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Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
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sehr glücklich.«
    »Ich habe noch etwas für dich«, sagte er. »Entschuldige mich einen Augenblick.« Er wandte sich ab und knöpfte die oberen drei Hemdknöpfe auf, um ein zylindrisch geformtes Päckchen herauszuziehen, das nicht größer als die Innenfläche seiner Hand war. Es war in feinem Wildleder eingewickelt und mit einem Band aus demselben Material verschnürt. Charles knöpfte sein Hemd wieder zu, drehte sich wieder um und bot das Paket seiner bejahrten Verwandten an. »Dies ist auch sehr kostbar, jedoch aus einem anderen Grund.«
    Hana-Li nahm es entgegen und betrachtete neugierig das grüne Lederbündel.
    »Vielleicht öffnest du es«, wies er sie an. »Und ich werde es dir erklären.«
    Die alte Frau schloss vorsichtig die Schachtel, in der die Brosche lag, und legte sie neben ihrem Sessel unter den Tisch. Mit ihren runzligen Fingern hantierte sie kurz an der Lederschnur; und sie brauchte nur einen Augenblick, um das Päckchen auszuwickeln und ein halb durchscheinendes Pergament zu enthüllen, das straff zusammengerollt war. Behutsam entrollte sie es und breitete es auf ihrem Schoß aus. Ihre Augen glitten über die mit merkwürdigen Ornamenten bedeckte Oberfläche: eine ungeordnete Ansammlung von feinen blauen Wirbeln, Linien und winzigen Punkten. Sie hob das dünne, papierartige Stück und hielt es gegen das Licht, das durch das Fenster eindrang, um die reich gemusterte Konstruktion genauer zu betrachten.
    »Hast du irgendetwas wie das schon einmal gesehen?«, fragte Charles nach einem Moment.
    »Das sind Tattoos«, stellte sie fest. »Ich habe sie viele Male gesehen, wie du weißt, denn mein Vater war ein Tätowierer.«
    Charles nickte. »Und du weißt, dass er viele Tattoos für meinen Großvater Arthur angefertigt hat.«
    Die alte Frau hielt das Pergament auf ihren Handflächen. »Das stimmt. Er ist viele Male gekommen, um sich Tattoos machen zu lassen. Doch deinen Großvater habe ich nur ein einziges Mal getroffen – als er gekommen ist, um Xian-Li zur Frau zu nehmen. Danach haben wie die beiden nie wieder gesehen.«
    »Was du da hältst, ist ein Pergament, das aus Arthurs Haut erstellt wurde«, erklärte Charles und legte ehrfürchtig seine Hand auf die Karte.
    Der Mund der alten Frau formte voller Verwunderung ein perfektes »O«.
    »Es wurde gemacht, um die Markierungen zu konservieren, die du auf seiner Oberfläche siehst, und es ist schon seit vielen, vielen Jahren in unserer Familie.«
    Charles fuhr fort, indem er erzählte, wie sein Vater Benedict, der damals noch ein Jugendlicher gewesen war, versucht hatte, eine Kopie von der besonderen Karte zu beschaffen, als Arthur auf einer ihrer Reisen völlig unerwartet verstorben war. Das Pergament war von wohlmeinenden Priestern hergestellt worden, um die Karte zu erhalten. »Seitdem ist sie stets im Besitz der Familie gewesen«, hob Charles zum Schluss hervor. »Sie hat um ein Vielfaches ihren Wert unter Beweis gestellt.«
    Die alte Frau nickte; sie war sich nicht sicher, was sie von dieser Enthüllung halten sollte. »Und warum wünschst du, dass ich sie habe?«
    »Was du in deinen Händen hältst, ist nur ein kleiner Abschnitt einer größeren Karte. Ich habe sie in Stücke geteilt, und ich bringe dir dieses, damit du es sicher aufbewahrst.«
    »Warum ich?«
    »Weil du das einzige noch lebende Mitglied der Familie meiner Großmutter bist«, antwortete Charles. »Und weil keiner jemals auf den Gedanken kommen wird, hier nach dem Kartenstück zu suchen.« Er lächelte. »Niemand weiß von dir, Hana-Li – abgesehen von mir.«
    Sie rollte das Pergament wieder zusammen und wickelte anschließend den Lederschutz darum; dann streckte sie es Charles entgegen, um es ihm zurückzugeben. »Ich werde darüber nachdenken.«
    »Sehr gut«, erwiderte er, machte jedoch keinerlei Bewegungen mit der Hand, um die Karte von ihr zurückzunehmen. »Was auch immer du für das Beste halten wirst.«
    »Du wirst hier bei mir wohnen«, verkündete sie leichthin. »Ich unterrichte die Köchin, dass wir heute Abend deine glückliche Ankunft feiern. Wir werden zusammen essen, und du wirst mir Geschichten über das Leben meiner Schwester in England erzählen.«
    »Das würde mich freuen.«
    Die alte Frau erhob sich und ging durch das Zimmer. Von einem Tisch hob sie eine winzige Messingglocke und läutete damit. Tam-Ling erschien, und die beiden Frauen unterhielten sich kurz miteinander.
    »Sie wird dich zum Gästezimmer bringen, wo du dich von deiner Reise ausruhen

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