Die Seelenkriegerin - 3
Stadt keinen Kampflärm zu. Nasaan hielt den Atem an, seine Hand schloss sich fester um die Zügel. Je mehr seine Vertreter in Jezalya mit List und Tücke erreichen konnten, bevor es tatsächlich zum Kampf kam, desto besser wäre es für alle Beteiligten.
Die Mauern meiner Stadt durchbricht niemand , hatte Jezalyas Herrscher geprahlt. Er hatte abschrecken wollen, doch Nasaan hatte die Worte als persönliche Herausforderung verstanden. An jenem Tag hatte er erkannt, dass er auserwählt war, die reiche Handelsstadt zu erobern. Nicht mit Brachialgewalt, nicht, indem man wie so viele Heere in der Vergangenheit gegen die große Mauer anrannte und sich mühsam über Leitern und an Seilen emporkämpfte, während man von den Verteidigern der Stadt mit heißem Öl überschüttet und mit Brandpfeilen beschossen wurde. Nein. Ein solches Vorgehen wäre von vornherein zum Scheitern verurteilt. Aber wenn die Wüstengötter dem Unternehmen hold waren, konnten ein paar Dutzend Mann im Inneren von Jezalya mehr bewirken als tausend Krieger draußen.
Und Nasaan stand mit seinen Göttern auf gutem Fuß.
Wie hieß der Herrscher der Stadt gleich noch einmal? Dervach? Dervastis? Der Sohn eines Häuptlings, dessen kleiner Stamm wenig geachtet war. Erstaunlich, dass die Stadt einen Mann von so unbedeutender Herkunft als Herrscher anerkannte. Nasaan hatte dagegen das Blut uralter Königsgeschlechter in den Adern und mit ihm einen Funken ihrer einstigen Größe.
Ein Herrscher, wie ihn Jezalya verdiente.
Die massiven Tore schwangen quälend langsam auf. Nasaan sah eine Welle der Vorfreude durch die Reihen seiner Männer fegen, sie richteten sich im Sattel auf und wollten losreiten. Noch nicht , dachte er. Er hob die Hand zum Zeichen, dass sie warten und sich noch ein paar Atemzüge lang gedulden sollten. Noch nicht! Sein kleines Heer stand viel näher an Jezalya, als es bei Tag möglich gewesen wäre; seine Hexen und Hexer hatten die nächtliche Dunkelheit zur Verstärkung ihrer Schutzzauber zu Hilfe genommen. Aber der gefährlichste Teil dieses Unternehmens waren die ersten Minuten des Angriffs, der rasende Ritt über die offene Ebene zu den Stadttoren. Den konnten nicht einmal alle seine Hexen und Hexer gemeinsam tarnen. Sie mussten warten, bis Nasaans Männer im Inneren der Stadt ihren Auftrag ausgeführt und Jezalyas Haupttor unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Wenn seine Soldaten dieses Tor vorher zu stürmen versuchten … nun, dann würde es ein gewaltiges Blutbad geben, so viel stand fest.
Die Beute ist einen Blutzoll wert , dachte er. Und er flüsterte unhörbar ein letztes Stoßgebet an den Kriegsgott, versprach, ihm im Herzen Jezalyas einen prächtigen neuen Tempel zu errichten, falls die Schlacht ein gutes Ende fände.
Endlich waren die Stadttore weit offen. Die schweren gepanzerten Flügel ließen sich weder schnell noch leicht wieder schließen. Nasaan hatte sein erstes Ziel erreicht, ohne dass in der Stadt Alarm geschlagen worden war. So weit, so gut.
In der nächsten Phase der Invasion war es allerdings nicht zu vermeiden, dass die Opfer gewarnt wurden. Man konnte ein Heer vor allen Blicken verbergen, wenn es in tiefer Nacht marschierte und Deckung suchte, wo immer es möglich war, aber eine wilde Horde unsichtbar zu machen, die donnernd und mit lautem Geschrei über offenes Gelände sprengte, war unmöglich. Da verzichtete man besser auf alle Hexenkünste und suchte sich mit Schnelligkeit und wildem Kampfgeist einen Vorteil zu verschaffen.
Gespannte Ruhe lag über den Bewaffneten, nur unterbrochen vom ungeduldigen Schnauben einiger Pferde. Auch die Tiere spürten das Knistern in der Luft. Dennoch würde sich niemand von der Stelle rühren, bevor Nasaan den Befehl dazu gab.
Er ließ die Hand fallen. Und mit einem gellenden Kriegsschrei, der die Herzen der Feinde einfach mit Angst erfüllen musste , traten seine Männer den Pferden in die Flanken. Die Hufe trommelten auf die trockene Erde und wirbelten dichte Staubwolken auf – als raste, gesichtslos und verheerend, ein Sandsturm auf die Stadt zu. Als fiele nicht bloß ein menschliches Heer über Jezalya her, sondern der fleischgewordene Zorn der Wüste selbst.
Ihr sollt euch fürchten! , dachte Nasaan mit Inbrunst. Er fasste die Zügel mit einer Hand und hielt mit dem anderen Arm seinen zerschrammten Schild über sich, um sich vor feindlichem Beschuss zu schützen. Ihr sollt euch so sehr fürchten, dass ihr euch kampflos ergebt, um nicht von uns abgeschlachtet zu
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