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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Werkzeugen, die er gebrauchen könnte. Endlich entdeckte er in einer Ecke eine Rolle Hanfseil und hob sie auf. Dann ging er an die Feuerstelle und entfernte die lange Eisenstange, an der ein Suppenkessel hing.
    »Die beiden Dinge möchte ich mir ausleihen, wenn du nichts dagegen hast.«
    Sie nickte mit großen Augen.
    »Dann komm«, sagte er. »Führe mich dorthin, wo du mich gefunden hast.«
    An der Fundstelle gab es keine Hinweise. Natürlich nicht. Die schlammige Straße, die zum einzigen Wirthaus in meilenweitem Umkreis führte, war so gezeichnet von Wagenrädern, Pferdehufen und Stiefelsohlen, dass es ihm schwer gefallen wäre, überhaupt einen einzelnen menschlichen Fußabdruck herauszufinden, schon gar nicht einen, der für ihn wichtig war. So begnügte er sich damit, das Gestrüpp im Umkreis nach Gegenständen abzusuchen, die ihm gehörten und vielleicht zurückgeblieben waren. Er hatte gehofft, die Diebe hätten sein Messer übersehen, aber das war wohl nicht der Fall.
    Danach schickte er das Mädchen nach Hause. Er wollte sie nicht in Gefahr bringen.
    Sein Lager befand sich etwas abseits der Straße. Es war von so dichtem Buschwerk umgeben, dass die Räuber es vielleicht nicht bemerkt hatten. Doch auch hier war ihm das Schicksal nicht hold. Das Pferd war fort und mit ihm die Satteltaschen samt allen Vorräten. Zum Glück verbarg er die wertvollsten Dinge immer anderswo, wenn er sein Lager unbewacht ließ, und ein kurzer Abstecher in den Wald zeigte ihm, dass dieses Versteck unentdeckt geblieben war. Wenigstens hatte er jetzt etwas Geld, auch wenn er es nur zu gern gegen ein gutes Messer eingetauscht hätte. Beim nächsten Mal musste er eine Waffe zu seinen Wertsachen legen, für den Fall, dass sich diese böse Erfahrung wiederholte.
    Bist du sicher, dass du die Verbrecher verfolgen willst? , fragte er sich. Sie sind viele, du bist allein. Sie sind sicherlich bewaffnet, du hast nur ein paar harmlose Arbeitsgeräte. Sie sind ausgeruht und kräftig, während du …
    Ein Muskel an seinem Unterkiefer zuckte. In diesem Moment war er Danton unheimlich ähnlich. Und er fühlte sich auch wie der Großkönig – unbeugsam, kalt und zu allem entschlossen. Die Kraft seines Vaters durchströmte ihn … und die Kraft seiner Mutter.
    Du bist ein Jäger , sagte er sich. Und deine Beute rechnet nicht mit einem Überfall. Das gibt dir einen Vorsprung.
    Die Fährte von seinem Lager aus zu verfolgen war einfacher als gedacht. Sie hatten das Pferd weggeführt – wahrscheinlich hatten sie sich nicht einigen können, wer es reiten durfte – und die scharf umrissenen, sichelförmigen Hufabdrücke in der feuchten Erde dienten ihm als Wegweiser. Die Spuren führten von dem kleinen Dorf weg, daraus schloss Andovan, dass er nicht von Einheimischen überfallen worden war, sondern von heimatlosem Gesindel, das ehrbare Reisende ausraubte und dann weiterzog. Gut. Er folgte der Fährte mit raschen, leisen Schritten, seine Sinne waren aufs Äußerste angespannt. Alsbald fand er einen Haufen Pferdeäpfel, der seiner Schätzung nach mindestens einen halben Tag alt war. Daraus schloss er, dass die Räuber schon vor Längerem hier vorbeigekommen waren; allerdings war es schon fast Nacht gewesen, als sie ihn überfielen, und wenn er Glück hatte, hatten sie nicht weit von hier gelagert und krochen jetzt gerade unter ihren Decken hervor.
    So lautlos wie ein Gespenst oder wie eine Eule im Flug huschte er durch die Bäume. All die Fähigkeiten, die es ihm ermöglichten, sich unbemerkt an Rehe oder Hirsche anzupirschen, waren doppelt wertvoll, wenn es gegen Menschen ging. Das war auch gut so. Die Gegner waren in der Überzahl, sie hatten Waffen und waren gesund. Sein einziger Vorteil war die Überraschung.
    Möglicherweise schmerzte sein Kopf noch immer, aber er war jetzt so sehr im Jagdfieber, dass er es nicht bemerkte. Genauso war es damals gewesen, als ihm der Eber die Seite aufgerissen hatte; seine Mutter hatte deshalb ein Riesengeschrei angestimmt, aber er selbst hatte erst bemerkt, dass ihm das Blut herunterlief, nachdem er das Tier erlegt hatte.
    Wenig später trug ihm der Wind den Geruch eines erkalteten Lagerfeuers zu, und er wusste sich am Ziel. Er schlug einen weiten Bogen, bis der Wind für ihn günstig stand, und suchte, nur dem Geruch nachgehend, den morgendlichen Wald nach einem für ein Diebeslager geeigneten Gelände ab. Die Banditen hatten ihn für tot liegen lassen und rechneten wohl nicht damit, seinetwegen verfolgt zu werden;

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