Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
Vom Netzwerk:
Sie mir Ihre Auffassung mitgeteilt haben«, erwiderte Mina mit süßlicher Stimme. »Doch ich glaube, dass der gute Doktor selbst am besten beurteilen kann, ob er jemanden zu sehen wünscht, der ihm wertvolle wissenschaftliche Informationen bringt.« Letzteres hatte sie sich ausgedacht und dachte nun, dass sie auf jeden Fall eine Unterstützung für diese Behauptung nachlegen sollte. »Nun, wenn Sie so freundlich sein würden, mir zu sagen, wo ich ihn finden könnte, könnten wir Ihre unüberlegte Auffassung überprüfen.« Sie zeigte ihm ein überlegenes Lächeln. »Sollen wir?«
    Vielleicht war der Türsteher nicht daran gewöhnt, mit unwirschen, eigenwilligen Frauen wie die vor ihm umzugehen; jedenfalls fügte er sich rasch und erklärte: »Ich bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Dr. Young sich nicht im Haus aufhält, Madam. Doch wenn ich gesonnen wäre, ihn ausfindig zu machen, so würde ich mich in seiner ärztlichen Praxis erkundigen, deren Räumlichkeiten in der Harley Street gefunden werden können.«
    »Na also, das war doch nicht so schwer, oder?«, sagte Wilhelmina und dankte dem Burschen für seine Hilfe. Kurz darauf war sie auf dem Weg zur Harley Street, traditionell die Heimat des ärztlichen Establishments in London. Sie machte Youngs Praxis ausfindig, indem sie die großen Namensschilder aus Messing draußen an den Türen las. Als Mina hineinging, wurde ihr höflich mitgeteilt, dass Dr. Young fort war – auf einer seiner wissenschaftlichen Expeditionen.
    »Zu dieser Zeit des Jahres ist er in Ägypten«, erklärte die Frau. »Wir erwarten, dass er nicht vor dem Herbst zurückkehrt.«
    Und damit war die Sache erledigt. Innerhalb von zwei Minuten war Wilhelmina wieder auf der Straße und hielt Ausschau nach dem nächsten Café oder Restaurant, wo sie ihre Gedanken sammeln konnte. Sie fand ein winzig kleines Speiselokal in einer nahe gelegenen Querstraße, wo sie sich mit einer warmen Schweinefleischpastete und einer Teekanne hinsetzte und über ihren nächsten Schritt nachdachte: einen Besuch des Black Mixen Tump. Das war der nächste Ort, der auf der Rückseite der Notiz aufgelistet war, die Cosimo für sie in der Kneipe in Sefton-on-Sea hinterlassen hatte. Sie überlegte, dass sie eine weitere Notiz oder irgendeine andere Art von Hinweis finden könnte, wenn sie dorthin ging. Allerdings hatte sie keine Ahnung, wo der Black Mixen Tump sein könnte – und um was es sich eigentlich bei ihm handelte. Doch sie rechnete damit, dass ein Besuch der britischen Staatsbibliothek ihr einen Zugang zu Karten oder geografischen Reiseführern – welche auch immer es gab – verschaffen würde.
    Und sie wurde auch nicht enttäuscht. Die kürzlich veröffentlichte Generalstabskarte beinhaltete einen umfangreichen Index, in dem tatsächlich der Ort aufgeführt wurde. Sie lieferte präzise Koordinaten von dem besagten Gebilde in Oxfordshire, die Wilhelmina niederschrieb; zudem zeichnete sie eine hübsche kleine Karte von dem Gebiet, die sie später sicherlich gut gebrauchen könnte. Der Tag war recht weit fortgeschritten, als sie schließlich die Bibliothek verließ. Die Sonne hatte ihren mittäglichen Zenit schon vor langer Zeit überschritten und begann, im Westen zu verblassen, da Wolken heranzogen. Um Zeit und Schuhleder zu sparen, rief sie eine Hansom-Droschke und wies den Fahrer an, sie zur nächsten Dienststelle für Überlandkutschen zu bringen.
    Während das Droschken-Taxi sich durch den Verkehr auf den gepflasterten Fahrwegen drängelte, wunderte sich Wilhelmina erneut über den Umfang und die Vielfalt des Straßenlebens. Das vorviktorianische London wurde regelrecht überspült von einer rastlosen Flut aus wogenden Menschenmengen und einer Vielzahl von Beförderungsmitteln auf Rädern. In ihrer Zeit in Prag hatte Mina sich an ein gesitteteres, weniger hektisches Tempo gewöhnt, das sie sehr viel lieber mochte. Dennoch beschäftigten sie die Ansichten, Geräusche und Gerüche – unter denen vor allem die Ausdünstungen von Abfall und Pferdemist hervorstachen –, bis sie ihr Ziel erreicht hatte.
    Die Dienststelle war der Stallhof des George Street Inn auf der anderen Flussseite in Southwark. Ein Angestellter in einer kurzen grünen Jacke und einer langen braunen Schürze riet Mina, dass sie nach Oxford fahren und von dort eine andere Kutsche nach Banbury nehmen könnte, und dann sollte sie die Einheimischen dazu bewegen, ihr zu helfen, den gesuchten Ort zu finden. »Es gibt nur eine Tageskutsche nach

Weitere Kostenlose Bücher