach, erfasste sie den tieferen Sinn der Worte, die sie bisher nie wirklich verstanden hatte.
    Du bist ein Magister.
    Zu Tode erschöpft schlug sie die Hände vors Gesicht und tat etwas, was sie sich nie zuvor gestattet hatte, nicht einmal in den Jahren, die sie als Kind in dieser Stadt verbracht hatte.
    Sie weinte.

Kapitel 13
    Der Tag war so düster und stürmisch wie Dantons Stimmung. Der Großkönig grollte, seit er Ramirus und die anderen Geier in den schwarzen Roben aus dem Reich gewiesen hatte. In der Außenwelt gelang es der Sonne natürlich hin und wieder, durch die Wolken zu spitzen und den Weg durch die schmalen Fenster seines Schlosses zu finden. In der Welt seines Inneren gab es jedoch kein solches Licht.
    Gerade jetzt war der Himmel draußen fast so schwarz wie bei Einbruch der Nacht, und der Regen, der so unregelmäßig gegen die Außenmauern gepeitscht wurde, drohte ihn in den Wahnsinn zu treiben. Dabei war er nur ein weiteres Ärgernis auf einer langen Liste. Der Tribut von Corialanus war seit Tagen überfällig, was den üblichen Gerüchten über einen Aufstand neue Nahrung gab, unter der Schlossgarde machte eine Krankheit der Gedärme die Runde, die Thronfolge in Inamorand war durch Untreuevorwürfe infrage gestellt, was langfristig die Stabilität der Westgrenze gefährden konnte – und so ging es endlos weiter.
    Das alles wären allenfalls kleinere Ärgernisse gewesen, wenn ihm nur ein Magister behilflich gewesen wäre, die Probleme zu meistern.
    Er hatte fünf Magister empfangen, um Ramirus’ Posten neu zu besetzen. Keiner von ihnen hatte seinen Vorstellungen so weit entsprochen, dass er ihn zum Königlichen Magister ernannt hätte, allerdings hatte er drei von ihnen in seinen Dienst genommen und in Außenregionen seines Reiches geschickt. Der Königliche Magister eines Großkönigs musste nicht nur ein Meister der Hexenkunst sein; er musste sich auch in der Politik auskennen, die Strömungen der menschlichen Aggression begreifen und die Leidenschaften der Menschen zu steuern wissen, und vor allem musste er die Begehrlichkeiten des Großkönigs, seine Träume und seine Hoffnungen teilen. Bisher hatte sich kein Bewerber diesen Anforderungen gewachsen gezeigt, und Danton wurde von Tag zu Tag unzufriedener. Wer hätte gedacht, dass es so verdammt schwierig wäre, diesen Verräter Ramirus zu ersetzen?
    In der Theorie konnte man durchaus alle seine Magister aus dem Palast werfen, aber wenn man im Alltag ohne sie auskommen musste, sah die Sache anders aus. Das wurde ihm nun schmerzlich vor Augen geführt. Wenn er einen Brief an die äußerste Grenze seines Reiches schicken wollte, brauchte er für das verdammte Ding einen berittenen Boten, auch wenn es noch so wichtig war und gar nicht schnell genug ans Ziel kommen konnte. Oder er bediente sich eines Vogels und hoffte, dass die hirnlose Kreatur seine Botschaft auch wirklich seinen Vertretern aushändigte und nicht etwa den Feinden, von denen diese umringt waren. Und so war es mit vielen anderen Annehmlichkeiten, für die Ramirus gesorgt und die Danton als selbstverständlich hingenommen hatte. Im Grunde war er wie ein König aus den barbarischen Finsteren Zeiten, seine Macht reichte nur so weit, wie seine Hände greifen konnten und seine Stimme trug.
    Damit hätte er sich noch abgefunden, wären seine Rivalen in der gleichen Lage gewesen, aber das war natürlich nicht der Fall. Selbst die jämmerlichsten Nachbarkönige hatten ihren Königlichen Magister und waren noch mit dem unfähigsten Zauberer besser bedient als Danton. Er konnte weder seine Feinde angreifen, noch seine Vasallen bestrafen oder auch nur warnend die königliche Faust ballen, ohne sich bewusst zu sein, dass ihm noch der schwächste seiner Rivalen überlegen war … und seine

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