Die Seelenpest
die entfernt gelegene Gartentür geöffnet, damit ja niemand Fremdes den verdächtigen Besuch bezeugen konnte.
Thomas fühlte sich schon seit dem frühen Morgen krank. Der Magen schmerzte. Lady Alice hatte ihm ein bitteres Mittel aus einer Apotheke holen lassen.
Er ahnte, was er zu erwarten hatte. Das Schlimmste war, dass dieser Andrew Whisper in ein paar Augenblicken vor ihm stehen würde. Er wollte ihn nicht sehen, es quälte ihn zu sehr.
Er betete zum zigsten Mal. Im großen Zimmer, nebenan, hörte er die Schritte dieser frechen Bengel und wie sie Margaret an den Lippen hingen. Er hatte keine Wahl. Er raffte sich zusammen, band seinen Hausmantel enger zu und schritt hinüber.
Margaret und die Schüler standen sofort auf, als er hereinkam. Sie verneigten sich. Er selbst nahm erst mal Platz und ließ sie einfach stehen, es zähmte sie vielleicht ein wenig.
»Da bin ich also, meine Herren. Mein Töchterchen hat mir erzählt, was vorgefallen ist. Wir haben uns sehr arg gestritten. Schwamm drüber.« Zu seinem eigenen Schutz kehrte er sofort den Staatsmann heraus. Er sah Andrew Whisper an, mit festem Blick. »Sie, junger Mann, haben sich erdreistet, einen Inwohner meines Hauses frech zu entführen und zu quälen. Aber ich verzeihe Ihnen. Sie werden außerdem beschuldigt, einen Lehrer überfallen zu haben mit der Absicht, ihn zu töten. Ich hoffe, Ihnen ist bewusst, dass ich normalerweise diese Worte vor dem Gericht des Königs sprechen würde, mit anderen Konsequenzen, versteht sich.« Er blickte Andrew fragend an und ließ etwas Zeit verstreichen.
Er rang die Hände. Sie waren feucht geworden. »Meine Tochter hat mir auch berichtet, dass ein Agent des Königs sich einiges zuschulden kommen ließ. Soweit ich weiß, ist dieser Mann nicht antastbar. Ich selber kenne ihn, wenngleich er mir durchaus suspekt erscheint. Dass er ein Mörder sein soll, klingt für mich übertrieben…«
»Sir, bitte, ich…« Andrew wollte etwas sagen.
»Unterbrechen Sie mich nicht!«, befahl Thomas ohne Zögern. So weit würde er die Zügel hier nicht schleifen lassen, hatte er sich vorgenommen.
»Weiter also: Der königliche Brautbeschauer Aron Boggis, Fährmann und Agent, wie er sich selbst bezeichnet, glaube ich, ist gleichsam sakrosankt, weil er im Auftrag unseres Königs handelt, wie man mir versichert hat.«
»Und mordet!«, sagte Andrew.
»Sie sollten Ihre Zunge hüten, junger Mann, sonst wird sie Ihnen eines Tages abgeschnitten. Ich kenne viele Fälle dieser Art und die Gerichte sind nicht eben zimperlich damit. Möchten Sie jetzt hören, was ich sage, oder nicht?«
»Ich möchte etwas sagen, verehrter Vater«, wandte Margaret ein.
Er reagierte nicht.
Margaret sah ihn eindringlich an. »Wir haben Forderungen. Ich weiß, dass es sich nicht geziemt, so mit seinem Vater zu reden. Aber unser Fall ist nicht alltäglich. Es wurden Menschen, Freunde, die wir kennen, umgebracht, wir wollen Gerechtigkeit. Erst heute Morgen haben wir erfahren, dass Gregor Gascoigne am Fluss tot aufgefunden wurde. Er ist ermordet worden, Vater. Wir wissen auch von wem, von Aron Boggis, den du kennst. Wir sind empört. Auch wenn wir jung und unerfahren sind, besteht für jede Obrigkeit die Pflicht, uns wahrzunehmen. Sie haben selbst gesehen, zu welchen Mitteln Andrew in seiner Not gegriffen hat. Verehrter Vater, ich fordere Sie auf, dass Sie uns helfen, dass Sie Ihren Einfluss geltend machen und Clifford ebenso wie Aron Boggis in die Knie zwingen…«
Thomas war sprachlos. Er hatte nie zuvor solch eine Dreistigkeit erlebt, noch dazu von einem seiner Kinder. Natürlich war er selbst an allem schuld und konnte froh sein, wenn sie ihn nicht mit der noch größeren Sünde konfrontierte, mit seinem Mordauftrag an Clifford!
»Woher willst du wissen, dass Aron Boggis schuldig ist?«
»Wir wissen es, verehrter Vater«, sagte Margaret. »Wir können nicht mehr schlafen, wir haben Angst, und unsere letzte Waffe ist die offene Drohung, die wir Ihnen hiermit überbringen möchten. Wir werden Wege finden, dass die Stadt darüber spricht, dass Sie den Schreiber Johan Whisper wissentlich dem Blutknecht des Newgate Prison überlassen haben, noch bevor ein Urteil ausgesprochen war. Ich schäme mich für Sie. Ich schäme mich, weil ich der Meinung war, dass mein Vater von allen Menschen dieser Stadt am besten weiß, dass Unrecht immer neues Unrecht in die Welt bringt…« Sie weinte jetzt. Thomas blickte weg. Er wollte es nicht sehen.
Die Schüler schwiegen. Er
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