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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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erdgebundenes Polarlicht. Zur selben Zeit wurde ihr bewusst, dass sich ein Druck um sie herum aufbaute, nach unten stieß und ihr die Luft aus den Lungen quetschte. Instinktiv hielt sie dem Druck stand und blieb mit aller Macht aufrecht. Die zwei Schläger von Burleigh stürzten auf sie zu. Sie hüpfte ein wenig hoch, und nach einem Augenzwinkern verschwand die Welt mit einem zischenden Knall – wie bei einem Feuerwerkskörper, der in die Luft geschleudert wurde.
    Mina schloss die Augen, und als sie sie wieder öffnete, stand sie im grell weißen Licht einer glühenden Sonne auf einem breiten, mit Steinen gepflasterten Weg. Er wurde auf beiden Seiten von Statuen gesäumt – es waren Hunderte –, die auf einer Strecke von tausend Metern oder mehr standen. Jede von ihnen besaß den Kopf eines Mannes und den Körper eines Löwen: Es war eine Allee von Sphinxen. Ein Blick auf die nächstgelegene Statue und deren teilnahmsloses Granit-Gesicht, das sie anstarrte – und Wilhelmina Klug wusste ohne jeden Zweifel, dass sie in Ägypten angekommen war.

VIERTER TEIL

     

EINUNDZWANZIGSTES KAPITEL

    I rgendwann zwischen dem Schließen und wieder Öffnen ihrer Augen an einem neuen Tag hatte Cass ihre Meinung geändert und ihre Entscheidung revidiert. Anstatt zu versuchen, auf eigene Faust den Weg nach Hause zu finden, würde sie zu der Zetetischen Gesellschaft zurückkehren. Immerhin boten sie ihr Hilfe an, und Hilfe war genau das, was sie im Augenblick benötigte. Wenn sie ihr beschreiben könnten, was geschah und wie es funktionierte … Nun, das war es wohl wert, sich noch einen zusätzlichen Tag hier herumzutreiben, um dies herauszufinden. Cass hatte indes immer noch nicht die Absicht, der Gesellschaft beizutreten und in ihre geheimnisvollen Machenschaften verwickelt zu werden, worum auch immer es sich dabei handelte. Doch es würde nicht schlecht sein, wenn sie einfach ein paar Antworten auf einige Fragen erhielte – beispielsweise auf die, was der beste und schnellste Weg nach Hause war.
    Nachdem sie dies entschieden hatte, teilte sie das Frühstück mit den Nonnen und Waisenkindern im Kloster der heiligen Thekla, wobei es recht laut zuging. Anschließend half sie dabei, die Tische abzuräumen und das Geschirr zu spülen. Danach fühlte sie sich frei, dem Glück zu folgen, das der Tag für sie bereithielt, und brach zu ihrem Besuch der Gesellschaft auf. Am Tor des Klosters näherte sich ihr eine der Schwestern mit einem dünnen Baumwollgewand in einem tristen Grün.
    »Pour vous, mon amie«, sagte sie und streckte ihr das Kleidungsstück entgegen.
    »Für mich?«, rief Cass verblüfft aus. »Aber –«
    »S’il vous plaît«, beharrte die Nonne. »C’est mieux, ma sœur.« Sie zeigte auf Cass’ Kleidung und streckte ihr weiterhin das Gewand entgegen, damit sie es anzog. Cass kam der Gedanke, dass es sich um die gleiche Art von tristen Kleidungsstücken handelte, die sie bei den Frauen gesehen hatte, als diese auf den Basar gingen – weniger als eine Burka, aber mehr als ein Hausgewand. In ihrem Fall wäre es in der Tat nützlich, da es ihre moderne Kleidung verdecken würde. Nun verstand sie, dass die Nonnen, die ihr sonderbares Erscheinungsbild bemerkt hatten, versuchen wollten, sie vor Schwierigkeiten zu schützen.
    »Merci«, bedankte sich Cass und nahm das Gewand entgegen. Sie ließ es zu, dass die Nonne ihr hineinhalf. »Cella-là est bonne, ma sœur. Merci.«
    Lächelnd drapierte die Nonne Cass’ Baumwolltuch zu einer geeigneteren Kopfbedeckung und öffnete danach das Tor für sie. »Bonne journée.«
    Cass wünschte ihr einen Guten Tag, ging durch die Pforte und betrat die Straße jenseits der Klostermauern. Ohne Umwege marschierte sie zur schwarz lackierten Tür der Gesellschaft zurück. Sie klopfte einmal an, wartete und pochte dann erneut. Als niemand antwortete, klopfte sie ein drittes Mal und wartete etwas länger. Immer noch zu früh , dachte sie und entschied, es später noch einmal zu versuchen. Sie drehte sich auf dem Absatz um und begann, Damaskus ein wenig mehr zu erforschen. Tief in Gedanken versunken erreichte sie das Ende der Straße. Sie ging um die Ecke und betrat die geschäftige Hauptstraße – wo sie heftig mit einem großen, dünnen Mann zusammenstieß, der einen dreiteiligen Anzug aus hellem cremefarbenen Leinen und einen flotten weißen Panamahut trug.
    Cass wurde zurück in die Straße geschleudert, aus der sie gekommen war. Der Mann packte sie am Ellbogen und verhinderte so, dass

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