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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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entdecken, dass sie in eine Sackgasse gelangt war und der Weg von steilen Felswänden versperrt wurde. »Thekla sprach ein Gebet, und wunderbarerweise öffnete sich ein Weg durch das Felsgestein – ein sentier . Sie kennen dieses Wort?«
    Cass schüttelte den Kopf.
    »Es ist wie ein Pfad … ein schmaler Weg … eine crevasse .«
    »Ich verstehe«, murmelte Cass, die ganz im Bann des Bildes stand. »Ein Pfad durch die Felsen.«
    »Oui« , pflichtete die Nonne ihr bei. »Thekla floh in die Felsen hinein und verschwand. Ihre Verfolger konnten sie niemals finden. Später kehrte sie zurück und errichtete eine der ersten Kirchen in Syrien. Und sie gibt es immer noch. Es ist die von Ma’aloula.«
    »Am selben Ort wie das Waisenhaus?«
    »Ja, es ist unser Mutterkloster.«
    »Eine schöne Geschichte«, sagte Cass; ungehindert rasten die Gedanken in ihrem Kopf herum, bewegten sich auf außergewöhnlichen Bahnen und stellten Verbindungen her, die äußerst unwahrscheinlich zu sein schienen. Später – nach einem Nickerchen, einem Bummel durch die Stadt und einem einfachen Abendessen aus Suppe, Brot, Oliven und Hummus – zog sich Cass in ihr Zimmer zurück und vernahm dabei im Hintergrund die gesungene Abendandacht der Nonnen und ihrer jungen Schützlinge. Sie beendete ihren ereignisreichen Tag, indem sie sich auf den Rand ihres Bettes setzte und über das Bild von der wunderschönen jungen Christin nachdachte, die durch den Canyon aus Felsgestein geflohen war. Als sie sich schlafen legte, dachte sie, dass sie nur allzu gut wusste, wie sich Theklas Wunder vollzogen hatte. Die neu bekehrte Christin war über den Geheimen Canyon von Cass gestolpert. Und wie Cass selbst war sie auf einer heiligen Straße gereist und eine Weltenwanderin geworden.

ZWANZIGSTES KAPITEL

    L ondon im Jahre 1818 war etwas gewöhnungsbedürftig, doch glücklicherweise war der Grundriss der wichtigsten Verkehrswege nicht mehr verändert worden, seitdem zuerst die Römer sie auf den Fußpfaden festgelegt hatten, die von den Kelten stammten. Diese hatten die Pfade entlang des breiten, dahinschlängelnden Flusses getreten, der den Einheimischen jener Zeit als Afon Tamesas und heutzutage als die Themse bekannt war. Wie viele andere Menschen auch kannte Wilhelmina den ursprünglichen Namen des Stroms nicht. Als die Kutsche über das technische Wunderwerk rumpelte, das die London Bridge darstellte, schüttelte Mina ihren Kopf angesichts der Vielfalt von Beförderungsmitteln auf dem Wasser, die ihr unten quasi vorgestellt wurden. Boote jeder Größe und jeder Machart füllten die Oberfläche des grauen Wassers aus: Es gab Fähren, die durch Ruderkraft oder mit Kohle angetrieben wurden, Dampfschiffe, die mit Fracht beladene Kähne zogen, Segelschiffe aller Art – von hochseetauglichen Schonern mit rund hundert Mann Besatzung bis hin zu Ein-Mann-Ketschen –, eisengepanzerte und vor Kanonen starrende Kriegsschiffe, schnittige Vergnügungsboote mit Verdecken, Schlepp- und Begleitboote sowie Flusstaxis, die das Gewässer auf der Suche nach Kundschaft befuhren … Es waren so viele Schiffe, dass Mina sich vorstellte, sie könnte von Embankment nach South Bank über den Fluss herüberhüpfen, indem sie jeweils von einem Bootsdeck zum anderen sprang.
    Und die Straßen der Stadt waren nicht weniger vollgestopft. Wie auf dem Wasser schien jede Art von Landfahrzeug, das jemals erfunden worden war, die Brücke zur selben Zeit überqueren zu wollen. Für den meisten Verkehr sorgten die von Pferden gezogenen Kutschen und Wagen, doch es gab auch jede Menge Leiterwagen. Wilhelmina zählte nicht weniger als neunundvierzig Handwagen, siebzehn Eselskarren und neun Maultierwagen; und acht Karren wurden von Ziegen, fünf von Gäulen und etwa ein Dutzend von Hunden gezogen. Und jede noch so kleine verfügbare Lücke wurde vom Fußverkehr ausgefüllt. Mina hielt es für ein Wunder, dass nicht ständig irgendwelche Fußgänger unter Räder von der einen oder anderen Art gerieten.
    Als die Kutsche schließlich ihren Bestimmungsort erreichte, stieg Wilhelmina aus. Sie war erfreut, als sie herausfand, dass sie einige der vertrauteren Orientierungspunkte der Stadt wiedererkennen konnte, wie etwa die Blackfriar’s Bridge und den Tower of London. Sich hier zurechtzufinden, würde ihr nicht übermäßige Schwierigkeiten bereiten – vorausgesetzt, dass sie wusste, wo Thomas Young zu finden war. Doch sie besaß lediglich eine einzige Information: nämlich dass er ein Mitglied der Royal

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