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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Elementen getrotzt hatte. Danton fühlte sich an einen Fischer aus dem Norden erinnert, dem tagtäglich Salzwind und eisiger Meeresgischt ins Gesicht peitschten. Auch durch das Gesicht dieses Mannes zogen sich viele harte, scharfe Linien, und sie schienen Danton nicht aus künstlerischen Erwägungen eingefügt, sondern wie bei einem gewöhnlichen Menschen vom Alter eingegraben worden zu sein.
    Hochinteressant.
    Der Magister trat ein paar Schritte in den Saal und sah sich um. Danton bemerkte, dass seine Augen grau waren wie ein Gewitterhimmel. Sein Haar war von einem so unauffälligen Braun, dass es die natürliche Farbe sein musste, und hing ihm in ungleich langen Strähnen bis auf die Schultern, ein Zeichen, dass er sich wenig darum kümmerte, was gerade Mode war. Am aufschlussreichsten fand Danton die Narben in seinem Gesicht: mehrere dünne parallele Linien auf einer Wange, vielleicht Klauenspuren, und ein runzliger Wulst an einer Seite des Unterkiefers. Man sah sofort, dass sie nicht frisch waren, sie waren so glatt, wie von selbst verheilte Narben nur sein konnten. Dicht am Haaransatz sprossen aus einer weiteren alten Schramme dicke weiße Haare, die hatte er zu einem Zopf geflochten, der ihm wie ein heller Strich auf den Rücken fiel. Danton stellte fest, dass alle Narben naturbelassen zu sein schienen, wieder eine Besonderheit, denn wieso trug jemand, der jede Wunde heilen konnte, die Zeichen früherer Verletzungen zur Schau?
    Dann hefteten sich die grauen Augen auf ihn, und Danton erstarrte; er spürte die ungezähmte Kraft hinter diesem Blick und die Abgründe eines Daseins, das sich nicht in ein einzelnes Menschenalter pressen ließ.
    »Großkönig Danton …« Der Magister verneigte sich, »… mir ist zu Ohren gekommen, dass Ihr für Euren Hof einen Mann sucht, der über die Macht gebietet.«
    »Der letzte hat meinen Zorn erregt«, sagte Danton rundheraus. »Ich habe ihn verbannt.«
    Das war eine offene Herausforderung. Die meisten Könige lebten in ständiger Angst davor, einen der schwarz gewandeten Zauberer zu verärgern, und waren ebenso sehr damit beschäftigt, ihre Königlichen Magister zufriedenzustellen, wie ihr Reich zu regieren.
    Deshalb waren sie auch Schwächlinge, dachte Danton, und er war ihnen … überlegen.
    Einige der Schwarzröcke, die sich bei ihm vorgestellt hatten, waren so dreist gewesen, seine Handlungsweise zu kritisieren. Andere hatten ihr Missfallen zwar nicht offen geäußert, aber ihre Blicke hatten Bände gesprochen.
    Doch dieser Magister nickte nur gleichmütig und ohne Zögern. Die Geste war in ihrer Schlichtheit sehr beredt, und Danton verstand die Botschaft wohl: Es ist dein Reich. Noch nicht einmal ein Magister hat sich in deine Befehle einzumischen.
    Ein guter Anfang.
    »Ich habe mit vielen Anwärtern gesprochen«, sagte Danton schroff. »Keiner hat mir zugesagt.«
    »Es gibt viele Dummköpfe auf der Welt«, bemerkte der Magister. »Daran ändert auch die Macht nichts.«
    Ein schwaches Lächeln umspielte die Mundwinkel des Großkönigs.
    »Man nennt mich Kostas«, erklärte der Magister. »Aber wenn Euch ein anderer Name besser gefällt, habe ich nichts dagegen.«
    »Demut ist selten unter Euresgleichen.«
    Der Magister zuckte die Achseln. »Demut heißt, sich in wichtigen Dingen zu fügen. Bei Belanglosigkeiten ist es einfach … Zweckmäßigkeit.«
    »An welchem Hof wart Ihr zuletzt in Stellung …?«
    »Bisher war ich leider noch nie bei Hofe.« Die grauen Augen glänzten so düster wie Gewitterwolken vor einem Sturm. »Ist das Voraussetzung?«
    »Nein. Aber es ist … ungewöhnlich.«
    »Ich hatte kein Verlangen danach.«
    »Und das hat sich jetzt geändert?«
    Wieder ein Achselzucken. Wie alles an ihm, war auch diese Bewegung so eckig, als bestünde er nur aus spitzen Knochen. »Meine Interessen haben sich geändert. Die politischen Gegebenheiten dieser Region reizen mich.« Sein Lächeln war kalt und böse. »Und wie ich höre, kann man dergleichen am besten beobachten, wenn man neben dem Thron eines großen Königs steht.«
    Danton tat so, als hätte er die Schmeichelei überhört. »Und das ist alles, was Ihr wollt? Beobachten?«
    Die Gewitteraugen glitzerten. »So ist es der Brauch, nicht wahr?«
    Eine gute Antwort. Die fünf Bewerber vor diesem Kostas hatten versucht, sich anders aus der Affäre zu ziehen, und waren abgewiesen worden. Drei hatten so getan, als sei ihnen die Politik der »Morati« gleichgültig. Zwei waren ehrlich gewesen. Für keinen von

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