Die Seelenkriegerin - 3
zusammengerufen hatte. Jedenfalls hatten sie nicht erwartet, einer Frau gegenüberzustehen. Das fängt ja gut an , dachte sie ironisch.
Sie bestieg eine niedrige Steinplattform an der Stirnseite des Raumes. Dort stand sie etwas erhöht und konnte alle Magister auf einmal sehen, sogar die in den hintersten Reihen. Es waren so viele! In diesem Raum war genügend Macht versammelt, um die gesamte menschliche Zivilisation in Schutt und Asche zu legen, wenn diese Magister es wollten.
Und wie sie es in den Finsteren Zeiten getan hatten, bevor das Magistergesetz in Kraft getreten war.
Selbst Aethanus war gekommen. Sein besorgter Gesichtsausdruck versetzte ihr einen Stich ins Herz. Und Colivar stand irgendwo in der Mitte. Er hatte für die Anwesenheit all jener Magister gesorgt, die einst Sidereas Liebhaber gewesen waren, ohne dass er sie gefragt hätte, warum ihr das so wichtig war. Offenbar hatte er seine Freude an dem Geheimnis. Ganz hinten erkannte Kamala auch die beiden Magister aus Gansang, aber die meisten anderen hatte sie noch nie gesehen. Ob wohl auch Frauen darunter waren?, ging es ihr plötzlich durch den Kopf. Wenn Lazaroth sich so lange als Mann ausgegeben hatte, konnten das doch sicherlich auch andere getan haben. Die Vorstellung, jemand von all den Männern, die sie jetzt anstarrten, könnte sein Leben als Frau begonnen und seine geschlechtliche Identität gegen die Mitgliedschaft in der elitären Bruderschaft der Zauberer eingetauscht haben, verunsicherte sie zutiefst. Ein solcher Magister verabscheute sie womöglich ebenso sehr, wie Lazaroth es getan hatte, weil er ihr verübelte, dass sie ganz offen dieselbe Identität zur Schau trug, die er hatte aufgeben müssen.
Sie wartete, bis alle Blicke auf ihr ruhten, dann neigte sie ganz leicht den Kopf, wie sie es bei Ramirus gesehen hatte. Eine Geste des Respekts unter Gleichgestellten ohne eine Spur von Unterwürfigkeit. So begrüßten sich Zauberer untereinander.
»Magister«, begann sie. Spürte die Blicke und wusste, dass auch die Zauberei auf sie gerichtet war. Sie hüllte sich fest in ihre Abwehr und hoffte, dass sich ihre eigene Macht einer solchen Prüfung gewachsen zeigte. »Ich danke euch für euer Kommen. Ich bin überzeugt, ihr werdet feststellen, dass der Anlass für dieses Treffen die Reise wert war.«
Ein wenig bedauerte sie es, diese Phase ihres Lebens zu beenden. So anstrengend es gewesen war, ihr wahres Wesen verbergen zu müssen, so hatte sie es doch genossen, sich unerkannt zwischen diesen Männern zu bewegen, und das Katz-und-Maus-Spiel mit einigen von ihnen hatte ihr großen Spaß gemacht. Ihren Geist und ihre Zauberkräfte mit Magistern zu messen, die es zur Kunstform erhoben hatten, fremde Geheimnisse auszuspähen, war eine Herausforderung ohnegleichen gewesen. Wenn man bedachte, dass Männer wie Ramirus Jahrhunderte darauf verwendet hatten, ihren Spürsinn zu schärfen, hatte sie sich nicht schlecht gehalten.
Nun ging dieses Spiel zu Ende, und ein neues würde an seine Stelle treten. Allein die Götter wussten, wie es aussehen würde.
Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und sprach, stolz, elegant und nur mit einem Hauch von Trotz die Worte, die diesen Abschnitt ihres Lebens für immer beenden würden.
»Mein Name ist Kamala«, erklärte sie. »Ich bin ein Magister.«
Nur wenige zeigten sich von dieser Aussage überrascht, aber damit hatte sie gerechnet. Jede Verrückte konnte so etwas behaupten, und bloße Worte würden nicht genügen, um diesen Männern zu beweisen, dass sie die Wahrheit sprach oder zumindest verdiente, dass man ihr zuhörte. Einige Magister sahen zu Ramirus oder Colivar hinüber, um deren Reaktion einzuschätzen, die meisten wirkten lediglich skeptisch.
Die Augen fest auf ihr Publikum gerichtet, im Gesicht ein hintergründiges Lächeln, ließ sie die Hände langsam über ihren Körper gleiten. Glättete den Stoff über ihren Brüsten, um die Taille, über den wohlgerundeten Hüften, zog ihre Augen auf all die Eigenschaften, die sie so unübersehbar zur Frau machten. Dabei verwandelte sie das Gewebe unter ihren Fingerspitzen und ersetzte den natürlichen Farbton durch die Farbe, die ausschließlich durch Magie zu erzeugen war: das traditionelle Magisterschwarz. Und obwohl sie bisher große Sorgfalt darauf verwendet hatte, sich gegen ihre Zauberkräfte abzuschirmen, ließ sie diesen einen Transformationszauber ungeschützt, damit sie ihn in aller Ruhe studieren konnten.
Hexerei war warme Magie, in
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