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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Schulter, während er mit ihr sprach, als rechne er damit, jeden Moment von einer Horde von Dieben und Huren überfallen zu werden. Als sich sein Umhang kurz öffnete, lugte darunter ein Gewand aus feiner Seide hervor, doch er schloss das wollene Tuch hastig wieder und wickelte es fest um sich, sodass sie nichts mehr sehen konnte. Höchstwahrscheinlich war das der Grund, warum ihm der Schweiß über das Gesicht lief; für derart winterliche Kleidung war der Tag zu warm.
    »Mein Herr hat mich zu Euch geschickt. Er sagte …« Der Mann zögerte. »Er sagte: ›Suche nach einer hochgewachsenen jungen Frau, die sich wie ein Mann kleidet, mit Haaren so rot wie der Jägermond.‹ So wurde sie ihm von Leuten beschrieben, die dabei waren.«
    »Wer ist dein Herr?«, erkundigte sie sich. »Und wieso hält er die Frau, von der er spricht, für eine Hexe?«
    Der Mann lockerte den Kragen seines Umhangs, um den Schweiß nach innen ablaufen zu lassen, und warf abermals einen Blick nach hinten, die schmale Straße entlang. »Von Augenzeugen wird berichtet, dass diese Frau sich ganz allein gegen eine Bande von Raufbolden behauptete und sie alle tötete, folglich muss sie entweder selbst über Hexenkräfte verfügen oder einen Patron haben, der die Macht besitzt.«
    Kamala fluchte innerlich. Sie hatte gehofft, nach ihrem kleinen Abenteuer würde niemand zwei und zwei zusammenzählen, aber das war offenbar zu viel verlangt gewesen. Sie war ganz allein selbst schuld. Warum war sie nach dem Kampf nicht geblieben, um zu beobachten, was geschah, und die nötigen Schritte zu unternehmen, um unerkannt zu bleiben? Sie hatte zu diesem Zeitpunkt nur daran gedacht, das Blutbad so weit wie möglich hinter sich zu lassen. Dafür musste sie offenbar jetzt büßen.
    Das bedeutete, dass sie die Stadt bald verlassen musste. Nicht, weil sie die hiesigen Patrizier fürchtete – die da oben kümmerten sich gewöhnlich einen Dreck darum, was im »Viertel« geschah, und hatten auch keine Lust, für Ordnung zu sorgen und sich dabei die teuren Seidenschuhe zu beschmutzen – sondern ganz einfach, weil sie ihr neues Leben nicht so beginnen wollte.
    Natürlich , dachte sie bei sich, könntest du auch für eine Weile Frauenkleider tragen. Dann würde dich niemand erkennen.
    Der Mann stand immer noch schweigend vor ihr. Der Diener eines hochstehenden Patriziers wartete, bis sie ihn ansprach. Sie fühlte sich seltsam geschmeichelt.
    »Du hast meine erste Frage nicht beantwortet«, mahnte sie.
    »Natürlich.« Wieder ein Blick über die Schulter – noch immer schlich sich niemand von hinten heran –, dann verneigte er sich, als wäre sie eine vornehme Dame. Wie ungewohnt! »Mein Herr ist Padman Ravi. Ihr habt seinen Namen sicherlich schon gehört.« Er wartete auf eine Bestätigung, doch sie zwinkerte nur und sagte nichts. »Er hat mich beauftragt, der mächtigen Frau, die geholfen hat, die Straßen seiner Stadt von einem Teil ihres übelsten Abschaums zu befreien, seinen Gruß zu entbieten und ihr auszurichten, wenn sie ihm die Ehre erwiese, ihn aufzusuchen, hätte er ihr vielleicht ein interessantes Angebot zu machen.«
    Sie hatte den Namen Ravi nie gehört, konnte sich aber vorstellen, wofür er stand. Wahrscheinlich eines dieser ehrgeizigen Kaufmannsgeschlechter, die das politische Herz der Stadt umschwirrten wie die Fliegen einen frischen Kuhfladen. Viele dieser Familien besaßen Grundstücke im »Viertel«, und sooft ein Bordell in sich zusammenfiel oder irgendein an der falschen Stelle errichteter Bau das Wasser staute, das die Abfälle wegschwemmte, und die Sommerluft über der Stadt in eine dicke Suppe aus Verwesungsdünsten verwandelte, stieg plötzlich ein Name aus dieser Gruppe auf wie eine Faulgasblase aus dem Sumpf.
    Sie vergewisserte sich mit einer geringen Menge Seelenfeuer, dass die Einladung frei von Hintergedanken war. Dieser Mann wusste jedenfalls nichts dergleichen. Bei seinem Herrn mochte es anders sein.
    »Was will er von mir?«, fragte sie.
    Wieder verneigte sich der Diener. »Darüber bin ich nicht im Bilde, Gnädigste.« Vor der Anrede zögerte er ein wenig, als wollte ihm das Wort nicht von der Zunge. Sie empfand hämische Schadenfreude bei dem Gedanken, dass jemand, der an gepflasterte Straßen und Seidenportieren gewöhnt war, Befehl erhalten hatte, sie so anzusprechen. »Wenn Ihr der Einladung meines Herrn Folge leistet, wird er Euch das selbst erklären.«
    Sie kaute nachdenklich an ihrer Unterlippe. Alle Erfahrungen ihrer

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