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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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nur in eine Richtung fließt – von der Vergangenheit zur Gegenwart. Wir können die Vergangenheit zumindest indirekt besuchen, nämlich durch Fotos, das geschriebene Wort, unsere Erinnerungen, die von Ihnen aufgefundenen Fossilien und dergleichen. Die Vergangenheit ist stets bei uns: Wir tragen sie mit uns herum in Form von Erinnerungen; wir leben in einer Welt, die vollständig von ihr gestaltet wurde; und sie übt kontinuierlich einen direkten Einfluss auf die Gegenwart aus, nicht wahr? Die Entscheidungen, die Sie gestern getroffen haben, haben Auswirkungen auf das, was Ihnen heute geschieht, und die Entscheidungen, die Sie heute treffen, werden Auswirkungen auf das haben, was Ihnen morgen geschieht. Wir alle erreichen die Zukunft mit der gleichen Geschwindigkeit, und wir müssen mit dem leben, was wir vorfinden, wenn wir dort sein werden.«
    »Zum großen Teil aufgrund der Entscheidungen, die wir getroffen haben«, sagte Cass. »Wir gestalten unsere Wirklichkeit durch die Realisierung unserer Vorhaben, durch die Anwendung unseres freien Willens als bewusste Wesen.«
    »Richtig«, stimmte Brendan ihr zu. »Durch Ley-Reisen jedoch ist die Erfahrung von Zeit und Wirklichkeit irgendwie fließender.«
    »Das habe ich auch bemerkt.«
    »Tatsächlich bedeuteten Ley-Reisen normalerweise Besuche zu einer bestimmten Version der Vergangenheit – einer Vergangenheit, in der viele Sachen genau so sind, wie wir sie erinnern, andere Dinge jedoch verschieden sind. Menschen, Geschehnisse und in manchen Fällen sogar Orte sind anders als das, was wir aus persönlicher Erfahrung wiedererkennen.« Er hielt inne und hob seine Augen, um ihren Gesichtsausdruck zu studieren. »Aber was, wenn die Vergangenheit so vollkommen veränderbar und so voller Möglichkeiten wäre, wie die Zukunft es zu sein scheint?«
    »Dann könnten wir durch eine Veränderung der Vergangenheit vielleicht eine bessere Zukunft erschaffen, als wir sie sonst haben würden«, meinte Cass.
    »Das ist der Grund, weshalb sie sagenhaft reich und in ihrer tropischen Pracht leben werden – durch die Veränderungen, die Sie in Ihrer vergangenen Realität erzeugen.« Brendan betrachtete Cass mit einem wissenden Ausdruck. »Kurzum, durch die Veränderung der Vergangenheit erschafft man auch eine Zukunft, die nicht existiert haben könnte, wenn die Dinge in der Weise geblieben wären, wie sie nun einmal sind.«
    »Schön wär’s!«, rief Cass aus. »Der Haken an der Sache ist natürlich, dass man niemals genau weiß, was die Ergebnisse irgendeiner Veränderung sein könnten. Da alles mit allem verflochten ist, kann selbst eine kleine Veränderung in einem winzigen Bereich irgendwo anders zu schrecklichen oder wenigstens zu ungewollten Folgen führen. Mit einem Wort – Chaostheorie.«
    »Was wäre, wenn es eine andere Möglichkeit gäbe?«, deutete Brendan an. »Eine Hypothese über die Zeit lautet, dass die Zukunft nur als eine Möglichkeitswolke existiert – weder Form noch Substanz hat, sondern nur reine Potenzialität. Was wäre nun, wenn Sie die Fähigkeit besäßen, in diese Möglichkeitswolke hineinzugreifen – in diesen Nebel mit allen möglichen Auswirkungen jeder Handlung … Was, wenn Sie hineingreifen und genau das spezielle Handlungsergebnis herauspflücken könnten, das Sie sich wünschen?«
    »Die Zukunft wählen, die man will …«, sinnierte Cass. »Was die gegenwärtige Wirklichkeit abändern und logischerweise auch zwangsläufig die Vergangenheit umwandeln würde.«
    »Genau das ist es, was Arthur Flinders-Petrie, wie ich glaube, entdeckt hat«, erklärte Brendan.
    Nichts Weiteres wurde mehr gesagt. Cass blieb still und nachdenklich, während sie zur Zentrale der Gesellschaft zurückkehrten. Dort wurden sie von Rosemary Peelstick empfangen. »Sie beide können hier mit dem Rundgang weitermachen. Das Abendessen ist beinahe fertig. Ich werde Sie in ein paar Minuten rufen.«
    »Danke schön, Rosemary, Sie sind klasse«, erwiderte Brendan. Dann schritt er zum Treppenaufgang und sagte dabei zu Cass: »Kommen Sie mit, ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
    Cass folgte ihrem Führer zwei Stockwerke nach oben. Der Ire holte einen Schlüssel aus der Tasche, schloss eine schwere Tür auf und trat über die Schwelle. Er drehte an einem Schalter an der Mauer, und in Wandleuchtern flackerte das Licht an. Es enthüllte einen unglaublich riesigen Raum mit einer hohen Balkendecke und kleinen rautenförmigen Fenstern, der die gesamte zweite Etage des Gebäudes einnahm.

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